Lokaler Routenführer Hanau
Hanau Nord, Hanau Süd
Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Industriegeschichte in Hanau - Nord
Aus der Burganlage der Herren von Dorfelden-Hagenowe entstand im Mittelalter die Altstadt Hanau mit dem späteren Sitz der Grafschaft Hanau-Münzenberg und Hanau-Lichtenberg. 1597 gründeten Wallonen und Niederländerdaneben die Hanauer Neustadt und bauten zahlreiche Manufakturen auf. Begünstigt durch die Lage an Main und Kinzig sowie an den Landstraßen von Frankfurt nach Leipzig und Nürnberg und durch den frühen Bau einer Eisenbahnlinie 1848 wuchs Hanau rasch zu einer lebhaften Industriestadt. Neben der Textilindustrie, der Tabak-und Holzindustrie entwickelte sich vor allem das Edelmetallgewerbe, durch das Hanau mit dem Beinamen „Stadt des edlen Schmucks“ verbunden wurde. Die notwendige Infrastruktur wurde ab etwa 1890 mit einer zentralen Wasser- und Elektrizitätsversorgung geschaffen. Mit dem Ausbau des Hanauer Mainhafens 1924 entstanden neue Siedlungsanlagen. Der verheerende Bombenangriff vom19. März 1945 zerstörte sowohl die Innenstadt als auch weite Teile der Industrieanlagen. Beim Wiederaufbaukonnte punktuell die frühere Bausubstanz erhalten oderrekonstruiert werden. Heute sind in Hanau eine Vielzahl von mittelständischen Unternehmen sowie einige Groß-betriebe ansässig, die sich insbesondere mit der Herstellung und Verarbeitung von Spezialmaterialien für die Elektronik-, Medizin- und Automobilindustrie beschäftigen. Die Industriedenkmäler in Hanau werden in zwei getrennten Routen vorgestellt. Das Faltblatt Hanau I / Nordroute führt Sie vom Hauptbahnhof über den Mainhafen nach Kesselstadt und Wilhelmsbad. Die zweite Route zu den umliegenden Stadtteilen finden Sie im Faltblatt Hanau II /Südroute: Industriekultur zwischen Steinheim, Großauheim und Wolfgang.

Hafentorbau
Der monumentale Wohnungsbau mit Säulentor bildete 1928 den Eingang zum neuen Hanauer Mainhafen. Die beiden flankierenden Betonplastiken von August Bischoff symbolisieren die Arbeit des Kopfes und der Hand. Südlich des Torbaus entstanden zwischen 1924 und 1955 die Gebäudeanlagen an der Hafenstraße, darunter das Hafenamt mit zentralem Uhrenturm und einer Gedenktafel für den Oberbürgermeister Kurt Blaum. Die Hafenstraße bildete eine direkte Verbindungsachse von der Hanauer Innenstadt in das Hafengebiet, die durch die Schließung in den Achtziger Jahren aufgegeben wurde.

Mainhafen
Mit dem zunehmenden Verkehr der großen Rheinschiffe auf dem Main entstanden 1891 erste Planungen zu einem Mainhafen Hanau. Die Genehmigung von 1912 konnte aufgrund des Ersten Weltkriegs nicht realisiert werden. Der umfangreiche Ausbau der 1924 fertiggestellten Hanauer Hafenanlage mit einem Gleisanschluss zum Hauptbahnhof gab zugleich vielen Arbeitssuchenden eine Beschäftigung. Heute ist der Hanauer Mainhafen – gemessen an der Warenmenge – der zweitgrößte deutsche Hafen am Schifffahrtsweg Main/Donau. Besonderes Kennzeichen des Hafens sind die Portalkrane entlang des Ufers, die den Umschlag von Wasser auf Schiene und Straße bewerkstelligen.

Maschinenhalle Bracker
Der Ziegelbau mit seiner strengen Fassadengliederung in langen vertikalen Fensterbahnen und zeittypisch gedrungenem Staffelgiebel wurde um 1925 für die Hanauer Maschinenfabrik „Bracker“ errichtet. Die Fabrik, die vorwiegend hydraulische Anlagen und Aufzüge fertigte, ging aus der seit 1815 bestehenden Schmiede und Schlosserei von Georg David Bracker hervor. Das frühere Fabrikationsgebäude mit Anbau musste im rückseitigen Teil aufgrund moderner Hallenerweiterungen einige bauliche Veränderungen hinnehmen.

Betriebshafen mit historischem Kran
Der Betriebshafen weist auf den 1617 fertiggestellten ehemaligen Stichkanal mit einem langgestreckten Hafenbecken vom Main bis zur Hanauer Neustadt hin. Erhalten ist ein gusseiserner Verladekran aus dem Jahr 1869 (am Mainufer) sowie das einstige Salzhaus am ehemaligen Kanalverlauf (Mainkanal 4). Hinter dem Kran, dessen offenliegende Mechanik auch heute noch durch Kurbeln betätigt werden kann, verläuft der einstige Treidelpfad, auf dem in vorindustrieller Zeit von Leinreitern Schiffe gezogen wurden. Von 1600 bis 1848 verkehrte hier regelmäßig ein Marktschiff mit Personen- und Warenverkehr zwischen Hanau und Frankfurt. Beim Wiederaufbau nach 1945 wurde der Mainkanal mit Trümmerschutt der zerstörten Innenstadt zugeschüttet.

