In seltenen Fällen entwickeln sich aus zurückgelassenen Industriebrachen idyllische Naturlandschaften. In Nidda-Michelnau ist das so. Hier wurde im ehemaligen Steinbruch am nordwestlichen Ortsrand über 150 Jahre lang der charakteristisch rötliche Lavatuffstein abgebaut, der vielerorts für Gebäudefassaden und im Kunsthandwerk verwendet wurde. Nach seiner Stilllegung zu Beginn der 1990er Jahre entwickelte sich der Steinbruch zu einem wertvollen Biotop.
Die gelungene Gratwanderung zwischen der Konservierung der Industriegeschichte und der behutsamen Pflege des Biotops ist dem Verein der Freunde des Steinbruchs Michelnau zu verdanken. In unzähligen ehrenamtlichen Arbeitsstunden sorgen sie für den Erhalt der Anlage, zu der auch Deutschlands größter in Holzbauweise errichteter Holz-Derrickkran gehört. Mit Hingabe und Begeisterungsfähigkeit wird hier die Industriegeschichte des Ortes vermittelt und gleichermaßen für den Schutz des Naturraums sensibilisiert.
Lothar Noll und Dr. Wolfgang Schönert sind Mitglieder im Vorstand des Vereins. Sie beantworten unsere 5 Fragen zum Ehrenamt in der Industriekultur.
Wofür setzt sich Ihr Verein ein?
Der Verein hat sich am 2010 mit der Aufgabe gegründet, dieses in Europa einmalige Geotop (aufgeschlossener Schlackenvulkan im Vulkangebiet Vogelsberg) und die über 150jährige Industriegeschichte die hier noch nachvollziehbar ist sowie das nach der Stilllegung des Steinbruchs Ende der 80er Jahre entstandene Biotop zu schützen und zu erhalten und es der Öffentlichkeit als Besuchersteinbruch zugänglich zu machen. Dieser Aufgabe haben wir uns gestellt und die Besucherzahlen zeigen uns, dass unsere Arbeit mit großen Interesse und Zuspruch angenommen wird.
Was treibt Sie an?
Einerseits ist es die Freude und das große Interesse an der Geologie und dem Thema Vulkanismus. Wie und wann ist das Gestein entstanden? Andererseits natürlich die Industriegeschichte des Steinbruchs. Wie wurde hier einst der Stein abgebaut und wo fand er überall Verwendung? Hinzu kommt das Biotop, das der ehemalige Steinbruch Michelnau heute darstellt. Diese Themenvielfalt macht das Ganze so spannend. Es bringt uns großen Spaß, all dies auch den vielen Besucherinnen und Besuchern zu vermitteln.
Wie kann ich mich bei Ihnen konkret engagieren?
Der Einstieg sollte das Interesse an der vielfältigen Thematik sein sowie die Bereitschaft und die Lust, in unserer Arbeitsgruppe im Verein mitzuwirken. Gemeinsam wollen wir dieses einmalige Natur- und Industriedenkmal schützen, pflegen und Instand halten. Damit die Besucherinnen und Besucher auch weiterhin ihre Freude haben. Wir freuen uns über alle, die uns kennenlernen möchten.
Gibt es gerade ein besonderes Projekt?
Es sind die laufenden Aufgaben insgesamt, die uns im gesamten Jahr herausfordern. Zurzeit sind wir beispielsweise mit Sanierungsarbeiten im Kranhaus beschäftigt. Der Derrickkran auf dem Gelände ist der größte noch erhaltene Holz-Derrickkran in Deutschland und unser ganzer Stolz. 2012 haben wir den Kran erstmals restauriert und wieder in Gang gesetzt. Mittlerweile muss die Winde saniert werden. Als weiteres steht die Geländepflege des viereinhalb Hektar großen Steinbruch-Areals an. Nur wenn wir nach den sach- und fachlichen Richtlinien des Naturschutzes pflegen, kann dieses Biotop/Geotop der Extraklasse sich weiterentwickeln und erhalten bleiben. Auch die Instandhaltung von Gebäuden, Wegen und Plätzen zählt zu den Aufgaben unserer Arbeitsgruppe. Bei uns finden alle ihren Platz. Das gemeinsame Arbeiten macht große Freude und stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Dabei darf die Geselligkeit nicht fehlen, sie gehört bei uns dazu.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft Ihres Vereins und des Steinbruchs?
In erster Linie die Gewissheit, dass sich immer genug Menschen finden, die an dieser wertvollen und interessanten Aufgabe Spaß haben und damit der Verein und seine Arbeit erhalten bleiben. Wir wünschen uns, dass der Steinbruch als Industriedenkmal und schützenswertes Biotop auch in Zukunft bestehen bleibt – ein Ort, der den Menschen Freude bereitet und an dem wir alle Wertvolles über Natur und Technikgeschichte lernen können.
Redaktion: Kay-Hermann Hörster
© 2.2023 KulturRegion FrankfurtRheinMain gGmbH