Beim Duft von gebrannten Mandeln, Zuckerwatte und Gewürzen denken Ende Oktober viele sicher schon an Weihnachtsmarkt. Bevor es aber kalt und besinnlich wird, geht es in Ortenberg (Wetteraukreis), der 19. Station auf unserer Reise zu Lieblingsorten in der KulturRegion, noch einmal so richtig rund. Hier findet jedes Jahr am letzten Oktober-Wochenende eines der ältesten Volksfeste Deutschlands statt: Der Kalte Markt. Bei einem Spaziergang durch den Ortenberger Stadtkern können wir nur erahnen, was hier in gut einer Woche alles geboten wird. Doch Bürgermeisterin Ulrike Pfeiffer-Pantring, Marktmeister Julien Zahn, Schaustellerin Lena Roie und Kulturmanagerin Germaine Stragies geben uns einen Vorgeschmack auf das, was die Besucher*innen vom 27. bis 31. Oktober 2023 beim 757. Kalten Markt erwartet.
Liebe Bürgermeisterin Pfeiffer-Pantring, was macht den Kalten Markt so besonders?
Einmal in Jahr verwandelt sich die Ortenberger Stadtmitte inklusive der Bundesstraße B257 in das größte „Kaufhaus der Region“. Wie Weihnachten oder Ostern ist auch der Kalte Markt für viele eine feste Größe im Jahreskalender, wo sich Freunde und Familie begegnen. Die Stadt ist voll, alle rücken zusammen und Fremde sind nicht mehr fremd. Wir schaffen über Nacht hunderte Arbeitsplätze für Schausteller- und Reisegewerbe. Der Magistrat, die Stadtverordnetenversammlung, die Verwaltung und viele Vereine und Einwohner*innen unterstützen zusammen mit den Feuerwehren aller zehn Stadtteile das Fest und packen mit an. Auf dem Kalten Markt finden die Besucher*innen alles rund um Haus, Garten sowie persönlichen Bedarf und können die Waren anfassen, riechen und schmecken. Dabei weiß der Marktmeister, wie er die Stände entsprechend anordnet, dass man von einer Duftwolke in die nächste kommt, von Gebratenem zum Zuckerwerk zu Gewürzen. Das besondere Ambiente schafft die wunderschöne Landschaft. Wenn man mit dem Karussell über dem Marktplatz fliegt und die Altstadt, das Schloss und die bunten Wälder außenherum sieht, ist der Herbstblues schnell verflogen.
Was kann ich hier erleben, lieber Herr Zahn?
Der Kalte Markt besteht aus vier Teilen. Herzstück ist der große Krammarkt in den Straßen. Viele Markthändler stehen jedes Jahr am selben Platz und die Gäste wissen: Hier finde ich meine Socken, hier meine Gewürze. Ein weiterer Teil ist der Pferdemarkt. Er ist der Ursprung des Kalten Marktes. Traditionell wurden dort Pferde gehandelt. Heute werden zwar auch noch Pferde verkauft, im Mittelpunkt steht aber das Erlebnis rund um die Tiere. Es gibt viele Vorführungen, z B. Voltigieren oder Kutschenrennen, Ponyreiten, Tierschutzvereine stellen sich vor und es gibt einen Hobby-Horsing (Steckenpferd)-Wettbewerb. Der nächste Teil ist die große Gewerbe- und Leistungsschau mit Freigelände und Messezelt, wo sich die Gewerbetreibenden aus der Region vorstellen und der letzte Teil ist ein Vergnügungspark mit etwa 25 Fahr- und Vergnügungsgeschäften auf dem Marktplatz.
Liebe Frau Roie, warum kommen Sie als Schaustellerin gerne auf den Kalten Markt?
Meine Eltern und ich kommen mit unserem Weindorf seit 17 Jahren immer wieder nach Ortenberg und auch meine Großeltern standen schon vor 30 Jahren mit dem Karussell hier auf dem Marktplatz. Während meiner Schulzeit habe ich mich gerne mit Klassenkamerad*innen auf dem Kalten Markt getroffen und da war es natürlich praktisch, dass meine Eltern auch immer geschäftlich hier waren. Mittlerweile ist der Kalte Markt für mich wie eine Reise in die Vergangenheit, bei der ich alte Freund*innen treffe oder auch Schaustellerkolleg*innen, die immer hier in Ortenberg sind. Die Stimmung ist jedes Mal großartig, jeder kennt jeden, es wird zusammen gelacht, gesungen und getanzt. Spannend am Kalten Markt ist auch immer, ob das Wetter mitspielt. Letztes Jahr war es z. B. so warm, dass wir unseren Glühwein auf Eis verkauft haben.
Seit 2015 ist Ortenberg Mitglied in der KulturRegion. Was bedeutet für Sie die Mitgliedschaft, liebe Frau Pfeiffer-Pantring?
Wir leben hier im Rhein-Main-Gebiet in einer gelungenen Symbiose. Einerseits können die Menschen, die z. B. in Ortenberg gerne in der Natur leben, von dem tollen Kulturangebot in der Region profitieren. Andererseits können die Menschen, die in den Zentren wohnen, bei uns die Natur oder besondere Veranstaltungen wie den Kalten Markt erleben. So wie das Wasser der Nidder von hier kommt und Richtung Frankfurt fließt und Lebendigkeit möglich macht, so ist auch stets die Kultur im Fluss und im Austausch. Diese lebendigen Bänder und Verknüpfungen sind genau das, was die KulturRegion ausmacht: die Vielfalt, der Austausch und das gemeinsame Miteinander.
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