Wasserturm und Kanalpumpstation
Errichtet wurde der älteste Wasserturm Hanaus 1878 (Jahreszahl im Ziegelmauerwerk) mit dem Umbau des Schlossparks, um allein Schloss Philippsruhe mit seinen Fontainen und zahlreichen Brunnen mit Wasser zu versorgen. Eine Kolbenpumpe beförderte das Wasser in zwei übereinanderliegende Stahlbehälter von jeweils drei Metern Höhe. Aufgrund der Befürchtung, die Wasserrohre von Schloss Philippsruhe könnten dem höheren Druck der städtischen Wasserwerke nicht standhalten, wurde der Turm noch bis 1945 genutzt.
Mit seiner Höhe von 42 Metern ist er als Landmarke an der Philippsruher Allee weithin sichtbar, vor allem für den Schiffsverkehr auf dem Main. Das hallenartige Gebäude der Hanauer Pumpstation mit Satteldach aus dem Jahr 1910 liegt hinter dem Wasserturm auf einer kleinen Anhöhe umringt von Sport- und Freizeitanlagen. Die Pumpen im Maschinenraum, die das Abwasser nach der Bearbeitung mit dem Rechenbauwerk in den Main leiteten, wurden erst kürzlich entfernt.

Schleuse und Wasserkraftwerk
Mit dem Ausbau der Elektrizitätsversorgung nach dem Ersten Weltkrieg entstand eine Staustufe und ein im Main liegendes Wasserkraftwerk, das aufgrund seiner Architektur später "Kirche im Main genannt wurde. Ab 1965 sollte die Anzahl der Schleusenanlagen zwischen Aschaffenburg und Frankfurt verringert werden. 1980 konnte eine neue Schiffsschleusenanlage mit einer Kammerlänge von 300 Metern, einer Breite von 12 Metern und einer Fallhöhe von fast vier Metern in Betrieb genommen und 1988 mit einer Wehr- und Bootsschleuse ergänzt werden. Das alte Wasserkraftwerk wurde 1989 abgerissen und durch eine moderne Anlage ersetzt.


Wasserturm, Pumpwerk und Klärwerk
Der 1889 überwiegend aus gelbem Klinker gebaute Rundturm enthält einen Wasserbehälter von über 500 Kubikmetern Inhalt. Der Turm war Teil des ersten Wasserwerks im Westen der Stadt und wurde so ausgelegt, dass der Wasserdruck im Stadtgebiet für eine Säule von 35 Metern Höhe ausreichte. Seit 1910 befindet sich auf dem Gelände ein Klärwerk das zunächst aus dem erhaltenen "Alten Pumpwerk" und fünf großen Absetzbecken bestand. Der Klärschlamm wurde auf den umliegenden Riesenfeldern verteilt. Ab 1958 wurde das Abwasserverfahren mit mehreren Umbauten zunehmend verfeinert. Heute ist die 2005 umfangreich erweiterte Hanauer Anlage mit einer biologischen Wasseraufbereitung und mit nachgeschalteter Denitrifikation eine der modernsten Gruppenkläranlagen ihrer Art. Im "Alten Pumpwerk" wurde 2005 die Geschichte der Abwasserentsorgung in Form einer Dauerausstellung eingerichtet.

Umspannwerk
Vom Umspannwerk an der Kesselstädter Straße wird seit 1928 Elektrizität in das Hanauer Stromnetz eingespeist. Mit dem Anschluss an einen überregionalen Stromerzeuger wurde die Energieversorgung anstelle des ursprünglichen Betriebs eines städtischen Elektrizitätswerks von vernetzten Großkraftwerken übernommen. Auf der nördlichen Seite der Kesselstädter Straße befinden sich Wohn- und Verwaltungsgebäude des Umspannwerks, deren Außenwände mit roten Sandsteinquadern verkleidet sind.

Wasserwerk
Der Anstieg des Wasserverbrauchs führte 1911 zum Bau eines weiteren Wasserwerks an der heutigen Burgallee. Das Ensemble besteht aus einem langgestreckten Hauptgebäude, zwei Wohnhäusern sowie zwei „Wachhäuschen“, die sich um einen Hof gruppieren. Für ein ausreichendes Wasserreservoir sorgten zwei Tiefbehälter aus Stahlbeton von je 2000 Kubikmeter Fassungsvermögen. Dazu kamen 13 schmiedeeiserne Behälter der Filterbrunnen von sechs Meter Tiefe und eine Anlage mit mehreren Sauggasmotoren und Transmissionen, die den hohen Eisengehalt des Wassers reduzierte. Heute kann mit der original erhaltenen Anlage und einer Dokumentation im Inneren des Wasserwerks beispielhaft die Geschichte der Wassergewinnung und -aufbereitung verfolgt werden.

Bahnhof Wilhelmsbad
Der symmetrisch gegliederte Fürstenbahnhof, erbaut für Prinz Friedrich Wilhelm I als Empfangsgebäude für Gäste der Wilhelmsbader Kuranlage ist heute ein Dokument aus der Pionierzeit der Eisenbahn. Das Gebäude entstand nach Plänen des Kasseler Hofbaudirektors Julius Eugen Ruhl im Rundbogenstil der Romantik und sollte ursprünglich mit Zinnen und Gusseisenstützen versehen werden. Zeitgleich mit der Fertigstellung des Bahnhofs Wilhelmsbad 1848 nahm die erste Bahnlinie zwischen Hanau-West und Frankfurt-Ost mit sieben Fahrten in jede Richtung ihren Betrieb auf.

Wohnsiedlung Beethovenplatz
Die kreisplatzförmig angelegten mehrgeschossigen Wohnbauten mit umgreifenden Balkonen und Fenstern in Eckstellung wurden 1930 nach Entwürfen des Hanauer Architekturbüros Deines & Clormann als Verbindung von Wohnraum, Verkehrsachse und Erholungsraum erbaut. Das „Tor nach Westen“ bildete die Wendeschleife der bis 1945 in Hanau existierenden Straßenbahn und zugleich ein städtebauliches Pendant zum Kreisel an der Ehrensäule im Osten der Stadt.
Die ursprüngliche Gartengestaltung mit zentralem Rasenrund und umlaufender Hecke sowie der in Alleen gesetzte Baumbestand entlang der strahlenförmig abzweigenden Straßen ist erhalten. Ein historischer Brunnen mit Tierplastik wurde 1970 hinzugefügt. Der Platzkonzeption angeschlossen sind vier umliegende Wohnbauten in der Kastanienallee und der Gustav-Hoch-Straße. Die Anlage wurde 2002 in originaler Farbgebung restauriert.

