Orte der Meinungsfreiheit
Seit dem Sommersemester 2017 befassen sich Studierende am Fachbereich Geschichte der TU Darmstadt mit Erinnerungsorten der Freiheit, speziell der Meinungsfreiheit, in der Region. In einer Kooperation mit der KulturRegion erforschen sie nicht nur historische Hintergründe, sondern hinterfragen auch, wie sich die Orte heute im Stadtraum und in der Wahrnehmung der Bewohner darstellen. Die Ergebnisse in Form von Berichten, Dokumenten und Abbildungen werden hier und auf der interaktiven Karte sukzessive veröffentlicht.
Gedenktafel an die Bücherverbrennung 1933, Neu-Isenburg
Auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN beschloss die Stadtverordnetenversammlung 2013 einstimmig die Errichtung einer Gedenktafel. Diese soll an die Bücherverbrennung am 24.6.1933 auf dem Wilhelmsplatz durch die NSDAP erinnern. Angebracht wurde sie am „Alten Feuerwehrhaus“ unmittelbar neben dem Wilhelmsplatz.
Alter Ort, Neu-Isenburg
Das ursprüngliche Zentrum Neu-Isenburgs liegt am „Alten Ort“. An diesem Platz ließen sich im Jahr 1699 34 Familien aus Frankreich nieder. Es handelte sich um Hugenotten, Angehörige der Reformierten Konfession, die wegen ihres Glaubens aus der Heimat vertrieben worden waren. Die Ansiedlung ging auf den damaligen Landesherrn der Gegend zurück, Graf Johann Philipp von Ysenburg und Büdingen zu Offenbach. Er gewährte den Hugenotten freie Religionsausübung. Heute ist der Platz ein Erinnerungsort. Die Gründung Neu-Isenburgs wird durch Vereine und Veranstaltungen wachgehalten, etwa durch den Hugenotten- und Waldenserpfad e.V. oder den Verein für Geschichte, Heimatpflege und Kultur GHK. Ihr Ziel ist es, den Weg der Hugenotten auf der Suche nach einem Ort für die Ausübung ihrer Religion zu rekonstruieren.
Itzstein`sches Gutshaus und Grabstein Itzstein, Oestrich-Winkel
„Müde von den Jugendkämpfen ruhet hier ein mutig Herz.“ Diese Inschrift findet sich auf dem Grabstein von Johann Adam von Itzstein auf dem Friedhof von Hallgarten und erinnert an einen bedeutenden Kämpfer für Meinungsfreiheit und Bürgerrechte aus der Mitte des 19. Jahrhundert, der heute nahezu vergessen ist. Zu seinen Lebzeiten war Itzstein eine zentrale Figur der frühen demokratischen Bewegung − tief verwurzelt in der Rhein-Main-Region und hervorragend vernetzt unter den Demokraten seiner Zeit. In seinem Gutshaus in Hallgarten organisierte Itzstein den sogenannten Hallgartenkreis, in dem sich die führenden Demokraten berieten.
Sophie von La Roche, Offenbach am Main
Orte, die an die Schriftstellerin Sophie von La Roche in Offenbach erinnern: Das Haus der Stadtgeschichte, eine Replik des Familiengrabes an der Kirche St. Pankratius und die Gedenkstele am ehemaligen Wohnhaus in der heutigen Berliner Straße.
Rundeturmstraße, Darmstadt
In der Rundeturmstraße 12 in Darmstadt befindet sich ein alter Mauerrest mit einer unscheinbaren Erinnerungstafel. Die meisten Passanten gehen achtlos daran vorbei. Kaum jemand weiß heute, wie wichtig dieser Ort für die Geschichte des Freiheitskampfes war. Denn hier stand einst ein Gefängnis, in dem viele politische Gefangene einsaßen. Die Überreste eines ehemaligen Gefängnisses sind nicht lediglich ein Symbol der Unfreiheit und der Unterdrückung. Zugleich sind sie ein Zeichen für die Stärke und den Willen der Menschen, die auf Grund ihrer Meinung, ihrer Herkunft oder ihres sozialen Status hier inhaftiert worden waren.
