Nicht ganz uneigennützig bezeichnete der Gartentheoretiker Christian Cay Lorenz Hirschfeld (1742−1792) Wilhelmsbad als die „Krone deutscher Bäder“, denn er selbst bemühte sich dort um eine Anstellung als Gartendirektor. Nach der Entdeckung zweier Quellen im 18. Jahrhundert auf dem Gelände des heutigen Wilhelmsbades sah Erbprinz Wilhelm IX. von Hessen-Kassel (1743−1821) seine Chance, einen florierenden Kurbetrieb einzurichten. Er beauftragte 1777 den Baumeister Franz Ludwig Cancrin (1738−1816) mit dem Bau der Anlage. Entlang einer großzügigen Promenade errichtete Cancrin im spätbarocken Stil jene Gebäude, welche die Einrichtungen für den Kurbetrieb aufnahmen sowie das Theater. Mit der Promenade teilte er den Park in einen südlichen und einen nördlichen Bereich, den er im Stil eines frühen Englischen Landschaftsgartens gestaltete.
Im Park wurden zahlreiche Vergnügungsangebote für die Badegäste geschaffen, zum Beispiel eine Schießbahn und einen Spielplatz mit Schaukeln und Kegelspielen. Das noch erhaltene hölzerne Karussell ist ein besonderes Kleinod, das sich seit 2016 an mehreren Sonntagen im Jahr wieder dreht. Das ruinöse Äußere der pseudomittelalterlichen Burg auf einer der beiden Inseln im See täuscht beinahe über ihr Inneres hinweg: Hier befand sich das persönliche Refugium des Erbprinzen, das noch heute mit seiner prächtigen Ausstattung bewundert werden kann. Auf einer weiteren Insel liegt die Grabpyramide, die Wilhelm zum Gedenken an seinen früh verstorbenen Sohn Prinz Friedrich errichten ließ.
Kurz nach dem Start des Kurbetriebs stellte sich heraus, dass die angeblich gesundheitsfördernde Wirkung des Wassers nicht gegeben war. Das Verbot des Glücksspiels und der Regierungsantritt Wilhelms in Kassel besiegelten schließlich den Niedergang des Kurbetriebs. Als Naherholungsgebiet erfreute sich der Park seit dem Bau der Eisenbahnstation 1848 jedoch weiterhin großer Beliebtheit bei der Frankfurter Bürgerschaft. Das Wilhelmsbad hat sich seither nahezu unverändert in seiner Gesamtheit erhalten.
Täglich geöffnet
Eintritt frei
Barrierefreier Zugang für Menschen mit Rollstuhl
Gastronomisches Angebot
Größe: 28 ha
Kaum etwas erinnert heute im idyllischen Staatspark Hanau-Wilhelmsbad an das Wilhelmsbader Fest. 10.000 Menschen fanden sich hier am 22. Juni 1832 ein. Mit ihren Forderungen nach nationaler Einheit, sowie nach Presse- und Meinungsfreiheit, knüpften sie bewusst an das „Hambacher Fest“ an, das wenige Wochen vorher zu Ende gegangen war. Der Festcharakter und die politischen Forderungen verbinden beide Ereignisse, die gemeinsam einen herausragenden Meilenstein in der Geschichte der Freiheits- und Einheitsbestrebungen in Deutschland bilden.
Die Organisationsform als Fest geht auf die politischen Rahmenbedingungen der Zeit zurück. In Nassau und Frankfurt waren politische Versammlungen nämlich verboten. Die liberalen Bewegungen sollten im Keim zu erstickt werden. Die Organisatoren um den Darmstädter Liberalen Theodor Reh vermieden es so, der Versammlung einen allzu offensichtlichen Demonstrationscharakter zu geben. Unter den Organisatoren befand sich auch der revolutionäre Student und Hauptredner der Veranstaltung Karl Heinrich Brüggemann. Er wurde einen Monat später an Preußen ausgeliefert und zum Tode verurteilt. Erst 1840 wurde er begnadigt. Dennoch gelang es gleichzeitig, für die Ziele von Freiheit und Einheit und gegen die staatliche Unterdrückung von Meinungsfreiheit ein starkes Zeichen zu setzen. Zu dem Fest gehörte unter anderem, wie die Zeitschrift „Der Wächter am Rhein“ berichtete, ein Festzug von Hanau nach Wilhelmsbad. Es wurden zahlreiche Reden gehalten. Händler brachten Schriften und Allegorien wie „Der Sieg des Bürgerthums“ unter die Menge.
Der Schauplatz dieser politischen Demonstration war der heutige Staatspark Hanau-Wilhelmsbad. Die Parkanlage geht auf den schrittweisen Ausbau der Hanauer Residenz zurück. Ab 1777 richtete Erbprinz Wilhelm von Hessen-Kassel hier ein Kurbad ein. Nach seinem Erbauer wurde der Ort auf den Namen „Wilhelmsbad“ getauft. Am Rande des Parks befinden sich die bis heute erhaltenen Gebäude: der Kavalierbau, der Arkadenbau und das Comoedienhaus. Sie wurden 1781 vollendet. Gemeinsam bilden die Bauten eine lange Fassade zum Park. Von hier aus wurden während des Wilhelmsbader Fests die Reden zu den versammelten Teilnehmern gehalten.
Heute befinden sich hier Festsäle und das Hessische Puppenmuseum. Der historische Landschaftspark bietet neben Wiesen und Teichen weitere Sehenswürdigkeiten. 1781 wurde eine als Ruine inszenierte Burg errichtet, die dem Erbprinzen als Wohnraum diente. Dank einer kleinen Brücke ist er über den Wassergraben zu erreichen. Zum Ensemble gehört ebenfalls ein historisches Karussell aus dem 18. Jahrhundert, das immer noch funktionstüchtig ist. Bis heute werden alle Gebäude für vielfältige Kulturveranstaltungen und Feste genutzt.
Das Wilhelmsbader Fest spielt in der vor Ort in Wilhelmsbad sichtbaren Erinnerungskultur keine Rolle; eine Gedenktafel oder ein Hinweis auf dieses wichtige Ereignis der Freiheitsgeschichte im Park fehlt. Generell findet es gegenüber dem Hambacher Fest nur sehr geringe Aufmerksamkeit. 2007 fand jedoch eine achtteilige Vortragsreihe zum 175. Jubiläum des Wilhelmsbader Festes statt. Als Veranstalter schlossen sich Hanauer Kultur- und Geschichtsvereine sowie eine Interessengemeinschaft, das Kulturamt und die örtliche Volkshochschule zusammen. Die Referenten stellten die Themen Revolution, Freiheit und Restauration in Deutschland in den Mittelpunkt und die überregionale Bedeutung des Festes heraus.
Weiterführende Informationen Theodor Reh
Der Wächter am Rhein 1832 Bericht
Erklärung zum Stich Sieg des Bürgerthums
Texte und Abbildungen: Björn Guderjahn
Parkpromenade 7
63454 Hanau
Haltestelle: Hanau Bismarckturm
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