Arbeitersiedlung Josefstraße
Die vollständig erhaltene Siedlung entstand 1899 nach Entwürfen des Hanauer Architekten Josef Bernges. Sie befand sich zum Zeitpunkt ihrer Entstehung am äußersten Rand der Stadt und wurde als Wohnsiedlung für katholische Arbeiterfamilien konzipiert. Die zwei- und dreigeschossigen Ziegelbauten in einer rhythmisierten Reihengestaltung beinhalten überwiegend 3-Zimmer-Wohnungen, die nach strengen Vorgaben über zwei größere und ein kleineres Zimmer sowie einer Küche mit Speisekammer verfügen. An der Ecke des Wohnhauses Elsa-Brandström-Straße 43 findet sich die Figur des Hl. Josef als Schutzpatron der Arbeiter.

Deutsche Klebstoffwerke Dekalin
Das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude der „Dekalin Klebstoffwerke Rödiger & Sohn“, erbaut 1956 nach Entwurf von Jupp Lücke, zählt sowohl materialtechnisch als auch konzeptionell zu den anschaulichsten Belegen des modernen Wiederaufbaus in Hanau. Mit seiner sichtbaren Stahlskelettbauweise, der offenen Fassadengestaltung, filigranen Fensterrahmungen, Glasbausteinen und dem halbrunden Anbau der Pförtnerloge reflektiert er beispielhaft die Bauströmungen der Fünfziger Jahre.
Gegründet wurde das Werk 1907 auf dem über 50.000 Quadratmeter großen Grundstück von Georg Heinrich Rödiger und erlebte in der zweiten Generation einen großen Aufschwung auf dem Klebstoffsektor. Nach einer starken Explosion auf dem Gelände stellte das Unternehmen in den Achtziger Jahren die Produktion ein. Nachdem das Areal lange Zeit verwilderte, soll in den kommenden Jahren eine Wohnanlage mit 250 Wohneinheiten und „Mehrgenerationenhäusern“ entstehen.

Bijouteriefabrik und Villa Kreuter
Das 1905 errichtete ehemalige Fabrikgebäude der Bijouteriefabrik Fr. Kreuter & Co. befindet sich etwas abgerückt von der Corniceliusstraße auf dem hinteren Teil des Geländes. Die 1842 von den Brüdern Karl und Friedrich Kreuter gegründete Firma zählte zwischen 1898 und 1918 zu den führenden Herstellern von Kronjuwelen in Deutschland. Zum Ensemble gehört weiterhin die 1928 baulich veränderte Unternehmervilla (Haus Nr. 10) sowie ein Wohnhaus für Angestellte der Firma (Haus Nr. 6).

Maschinenfabrik Weinig
Als Montagehalle und Werkstattgebäude wurde um 1894 der symmetrische Ziegelbau mit dreigeschossigem Hauptbau und flacheren Seitenflügeln mit hohen Hallenfenstern in gelbem und rotem Backstein errichtet. Die Maschinenfabrik Weinig bestand von 1867 bis 1910 und produzierte vorwiegend Brauereiausstattungen. Nach dem Ersten Weltkrieg fertigten die Gebrüder Weckmann von 1920 bis 1942 Zigarren und Zigaretten. Von 1942 bis 1955 war das Gebäude an die Degussa vermietet. Nördlich des Fabrikgebäudes befindet sich die Fabrikantenvilla Weinig mit Teilen des ehemaligen Parkgeländes. Auf der gegenüberliegenden Seite der Maschinenfabrik ist der 25 Meter hohe quadratische Schornstein sowie eine Gebäudemauer der früheren Teppichfabrik Leisler erhalten.

Mühlenensemble Herrenmühle
Hinter der Maschinenfabrik Weinig an der Nordseite des Hofgeländes liegt die 1730 mit behauenen Steinquadern errichtete Herrenmühle, die auf eine bereits 1402 als Burgmühle bekannte Mehlmühle zurückgeht. Der nördliche Abschnitt der Erdgeschossfassade mit einem der drei Korbbogentore sowie die rückseitige Hauswand zum Mühlenbecken sind erhalten. Mit den Turbinenrädern, die bis heute in der Anlage vorhanden sind, wurde bis 1942 Strom erzeugt. Westlich des Mühlenbeckens auf dem Grundstück Sandeldamm 30 befindet sich eine Öl-, Holz- und Gewürzmühle (Sandelmühle) mit Grundmauern aus dem 16. Jahrhundert. Das eiserne Wasserrad mit hölzernen Schaufeln ist vom Innenhof der Maschinenfabrik aus gut zu erkennen. Auf dem Gelände stehen zudem zwei Kollergänge (Mühlsteine) aus dem 19. Jahrhundert.

Arbeitersiedlung der Firma W.C. Heraeus
Die von Emil Deines 1908 konzipierte Arbeitersiedlung ist innerhalb Hanaus das einzige bauliche Zeugnis einer von der Gartenstadtidee getragenen Konzeption. Das um einen heute begrünten Innenhof gruppierte Ensemble besteht aus zwei L-förmigen Trakten mit einer Durchgangsarkade. Der Großteil der Zugangstüren und Sprossenfenster mit hölzernen Schlagläden ist erhalten. Die kleinen und wenigen größeren Wohnungen haben eine grundsätzlich gleiche Unterteilung. Dazu gehört eine gartenseitige Wohnküche mit Kammer, ein großes Zimmer im Dachgeschoss, ein Kellerraum mit Waschkessel, ein Zugang zu einem laubenartigen Freisitz zur Hofseite sowie ein kleiner Garten zur Selbstversorgung.

