Lokaler Routenführer Wetteraukreis

Altenstadt, Büdingen, Butzbach, Echzell, Florstadt, Gedern, Glauburg, Hirzenhain, Karben, Nidda, Niddatal, Ortenberg, Ranstadt, Reichelsheim, Rosbach v. d. Höhe, Wölfersheim, Wöllstadt

Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Dieser Routenführer ist in Zusammenarbeit des Wetteraukreises mit der Route der Industriekultur Rhein-Main enstanden.

Redaktion: Kay-Hermann Hörster (Route der Industriekultur Rhein-Main), Michael Elsaß (Wetteraukreis), Gustav Jung (Denkmalbeirat des Wetteraukreises). Mit fachlicher Beratung von Kommunen, Museen, Vereinen, Unternehmen und ehrenamtlich Engagierten.

Industriekultur Wetteraukreis

Der Routenführer zeigt spannende Objekte und bedeutende Sehenswürdigkeiten der Industriegeschichte im drittgrößten Landkreis Hessens. Er ergänzt die lokalen Routenführer, die bereits für die Städte Bad Nauheim, Bad Vilbel und Friedberg vorliegen. In Butzbach, der Industriehochburg der Wetterau, zeugt die Architektur der Metallindustrie von der bedeutenden Industriegeschichte des Standorts. In Hirzenhain schrieb Buderus europäische Unternehmensgeschichte. Kein anderer Ort in der Wetterau wurde so grundlegend durch ein einziges Unternehmen geprägt. Die wechselvolle Entwicklung des einstigen „Wetterauer Bergbaureviers“ zu einem Naherholungsgebiet wird in Wölfersheim und Reichelsheim erlebbar. Wie sehr die Eisenbahn als Innovationsschub für die gesamte Region wirkte, wird eindrucksvoll am Bahnhofsensemble in Glauburg-Stockheim deutlich. Für Innovationskraft und Wandlungsfähigkeit stehen traditionsreiche Unternehmen wie etwa die Karbener König + Neurath AG, einem der größten Arbeitgeber der Region. Seit einhundert Jahren werden hier hochwertige Büromöbel produziert. Ein Hidden Champion ganz anderer Art ist die Saatgutwerkstatt in Echzell- Bingenheim. Hier wird reproduktionsfähiges Saatgut hergestellt, das sich von den Hypridsorten der multinationalen Lebensmittelkonzerne unterscheidet. In Museen, Freilichtausstellungen und auf Rundwegen wird die Industriegeschichte der Wetterau anschaulich erlebbar. Ein Lernort besonderer Qualität ist der Steinbruch in Nidda-Michelnau, der seit seiner Stilllegung in den 1990er Jahren zu einem wertvollen Naturraum geworden ist.

Altenstadt

Foto: Kay-Hermann Hörster

Kunststoffhaus Prototyp "fg 2000"

Industriestr. 6

In nur elf Stunden wurde am 18. Juli 1968 der gänzlich aus glasfaserverstärktem Kunststoff bestehende Rohbau des Wohnhauses errichtet. Entwickelt und entworfen hat es der Unternehmer, Modellbaumeister und Designer Wolfgang Feierbach, der vor allem für seine zeittypischen Möbel- und Innenraumgestaltungen im Stil der 1960er und 70er Jahre bekannt wurde. Das Gebäude mit der Bezeichnung „fg 2000“ diente nicht nur als Musterhaus, sondern war zugleich Wohn- und Bürogebäude des Designers. 39 Kunststoffmodule sind auskragend auf einen verklinkerten Erdgeschosssockel gesetzt. Zusammen bilden sie einen weißen Quader mit konkaven Wänden, der zu zwei Seiten hin mit Glasschiebefronten versehen ist, die zu großzügigen Loggien geöffnet werden können. Auch die gesamte Innenausstattung bestand gänzlich aus Kunststoff. Das heute unter Denkmalschutz stehende Haus ist in Privatbesitz. Es steht beispielhaft für den Zeitgeist der 1960er Jahre und die allgemeine Begeisterung für synthetische Werkstoffe.