Schöffer-Denkmal, Gernsheim
Am heutigen „Schöfferplatz 1“ erinnert seit 1836 das Schöffer-Denkmal an einen der großen Söhne der Stadt Gernsheim, den Miterfinder des Buchdrucks Peter Schöffer. Das Denkmal zählt zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Der Standort ist schon seit langem zentral für Gernsheim. Hier befand sich wahrscheinlich in den zwei nachchristlichen Jahrhunderten ein römisches Kohortenkastell, im Frühmittelalter ein karolingischer Königshof sowie eine im 15. Jahrhundert erbaute Wasserburg. Bis 1976/77 war an dieser Stelle insgesamt 153 Jahre die Peter-Schöffer-Schule ansässig. Seit 1978 finden sich hier das Heimatmuseum und die Stadtbücherei. Im Jahr 2003 eröffnete dann das rekonstruierte Peter-Schöffer-Haus seine Türen. Betreut wird es vom Kunst- und Kulturhistorischen Verein der Stadt Gernsheim.
Festungsgefängnis, Königstein im Taunus
Teile der Festung Königstein fungierten als Untersuchungsgefängnis für Sympathisanten der französischen Revolution. Zwischen 1793 und 1795 waren hier über 160 politische Gefangene unter miserablen Umständen inhaftiert. Für die wohl berühmteste Gefangene, Caroline Schlegel-Schelling, ist eine Gedenktafel an ihre Haft 1793 angebracht. Die Schriftstellerin und Muse verschiedener Dichter der Romantik wurde verdächtigt, eine Revolutionärin zu sein.
Neuer Börneplatz Frankfurt a. M.
Seit 1996 erinnert die Gedenkstätte „Neuer Börneplatz“ an die fast 12.000 Frankfurter Juden, die im Holocaust zu Tode kamen. Sie befindet sich am Ort der zerstörten Judengasse und ist das Ergebnis des sogenannten „Börneplatzkonflikts“ von 1987. Namensgeber des Platzes ist Ludwig Börne, der am 6. Mai 1786 in der Frankfurter Judengasse geboren wurde. Um für die Rechte und Freiheit der Juden zu kämpfen, ließ er sich 1818 protestantisch taufen. Er war einer der bedeutendsten deutschen Journalisten seiner Zeit und gilt als Gründungsvater des deutschsprachigen Feuilletons.

Staatspark Hanau-Wilhelmsbad und das Wilhelmsbader Fest 1832
Kaum etwas erinnert heute im idyllischen Staatspark Hanau-Wilhelmsbad an das Wilhelmsbader Fest. 10.000 Menschen fanden sich hier am 22. Juni 1832 ein. Mit ihren Forderungen nach nationaler Einheit sowie nach Presse- und Meinungsfreiheit knüpften sie bewusst an das „Hambacher Fest“ an, das wenige Wochen vorher zu Ende gegangen war. Der Festcharakter und die politischen Forderungen verbinden beide Ereignisse, die gemeinsam einen herausragenden Meilenstein in der Geschichte der Freiheits- und Einheitsbestrebungen in Deutschland bilden.
Grafenstraße Darmstadt – Georg Büchner
„Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ – der Schriftsteller Georg Büchner, Autor dieser berühmten Zeilen, erlebte in seinem Wohnhaus in der Darmstädter Grafenstraße 39 keinen Frieden – jedenfalls nicht im Jahr 1835. Tagtäglich plagten ihn Fluchtgedanken, denn er musste wegen seiner politischen Einstellung mit Verhaftung rechnen. Georg Büchner hatte zusammen mit Friedrich Ludwig Weidig im Jahre 1834 die berühmte Flugschrift „Der hessische Landbote“ veröffentlicht.
Johannesplatz Darmstadt, August-Metz-Denkmal
Mehr als sechzig Jahre erinnerte ein Denkmal an der Spitze des Johannesplatzes an eine Darmstädter Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts, den liberalen Politiker August Metz. Nach seinem überraschenden Tod am 23. Februar 1874 wurde ihm 1879 ein Denkmal auf dem damaligen Wilhelmsplatz errichtet.
Eugen Kogon in Darmstadt und Königstein i. Ts.
„Nichts als die Wahrheit kann uns frei machen“. So heißt es im Vorwort der ersten Auflage von Eugen Kogons Buch „Der SS-Staat“. Das Zitat ist Ausdruck seiner Aufklärungsarbeit über die Verbrechen der Nationalsozialisten. Diese war geprägt durch Kogons Lebensgeschichte. Er war nämlich selbst Widerstandskämpfer, Häftling und Privatsekretär des SS-Arztes Dr. Erwin Ding-Schuler im KZ Buchenwald gewesen.