W.C. Heraeus-Werke - Turmhaus und Platinschmelze
Die Firma W.C. Heraeus bezog ab 1896 die vor den Toren der Stadt gelegenen neuen Fabrikbauten an der Heraeusstraße, nachdem die Familie seit 1660 die gräfliche Hofapotheke „Zum weißen Einhorn“ am Marktplatz, Ecke Nürnberger Straße, geführt hatte. Wilhelm Carl Heraeus betrieb durch bahnbrechende Erfindungen, wie 1856 die erstmalige Platinschmelze in großen Mengen, die Umwandlung der Apotheke in ein Industrieunternehmen. Um 1900 machte der wachsende Markt für Edelmetalle eine Ausweitung der Produktionsanlagen erforderlich. Der von Verblendmauerwerk aus gelblichen und roten Klinkern geprägte Turmbau an der Kreuzung zum Grünen Weg entstand 1904 mit Labors und Werkstätten für die Goldproduktion und die keramische Abteilung.
1977 wurde das Gebäudeensemble restauriert, um ein Geschoss erhöht und eine bis heute die Straßenansicht prägende Turmhaube aufgesetzt. Die ehemalige Platinschmelze befand sich in einer 1908 erbauten überwölbten Halle mit Schaugiebel, die dreiseitig von Büro- und Labortrakten umgeben war und heute als Konferenz- und Besucherzentrum (Richard- Küch-Forum) dient.

Siedlungsensemble Freigerichtstraße
Die Arbeitersiedlung Freigerichtstraße geht auf die Gründung der Dunlop-Reifenwerke zurück. Das Ensemble zeigt beispielhaft Wohnarchitektur für Arbeiterfamilien aus sechs Jahrzehnten.
Die ältesten Wohngebäude, errichtet um 1900, liegen in der Freigerichtstraße 78-82, gefolgt von Siedlungsbauten um 1910 in der Freigerichtstraße 58-76 (Architekten: Deines & Clormann), Buchbergstraße 7-11 sowie den Einfamilien-Reihenhäusern Buchbergstraße 14-32. Die beiden Blöcke westlich und östlich der Milseburgstraße im Stil der Neuen Sachlichkeit stammen aus den Jahren 1929/30, die Gebäude Ronneburgstraße 1-11 sind Beispiele des nationalsozialistischen Volkswohnungsbaus, und die Zeile Dunlopstraße 1-13 schließlich ist charakteristisch für den Wiederaufbau der Fünfziger Jahre. Die Gärten der Buchbergstrasse beherbergen Nebengebäude zur Kleintierhaltung. 2005 wurden Teile der Gesamtanlage saniert und mit originaler Farbgebung versehen.

Dunlop-Reifenwerke - Wasser-Hochbehälter mit Schlot
Vier Jahre nach der Erfindung des Luftreifens durch den irischen Tierarzt John Boyd Dunlop baute 1893 die „Dunlop Pneumatic and Tyre Company“ mit 28 Arbeiterinnen ihre erste Auslandsniederlassung im Norden Hanaus auf. Nach einem Großbrand wechselte der schnell wachsende Betrieb zur Produktion von Fahrradschläuchen 1903 auf das heutige Werksgelände im Osten der Stadt. Mit der Massenproduktion des Automobils in den Zwanziger Jahren erlebte die Firma einen enormen Aufschwung und nahm weitere Artikel auf Kautschukbasis in ihr Programm auf. Bereits in den Fünfziger Jahren beschäftigte der führende Reifenhersteller um 4000 Mitarbeiter. Das etwa 30 Hektar große Areal mit der Fabrikanlage wurde bei der Bombardierung Hanaus 1945 fast vollständig zerstört. Als einziges Gebäude erhalten ist der 1913 erbaute markante Wasserhochbehälter mit Firmenschriftzug und Emblem. Er bildet zusammen mit einem etwa 70 Meter hohen Schlot einen weithin sichtbaren Orientierungspunkt.
Industriegeschichte in Hanau - Süd
Der ehemals selbständige Südosten Hanaus mit Steinheim, Großauheim und Klein-Auheim war jahrhundertelang geprägt von Landwirtschaft und Fischerei. Mit der dampfbetriebenen Mainschifffahrt ab 1842, dem Bau der Eisenbahnlinien nach Aschaffenburg 1854, nach Bebra1873 und nach Babenhausen 1882 entwickelte sich ein regionaler Verkehrsknoten. Südlich des Mains in Stein-heim und Klein-Auheim entstanden Fabriken der Zigarrenherstellung, der Holz- und Gummiverarbeitung sowie das Druckgewerbe als Zulieferer für Banderolen und Etiketten. Auf der nördlichen Mainseite wuchs Großauheim mit metallverarbeitenden Betrieben zu einem vielfältigen Industriestandort. Hinzu kamen im Zwanzigsten Jahrhundert bedeutende Elektroindustrien und das Kraft-werk Staudinger bei Großkrotzenburg. Im Osten Hanaus, im Waldgebiet des ehemaligen Klosters St. Wolfgang, errichtete ab 1875 das preußische Militär eine Anlage zur industriellen Herstellung von Schießpulver, auf deren Gelände sich nun der Industriepark Wolfgang befindet. Nördlich des Areals sollte in den 1980er Jahren das Herzstück der deutschen Atomindustrie, ein Mox-Brennelementewerk entstehen, dessen Inbetriebnahme 1995aufgegeben wurde. Heute ist Hanau und sein Umland ein nachhaltig von der Industriekultur geprägter Standort mitweitreichender Tradition innerhalb des „Materials Valley“ Rhein-Main. Zwei Hanauer Routenführer beschreiben insgesamt 38 Stationen. Die Nordroute Hanau I führt Sie vom Hauptbahnhof über den Mainhafen nach Kesselstadt und Wilhelmsbad. Die Südroute Hanau II leitet ebenso ausgehend vom Hauptbahnhof auf die südliche Mainseite nach Steinheim und Klein-Auheim sowie auf die nördliche Seite nach Großauheim und Wolfgang.