Foto: Kay-Hermann Hörster

Bahnhof

Hanauer Straße 25

Der Bau der Niddertalbahn verschaffte Altenstadt einen wichtigen Zugang zum Rhein-Main-Gebiet. Um 1905 erhielt der Ort einen repräsentativen Landbahnhof, der bis heute als Haltestelle dient. Das zweigeschossige Gebäude im Stil der Neurenaissance ruht auf einem T-förmigen Grundriss. Zur Ortsseite hin betont ein repräsentativer Treppenturm die Fassade. Die Gestaltung des abgetreppten Giebels mit dem hessischen Wappenlöwen zeigt deutliche Anklänge an den Darmstädter Jugendstil. Als so genannter „Typenbau“ weist die Architektur des Bahnhofs eine große Ähnlichkeit mit dem Bahnhofsgebäude von Glauberg auf.

Foto: Christine Krienke

Bad Nauheim

Detaillierte Information zu den Orten der Industriekultur in Bad Nauheim finden Sie unter:

Lokaler Routenführer Bad Nauheim

Foto: Julia Wittwer

Bad Vilbel

Detaillierte Information zu den Orten der Industriekultur in Bad Nauheim finden Sie unter:

Lokaler Routenführer Bad Vilbel

Büdingen

Foto: Arnika Haury

Herrnhaag

Stadtteil Lorbach

1736 fanden Herrnhuter aus Sachsen im Büdinger Land Zufl ucht. Unter Leitung von Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf errichteten sie auf dem Haagberg eine Siedlung mit 17 Gebäuden, in der zeitweise bis zu 1.000 Menschen lebten. Die Siedlung wurde zu einem Zentrum für feine Metallarbeiten und Kunsthandwerk wie Uhrmacherei, Gold- und Silberschmiede. Von besonderer Bedeutung waren die Arbeiten des berühmten Möbeltischlers Abraham Roentgen, dessen auf dem Haagberg geborener Sohn David Roentgen zu einem der angesehensten Kunstschreiner in Europa wurde. Nach politischen Konflikten gaben die Herrnhuter 1750 die Siedlung auf und verließen das Land. Die noch erhaltenen Gebäude zeugen von einer bedeutenden Wirtschafts- und Sozialgeschichte in der Wetterau. Heute ist die Anlage eine lebendige Bildungs- und Kulturstätte und ein beliebter Ausfl ugsort. www.herrnhaag.de

Bild: Stadtarchiv Büdingen

Exkurs - Glasfabrik

1892 ging die Büdinger Glasfabrik an der Düdelsheimer Straße in Betrieb. Die Fabrik war ein Markstein in der Industriegeschichte der Stadt. Obwohl in den Spitzenzeiten 400 Arbeiter täglich 50.000 Glasflaschen produzierten, erlebte das Werk innerhalb weniger Jahre mehrere Eigentümerwechsel, Betriebsschließungen und kurzzeitige Reaktivierungen. 1913 wurde die Produktion endgültig eingestellt. Die Fabrik verfiel. Wegen Sicherheitsbedenken wurden allmählich diverse marode Fabrikbestandteile abgebrochen; 1930 wurde der letzte Schornstein gesprengt. Zu den wenigen noch heute sichtbaren Zeugnissen der Glasfabrik zählen die Sandsteinhäuser (Düdelsheimer Straße 37, 39, 41), die 1902 als Arbeitermietshäuser errichtet wurden.