Miltenberg 1523 – Reformationsversuch
Miltenberg im Jahr 1523: Wie überall in Mitteleuropa ist das Christentum die alles umfassende Weltanschauung. Es gibt den Menschen Halt und bestimmt den Rhythmus des Lebens. Gleichzeitig sehnen sich einige nach religiöser Wahrhaftigkeit und sozialer Gerechtigkeit. Dies ist der Grund, warum die Reformation Martin Luthers sich rasant in Deutschland verbreitet. In Miltenberg unternehmen die Menschen damals einen Versuch, sich der Landesherrlichkeit und den Kirchenoberen zu widersetzen. Sie wollen ihren Glauben frei wählen und sich der Lehre Luthers anschließen. Wortführer sind der damalige Amtskeller Friedrich Weygandt und der von ihm berufene Pfarrer Johannes Drach, sein Vetter.
Neustädter Markt Hanau
So fröhlich heute das Treiben auf dem Hanauer Marktplatz erscheint, so bewegend ist seine Geschichte. Der Markt war in den revolutionären Unruhen von 1848 ein wichtiger Schauplatz:
Hier versammelten sich Hanauer Bürger während der Revolution von 1848, stellten Forderungen nach politischer Freiheit auf, gründeten eine „Volkskommission“ und verabschiedeten das Hanauer Ultimatum vom 9. März 1848, mit dem sie den Landesherrn in Kassel zum Nachgeben zwangen.
Gedenkort Güterbahnhof, Darmstadt
Zum Gedenken an die getöteten Juden sowie Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus steht in Darmstadt ein Denkmal am alten Güterbahnhof. Hier begann für viele Einwohner der Stadt die Reise in den Tod.
Feldbergfeste, Taunus
An die historische Bedeutung des Großen Feldberg-Gipfels erinnern zwei Gedenktafeln vor Ort: Die neuere Tafel aus dem Jahr 1969 erinnert an das erste Feldbergfest vom 23. Juni 1844. Eine zweite Tafel ist August Ravenstein gewidmet, dem Begründer dieser Feste und engagierten Förderer des Turnwesens. Ravenstein war auch Initiator des alten Feldberghauses, das 1937 dem Funkturm weichen musste.
Ludwigsmonument Luisenplatz, Darmstadt
Am Luisenplatz mit seinem Ludwigsmonument kommt man bei einem Besuch der Darmstädter Innenstadt unweigerlich vorbei. Die wenigsten Passanten schauen sich den „Langen Ludwig“ genauer an, und so bemerken sie auch nicht die Verfassungsurkunde in der rechten Hand des Herrschers auf der Säule.
Gedenktafel Bücherverbrennung Mercksplatz, Darmstadt
Am 18. Juni 2003 wurde eine Gedenktafel auf dem Darmstädter Mercksplatz eingeweiht. Sie erinnert an die nationalsozialistische Bücherverbrennung rund 70 Jahre zuvor am gleichen Ort. Den Anstoß dafür gab ein Leistungskurs Geschichte an der Viktoriaschule. Die Schüler hatten sich im Unterricht intensiv mit der Bücherverbrennung beschäftigt und anschließend aktiv für ein Denkmal eingesetzt. Die Gedenktafel ist zwischen Parkplatz und Eingang des Jugendstilbads in den Boden eingelassen, sodass jeder Besucher des Bades an ihr vorbeikommt.
Prinz Emil-Veteranen-Denkmal, Herrngarten Darmstadt
Der Besucher des Darmstädter Herrngartens stößt im nördlichen Teil auf ein eigentümliches Monument. Bei näherer Betrachtung entpuppt es sich als Kriegerdenkmal. Es wird von einem germanischen Krieger beherrscht, ausgerüstet mit Schild, Schwert und Hörnerhelm.

Erinnerungsort Liberale Synagoge, Darmstadt
Die Liberale Synagoge Darmstadt wurde am 9. November 1938 im Zuge der Reichspogromnacht zerstört und geriet bald in Vergessenheit. Erst 2003 wurden ihre Grundmauern bei Bauarbeiten des Klinikums Darmstadt wiederentdeckt. Diese wurde im November 2009 zum Mahnmal der versuchten Auslöschung des Judentums in Darmstadt.
Die ehemalige Synagoge erinnert heute an die Entrechtung der jüdischen Mitbürger in Darmstadt und ganz Deutschland.
Hauff-Straße, Frankfurt
Einer der wichtigsten Akteure der Revolte von 1968 war der Sozialistische Deutsche Studentenbund (SDS). Dort, wo der SDS in Frankfurt sein Hauptquartier hatte, erinnert heute nichts mehr an diese Zeit. Das Haus in der Wilhelm-Hauff-Straße 5 ist völlig unscheinbar. Im Souterrain befindet sich ein indisches Restaurant und in den oberen Stockwerken haben Arztpraxen, Büros und ein Institut eröffnet.