Eisenbahnbrücke Steinheim
Mit Fertigstellung einer Doppelbrücke über den Main bei Steinheim wurde Hanau 1873 auf der Strecke Bebra–Frankfurt mit Offenbach verbunden. Neben der Bahnbrücke wurde mit einer zweiten Brücke für Fuhrwerke und Fußgänger die erste feste Verbindung zur anderen Mainseite seit der Römerzeit geschaffen. Die 1927 erneuerte Doppelbrücke zählt zu den ersten genieteten Stahlbrücken auf Sandsteinpfeilern im Rhein-Main Gebiet. Um den Einmarsch der US-Truppen zu erschweren, wurde sie im März 1945 von der Wehrmacht gesprengt. Beim Wiederaufbau 1947 verbreiterte man die Fahrbahn durch seitliche Ausleger für den Fußgängerverkehr. Westlich wurde die Bahnbrücke mit einer Brücke für den S-Bahn-Verkehr ergänzt.

Druckerei Horst
Die 1874 von dem Lithografen Andreas Herzing in der Alicestraße gegründete „Chromolithografische Kunstanstalt“ zählte mit der Fertigung von Banderolen und Etiketten zu den Zulieferern der Zigarrenfabrikation. 1904 wurde der Neubau an der Offenbacher Landstraße bezogen. 1936 wurde das Familienunternehmen in „Horst KG“ umbenannt und die Produktion verlagerte sich auf Wein- und Spirituosen- Etiketten. Nach Erweiterung des Geländes stellte die „Horst Printowell“ in den 1970er Jahren Verpackungen und Displays aus hochveredelter Wellpappe her. Nach dem Umzug der Firma Horst, die heute im Norden Hanaus unter dem Namen „Famulus Verpackungen Horst“ firmiert, wurden die Fabrikgebäude von dem schwedischen Verpackungshersteller „Svenska Cellulosa Aktiebolaget“ (SCA) übernommen.

Wasserturm Steinheim
Baujahr: 1938
Architekt: Erich Mindner
Erst 1936 erhielt Steinheim ein Leitungsnetz für die Wasserversorgung. Der Wasserturm aus Steinheimer Bruchsteinbasalt wurde nach Plänen des Darmstädter Architekten Erich Mindner 1938 fertig gestellt. Seine Höhe beträgt 49 Meter bis zur Turmspitze. Mit seinem Betonbehälter und einem Fassungsvermögen von 600 Kubikmeter dient er bis heute als Nutz- und Löschwasserreservoir für Steinheim.
Der Wasserturm mit aufgestockten Rundbogennischen in Ziegelbauweise ist ein Zeugnis nationalsozialistischer Monumentalarchitektur in Hanau. Die zweiseitig geöffnete Torhalle mit Spitzbögen, Kreuz-gewölbe und schmiedeeisernen Gittern sollte ursprünglich als Gefallenen-Ehrenhalle ausgestaltet werden. Sie war mit Parolen und Inschriften versehen, die später beseitigt wurden. Der Steinheimer Gastwirt Franz Ewald (1876-1949), der während der Kriegsjahre die Aufgaben eines Wassermeisters innehatte, bewahrte den Turm im März 1945 vor einer Sprengung durch die Wehrmacht, die geplant war, um den Einmarsch der US-Truppen zu erschweren. Bis 1978 war der an mittelalterliche Wehrtürme erinnernde Wasserturm von einem schmiedeeisernen Adler bekrönt.

Zigarrenfabrik Hosse
Die 1850 gegründete Zigarrenfabrik entwickelte sich bis 1880 zu einer der größten Fabrikationen in Steinheim. 1885 entstanden zwei viergeschossige Backsteingebäude nach Entwurf von Jean Pierre Thyriot. Die Fabrikbauten wurden dem dahinterliegenden ehemaligen Gartenhaus der Familie von Reiss und später des Barons von Stockum derart angefügt, dass sich ein u-förmiges Ensemble mit Innenhof ergab. Die großen Arbeitssäle, gestützt von gusseisernen Säulen, wurden nach der Schließung der Firma in Wohneinheiten unterteilt und vermietet. Heute sind beide ehemalige Fabrikgebäude wie auch das historische Gartenhaus Teile der Hotelanlage „Villa Stokkum“.

Grafische Betriebe Illert und Villen
Die 1856 vom Drucker Heinrich Konrad Illert in Mühlheim gegründete „Lithografische Kunst- und Prägeanstalt Illert & Ewald“ ließ sich 1865 in Steinheim nieder. Neben Zigarrenpackungen wurden Wein- und Spirituosenetiketten hergestellt. Mit einem zweiten Standort in Klein-Auheim entwickelte sich das Familienunternehmen bis 1950 zu einem führenden Hersteller von Druckerzeugnissen für die Nahrungs- und Genussmittelindustrie. Erst 1999 stellte der Firmenteil Klein-Auheim seinen Betrieb ein. Die Fabrikgebäude östlich der Hellentalbrücke wurden in den letzten Jahren teilweise abgerissen, baulich verändert und als Bürogebäude umgenutzt.
An den Steinheimer Mainauen erhalten ist das Torhaus mit Torbogen und Sturzstein in Form eines weiblichen Porträtkopfes. Der Wohnsitz der Familie Illert, eine um 1860 in Ziegelbauweise errichtete Villa, befindet sich unmittelbar neben den ursprünglichen Fabrikgebäuden an der Illertstraße. Eine zweite, um 1890 in französischem Barockstil erbaute Villa mit einem steil zum Main abfallendem Hanggarten steht in der Ludwigstraße 25. Die Tradition des Etikettendruckes wird heute von der Firma „Illert Etiketten“ in der Siemensstraße fortgeführt.