Foto: Susann Schneider

50er-Jahre-Museum

Auf dem Damm 3

„Jetzt kommt das Wirtschaftswunder. Der deutsche Bauch erholt sich auch und ist schon sehr viel runder“ sangen die Kabarettisten Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller in dem satirischen Film „Wir Wunderkinder“ aus dem Jahr 1958. Das Museum zeigt die schillernde Zeit von Petticoat, Nierentisch und Tütenlampen. Zahlreiche Exponate und Rauminstallationen, etwa eine vollständig eingerichtete Küche, werfen einen kritischen Blick auf die soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklung der jungen Bundesrepublik zwischen Muff und Moderne. www.50er-jahre-museum.de

Foto: Dieter Turner

Alter Buntsandsteinbruch

Am Hain

Der Büdinger Sandsteinbruch nimmt mit seiner imposanten, ca. 50 m hohen Steilwand die Blicke schon aus weiter Ferne gefangen. Bereits in vorindustrieller Zeit wurde hier Sandstein gewonnen, vielleicht schon für die Keltenfürstskulptur vom Glauberg, sicherlich aber seit dem Spätmittelalter von den hiesigen Steinmetzen, welche die Festungsmauern, gräfliche Bauten und die sehenswerten Grabsteine auf dem Friedhof schufen. Im 19. Jahrhundert nutzten mehr und mehr Steinhauer zeitgleich den Steinbruch. Die Frage der Eigentümerschaft war umstritten, schließlich jedoch wurde die Stadt als Eigentümerin anerkannt, sodass sie den Steinbruch verpachten konnte. 1957 wurden letztmals Steine abgebaut; Sandstein war nicht mehr gefragt, Zementstein war nun en vogue.

Butzbach

Malerische Altbauten und eine schöne Landschaft verleihen der Stadt das Attribut „Perle der Wetterau“. Bis heute sind darüber hinaus zahlreiche bedeutende Relikte des industriellen Zeitalters erhalten. Die Stadt steht beispielhaft für den industriellen Wandel am Ende des 19. Jahrhunderts. Butzbach entwickelte sich vom Landstädtchen zum wichtigsten Industriestandort in der Wetterau. Für den Modernisierungsschub sorgten der Anschluss an die Main-Weser Bahn (1850), der Bau der Butzbach-Licher Eisenbahn (1904 bis 1910), die Elektrifizierung der Stadt (1897) sowie der Bau von Wasserleitungen und eines Kanalsystems (1890). Seit Mitte des 19. Jahrhunderts erfuhr das Handwerk eine Umstellung auf eine fabrikmäßige Produktion, wie die einst florierende Schuhindustrie beispielhaft zeigt. Durch die Ansiedlung von metallverarbeitenden Großbetrieben wurde der industrielle Schwerpunkt auf Maschinenbau, Metallverarbeitung und Verfahrenstechnik gelegt. Zu den bedeutenden Unternehmen gehörte die nach dem Ersten Weltkrieg aus dem Saarland übergesiedelte Meguin AG.

Foto Kay-Hermann Hörster

Schuhfabrik Louis Joutz

Weiseler Str. 105

Von Süden kommend dominiert der langgestreckte Backsteinbau der ehemaligen Schuhfabrik Joutz die Stadtsilhouette Butzbachs. Die Fabrik ging auf eine 1853 gegründete Lederhandlung und Schäftemacherei zurück und produzierte bis 1985. In den Folgejahren nutzte die Papierfabrik Ludwig Clemens das Gebäude als Verwaltungs- und Produktionsstätte. Der zweigeschossige Bau mit markantem Mittelrisalit entspricht der Formensprache der Neuen Sachlichkeit, obgleich das Gebäude in zwei unterschiedlichen Bauabschnitten (1933 und 1950) errichtet wurde. 2018 wurde das Gebäude saniert und zu Büro,- Archiv- und Praxisflächen umfunktioniert. Die Restbestände der Schuhfabrik wurden 2020 vom Museum der Stadt Butzbach erworben.