Fahrradwerke Bauer
Ludwig Bauer verlagerte 1914 seine kurz zuvor in Frankfurt-Heddernheim gegründete Metalldrückerei in die Hintergasse nach Klein-Auheim. Mit dem Neubau folgte um 1920 die Entwicklung der ersten Fahrrad-Lichtanlagen mit torpedoförmigen Karbidleuchten, bevor sich das von Ludwig und Josef Bauer 1922 entworfene „Bauer-Fahrrad“ zum 8 Verkaufsschlager entwickelte. Zeitweise wurden auch Leichtkraft- und Leichtmotorräder mit eigens entwickeltem Motor produziert. 1968 ging der Hersteller weltbekannter Zweiräder, die auch von Tour de France-Teilnehmern gefahren wurden, trotz guter Auftragslage in Konkurs.
Das Firmengelände wurde für einige Jahre von dem Offenbacher Elektrogerätehersteller „Rowenta“ zur Fertigung von Trockenhauben und Toastern übernommen. Nach Teilabbrüchen sind die Fertigungshallen einem Wohnpark gewichen. Den erhaltenen zweigeschossigen Kopfbau und einen angeschlossenen, langgestreckten Flügel verbindet eine Tordurchfahrt mit den Initialen des Firmengründers. Die „Qualitätsmarke Bauer“ wurde in jüngster Zeit von einem westfälischen Fahrradhersteller wieder aufgegriffen.

Eisenbahnbrücke Auheim
Die 1882 in Stahlgitterkonstruktion erbaute Brücke zwischen Großauheim und Klein-Auheim wurde mit breiten Pfeilern für einen zweigleisigen Ausbau der Bahnstrecke Hanau-Babenhausen konzipiert. Erst 1925 hat man stattdessen für den Bau einer Fahrbahn das Gleis zur Seite verlegt. Ende des Zweiten Weltkriegs wurde die Bahnbrücke von der Wehrmacht zerstört und die erst 1941 fertiggestellte Straßenbrücke schwer beschädigt. Vom Wiederaufbau bis 1952 war der Verkehr derart angewachsen, dass eine Ampel installiert werden musste. Seit 1982 ist die Auheimer Brücke aus Sicherheitsgründen nur noch für Fahrräder und Fußgänger passierbar. Mit einer Durchfahrtshöhe von 4,38 Meter handelte es sich bei der Straßenbrücke um die niedrigste Brücke im Verlauf der Rhein-Main- Donau-Wasserstraße. Die beiden mittleren Brückensegmente über dem Schifffahrtsweg wurden daher im Jahr 2005 um einen halben Meter auf das Niveau der benachbarten Brücken angehoben.

Landmaschinenfabrik Bautz
Die ersten Werkshallen auf dem Gelände entstanden zwischen 1906 und 1912 für die Hanauer Kunstseidefabrik, die bis 1913 produzierte. Das Hauptgebäude mit symmetrisch gestalteter Fassade und Dreieckgiebel barg u.a. Waschraum und Kantine. Ab 1922 firmierte die „Röhrenimprägnieranstalt Gebrüder Adt“ in den Fabrikhallen, die sich entlang der Mainuferstraße anschließen. 1936 nach dem Erwerb des fast zehn Hektar großen Areals durch die 1890 in Württemberg gegründete Erntemaschinenfabrik Josef Bautz entstanden der Großteil der weiteren Hallen sowie die mit großformatigen und runden Fenstern neugestaltete Schaufassade zum Main.
Bis 1954 wurden in Großauheim 5.000 Traktoren gebaut. Seit Einstellung der Produktion 1963 werden die ehemaligen Fabrikgebäude als Lagerhallen vermietet. Die „Halle 2“ wird derzeit vom Verein Kulturzentrum Pumpstation als Diskothek betrieben.

Bahnhof Großauheim
Die Bahnlinie als Teil der zwischen Frankfurt und Hanau verlegten Maintalbahn wurde 1854 von Hanau nach Kahl und Aschaffenburg verlängert. In Großauheim bildete sie eine Schnittstelle zwischen dem dörflichen, von Fachwerkhäusern geprägten Ortskern und den neuen, durch die Industrialisierung entstandenen Ortsteilen. Dem im gleichen Jahr aus rotem Sandstein erbauten Empfangsgebäude wurde 1880 seitlich ein langgestreckter Fachwerkbau mit Unterfahrt für das Beladen des Güterverkehrs angeschlossen.

Museum Großauheim – Kunst und Industriegeschichte / ehemaliges Elektrizitätswerk
Das 1908 fertiggestellte Gebäudeensemble diente einer öffentlichen Badeanstalt sowie dem Elektrizitätswerk und der Feuerwehr von Großauheim. Der villenartige Bau mit Fachwerkaufsatz und Rundbogenfenstern beherbergte Dampf- und Wannenbäder. In den 1960er Jahren wurde die Badeanstalt als Polizeistation genutzt und vor allem an der Fassade stark verändert. In zwei anschließenden Hallen befand sich das Elektrizitätswerk, in dem bis 1922 Strom erzeugt wurde. Die Wandverkleidung mit grün glasierten Ziegeln, der Bodenbelag und die Dachkonstruktion mit überspannenden Stahlträgern sind erhalten. Nach dem Abriss des Schlots 1980 wurde das gesamte Gebäudeensemble frei. 1983 wurde das Museum Großauheim eröffnet. In der Maschinenhalle des ehemaligen Elektrizitätswerks konnte 1986 mit dem Einbau einer großen liegenden MAN-Dampfmaschine mit Generator der ursprüngliche Zustand teilweise wieder hergestellt werden. Das Museum präsentiert Volkskunde und Industriekultur sowie Kunst des 20. Jahrhunderts, darunter eine bedeutende Sammlung an Tierplastik von August Gaul.

Marienhütte und Villa von Arnim
Die 1899 als Zweigstelle des Eisenhüttenwerks Tangerhütte bei Magdeburg in Betrieb gegangene Eisengießerei „Marienhütte“ hatte der Unternehmer Curt von Arnim nach seiner Ehefrau benannt. Mit angeschlossener Schreinerei, Schlosserei und Schmiede wurden aus drei Kupolöfen jährlich bis zu 8.000 Tonnen Eisen u.a. zu großformatigen Motor- und Maschinenteilen verarbeitet. 1948 wurde die Marienhütte mit der Offenbacher Armaturenfabrik „Schneider & Helmecke“ zu den „von Arnim’schen Eisenwerken“ vereinigt. Nach Einstellung der Produktion 1980 wurden die Werkshallen abgerissen und in ein Wohngebiet umgewandelt. Die 1900 neben dem Werksgelände errichtete Villa ist von einem Park mit Gartenkunst des beginnenden Zwanzigsten Jahrhunderts wie Laubengängen und Pergolen, kannelierten Säulen und Sphingen aus Betonguss umgeben. Zwei im Werk Tangerhütte hergestellte Kandelabersockel nach Entwurf des Bildhauers Franz Krüger von 1891 mit den Attributen Generatorspule und Licht als allegorische Darstellung der Elektrizität gehörten ursprünglich zu einem vor dem Frankfurter Hauptbahnhof aufgestellten Kandelaberpaar, das nach 1945 an den Eingang der Marienhütte versetzt wurde.

Asea Brown Boveri (ABB) AG
Das Fabrikgelände in Großauheim war 1905 von der „Frankfurter Maschinenfabrik“ (Framag) für die Herstellung von Holzverarbeitungsmaschinen errichtet und ab 1917 von der „Fahrzeugfabrik Eisenach“ für die Produktion von Rüstungsgütern genutzt worden. 1921 erwarb das Schweizer Unternehmen Brown Boveri & Cie (BBC) das Werk, um Hoch- und Niederspannungsschaltgeräte zu produzieren. 1929 verlegte BBC auch die Fertigung von Hausgeräten nach Großauheim, wo bis zur Einstellung des Produktionszweiges 1972 über 4,5 Millionen Elektrowärmegeräte und Kühlanlagen hergestellt wurden.
Seit der Fusion von BBC und der schwedischen Firma Asea 1988 firmiert das Werk als Geschäftsbereich der ABB AG und fertigt gasisolierte Schaltanlagen, Antriebe für Leistungsschalter, Hochstromsysteme und Schnellumschalteinrichtungen, die vorwiegend in Kraftwerken und Industrieanlagen zum Einsatz kommen. Das Werksgelände besteht aus drei zwischen 1912 und 1938 errichteten Hallen in Stahlkonstruktion mit Ziegelverblendung und einem Komplex in Stahlbetonbauweise aus den 1960er Jahren.

Kraftwerk Staudinger
Das Kraftwerk Staudinger, benannt nach dem ersten Aufsichtsratvorsitzenden des PreussenElektra Hans Staudinger, besteht aus fünf einzelnen Kraftwerksblöcken mit einer Gesamtleistung von 2.000 Megawatt. Mit etwa 430 Beschäftigten kann das größte konventionelle Kraftwerk in Hessen jährlich den Strombedarf von fünf Millionen Menschen decken. Die mit Steinkohle befeuerten Blöcke 1 bis 3 wurden zwischen 1965 und 1972 in Betrieb genommen und werden entsprechend dem wechselnden Tagesbedarf eingesetzt. Für das Jahr 2012 ist eine altersbedingte Stilllegung der drei Blöcke vorgesehen. Der ebenfalls mit Kohle betriebene, erst 1992 in Betrieb gegangene Block 5 arbeitet als Grundlastkraftwerk und versorgt mit dem Block 1 über Fernwärme 16.000 Haushalte mit Heizenergie. Für Spitzenlasten kann kurzfristig der erdgasbefeuerte Block 4 hinzugeschaltet werden. Täglich werden durchschnittlich 5.000 Tonnen weltweit importierter Steinkohle mit Hilfe moderner Rauchgasreinigung nahezu schadstofffrei verarbeitet. Die Höhen von Kühlturm (180 Meter) und Schlot (250 Meter) machen das Ensemble am Ufer des Mains zu einer weithin sichtbaren Landmarke.

Staatsdarre Wolfgang
Das Ensemble besteht aus älteren und jüngeren Betriebs- und Wohngebäuden mit Forst- und Darrmeisterhaus und liegt unweit der Klosterruine St. Wolfgang im Wald. In der Samendarre werden die Zapfen und Früchte verschiedener Baumarten gesammelt. Die hier gewonnenen Samen werden für die Nachzucht von Bäumen bereit gehalten. Der Verarbeitungsprozess beginnt mit der schonenden Trocknung in Zapfenlagern und Darre und endet mit der Einlagerung der Samen in den Kühlhäusern. Bereits 1826 entstand hier die erste Großdarre, die zunächst alle hessischen Waldungen und ab 1866 Teile von Preußen mit Kiefernsamen versorgte. 1924 wurde die dreigeschossige, gemauerte Darre, deren technische Ausstattung fast vollständig erhalten ist, modernisiert und zwei hölzerne Zapfenspeicher wurden auf dem Gelände hinzugefügt. 1994 wurde an zentraler Stelle eine moderne Darranlage zur Behandlung der Samen von Laub- und Nadelholzarten errichtet. Die alte Darre ist seitdem nicht mehr in Betrieb.


Industriepark Wolfgang
Auf einer Fläche von 114 Hektar wurde ab 1875 die „Königlich-Preußische Pulverfabrik“ errichtet, die sich bis 1918 mit bis zu 5.000 überwiegend weiblichen Arbeitskräften zu einer der modernsten Munitionsfabriken Europas entwickelte. In der erst 2006 niedergelegten „Zeppelinhalle“ wurde hochexplosive Schießbaumwolle hergestellt. Mit dem Verbot der Rüstungsindustrie nach dem Ersten Weltkrieg wurde die Produktion auf die Herstellung von Kunstleder durch die „Deutschen Kunstlederwerke“ umgestellt und entging somit dem Abriss. Nach der Übernahme des Geländes 1933 durch die 1873 in Frankfurt gegründete „Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt“ (Degussa) sind hier bis heute wichtige Forschungs- und Entwicklungsbereiche angesiedelt. Neben den Aktivitäten von Degussa befinden sich unter anderem der belgische Materialtechnik-Spezialist „Umicore“ und das amerikanische Dentalunternehmen „DeguDent“ auf dem Areal. Schwerpunkte im Industriepark bilden beispielsweise die Herstellung innovativer Materialien für den Automobilbau, Nano- und Mikrotechnologie, Spezialchemie und Biotechnologie. Von den ursprünglich 65 vorwiegend einstöckigen Backsteingebäuden blieben etwa zwanzig teilweise stark veränderte Gebäude, darunter ein Walzwerk (1899) und ein Heizkraftwerk (1915), erhalten. Ein Wasserturm mit zinkverkleideten Galerien und Rautendekor aus dem Jahr 1890 ist baugleich mit einem zweiten in der Aschaffenburger Straße. Beim Neubau des Kommunikationszentrums „Esscom“ (2001) durch die Architekten Pielok & Marquardt und dem Umbau der Ofenbauhalle nach Entwurf von Christoph Mäckler (2001) wurde besonderer Wert auf Kontinuität zur historischen Backsteinarchitektur gelegt.

Königliche Pulverfabrik Wolfgang
Von den zentralen Gebäuden der Pulverfabrik sind u.a. das Bahnhaus von 1878 (1a) an der Bahnlinie Hanau–Bebra, das Direktionsgebäude (10) sowie die Kantine (11) in Ziegelbauweise erhalten. Das Bahnhaus lag ursprünglich neben dem Zugang zur Wohnsiedlung der Fabrik. Nachdem Explosionen immer wieder zu verheerenden Unglücken geführt hatten, wurde die werkseigene Feuerwehr darin untergebracht. Als Replik erhalten ist der Windrichtungsanzeiger in Form einer Kanone auf dem Dach. Der symmetrische Klinkerbau mit hervorgehobenem Zugangsportal (10) beherbergte die Verwaltung der Pulverfabrik und wird seit 1937 von der Gemeinde genutzt. Die 1890 errichtete Kantine (11) besteht aus zwei parallelen Bauten und einem Verbindungstrakt mit Terrassen. Das südliche Traufenhaus diente als Speisehaus, das flachere Gebäude als Offizierskasino. Ab 1930 wurde das Ensemble als Gasthaus genutzt. Seit dem Jahr 2000 ist ein Veranstaltungsort mit Gastronomie und Kleinkunstbühne entstanden („Culture Club Hanau“).

Eisenbahnbetriebswerk Hanau
Das ehemalige Betriebswerk der Deutschen Bahn besteht aus einem acht- und einem sechsständigen Rundschuppen mit Drehscheibe sowie einem Rechteckschuppen mit Verwaltungsanbau aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und befindet sich östlich zwischen dem Hauptbahnhof und Großauheim, umschlossen von den Bahnstrecken Hanau–Fulda (Bebra), Hanau– Aschaffenburg und Hanau–Friedberg. Im Betriebswerk wurden die Dampfloks mit Kohle und Wasser für die Fahrt vorbereitet sowie Wartung und Reparaturen durchgeführt. In Hanau waren die schweren Güterzugdampfloks beheimatet, welche über die steigungsreichen Mittelgebirge nach Fulda und Würzburg fuhren. Das Gelände ist seit 1988 Standort des Vereins „Museumseisenbahn Hanau e.V.“, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Ensemble zu erhalten und durch regelmäßig stattfindende Veranstaltungen und Sonderfahrten auf Strecken im Rhein-Main-Gebiet die traditionelle Bedeutung der Stadt Hanau als Schienen-verkehrsknotenpunkt zu verdeutlichen. Zur Sammlung zählen zehn Lokomotiven, darunter eine Dampfspeicherlok und zwei Dampflokomotiven. Für Sonderfahrten werden historische Reisezugwagen eingesetzt.

Rütgers Chemicals AG
1886 ließen sich die Rütgers- Werke in Großauheim mit einer Kesseldruckanlage zur Imprägnierung von Holz durch Teeröl nieder. Das Essener Unternehmen wurde von Julius Rütgers in der Frühzeit der Industrialisierung 1849 mit dem Ziel gegründet, die Haltbarkeit von Eisenbahnschwellen zu verbessern. Nachdem zunächst englisches Imprägnieröl verwendet wurde, gelang 1860 die eigene Öldestillation aus Teer, das als Abfallprodukt bei der Leuchtgasherstellung anfiel. Bis 1900 entstanden europaweit 77 Imprägnierwerke und mehrere Teerdestillationen. Zudem nutzte Rütgers die Teerverwertung zur Herstellung von künstlichen Farbstoffen und der ersten Kunstharze. In Großauheim werden bis heute Eisenbahnschwellen aus Buchen- und Eichenholz mit Teeröl imprägniert. Daneben bietet das Werk auch behandelte Hölzer für Lärmschutzwände und Carports an. Das Verwaltungsgebäude, die Imprägnierhalle von 1886, ein Kesselhaus, eine Vorhalle mit zwei Kesseln zur Öl- und Teerimprägnierung und Teile des Maschinenparks sind erhalten.

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