Foto: Michael von Aulock

Schuhfabrik IRUS

Ludwigstr. 1

Die Schuhfabrik Jakob Rumpf und Söhne (IRUS) wurde 1897 in Bahnhofsnähe errichtet. Das Unternehmen entwickelte sich zur größten Schuhfabrik in Butzbach und bestand bis Anfang der 1970er Jahre. Zur Blütezeit der Fabrik stellten 1.400 Angestellte täglich 10.000 Paar Schuhe her. Von der weitläufigen Fabrikanlage hat sich vor allem der Erweiterungsbau von 1932 erhalten. Das fünfstöckige Gebäude zeigt Stilformen des Expressionismus und Anklänge an die kubischen Formen des Bauhauses. Bemerkenswert ist die Fassade mit acht Fensterachsen, die in schmalen Nischen mit Dreiecksabschlüssen gesetzt sind.

Foto: Kay-Hermann Hörster

Werkshalle der BAMAG/Beguin AG

Wetzlarer Straße/Zum Oberwerk

Kurz vor dem Ersten Weltkrieg errichtete die Berlin-Anhaltische Maschinenbau AG (BAMAG) ein Werksgelände im Norden Butzbachs. 1921 fusionierte das Unternehmen mit der Meguin AG zur BAMAG Meguin. 1957 folgte ein weiterer Zusammenschluss mit der aus Berlin stammenden Julius Pintsch AG zur Pintsch-BAMAG AG. Unter den ab 1919 errichteten Werksgebäuden bildet die monumentale Werkshalle das sichtbare Zentrum des Industrieareals. Das Gebäude verfügt über einen eigenen, mit Kranbahn überbrückten Gleisanschluss. Bemerkenswert ist die Stahlfachwerkkonstruktion, der auf der Längsseite eine selbsttragende Fassade aus Beton vorgeblendet ist. Elemente wie Pilaster und Ornamente verleihen der Halle ihren repräsentativen Charakter. Die Halle entspricht ganz dem sachlichen Zeitgeist der frühen 1920er Jahre. Ihre Ausmaße stellen unter den Industriebauten in Hessen dieser Zeit eine Besonderheit dar. Aufbau und Einteilung der Halle erinnern an die von Peter Behrens 1912 in Berlin-Gesundbrunnen entworfenen Montagehallen für Großmaschinen.

Foto: Kay-Hermann Hörster

Landmaschinen-Fabrik Tröster

Taunusstr. 6

1878 gründete Andreas Jakob Tröster eine Reparaturwerkstatt für Dreschmaschinen, die sich in den Folgejahren zu einer bedeutenden Landmaschinenfabrik entwickelte. 1891 zog das Unternehmen auf das Gelände in der Taunusstraße. Die produzierten Maschinen unter dem Markennamen „Hassia“ revolutionierten die maschinelle Landwirtschaft. Das Unternehmen bestand bis 1991 und exportierte in über 70 Länder. Von der Fabrikanlage ist noch der ein beeindruckender Backsteinbau erhalten, der von 1927 bis 1930 im Stil der Neuen Sachlichkeit errichtet wurde. 2013 wurde das Gelände unter Erhaltung der historischen Gebäude zu einer Wohnanlage der Behindertenhilfe des Wetteraukreises umgebaut.

Foto: SHS Lochbleche Butzbach GmbH

SHS Lochbleche Butzbach GmbH

Holzheimer Str. 14

Das 1926 gegründete Loch-, Blech- und Stanzwerk ging ursprünglich aus einer Produktionssparte der Meguin AG hervor. Bis heute gehört das Unternehmen zu den Spezialisten in der Herstellung gelochter Metalle. Die Bandbreite reicht vom Filter bis zum Fassadenelement. Auf dem heutigen Betriebsgelände befinden sich neben modernen Bauten auch noch Reste der ursprünglichen Werksbebauung in typischer Backstein-Bauweise. Im Eingangsbereich ist eine historische Maschine aufgestellt. Der das Gelände umfassende Metallzaun weist mit seiner Lochblechkonstruktion auf ein typisches Produkt der Firma hin. Seit 1994 ist SHS ein Familienunternehmen und wird mittlerweile in der zweiten Generation geführt.

Foto: Museum der Stadt Butzbach
Foto: Museum der Stadt Butzbach

Industriegeschichte im Museum der Stadt Butzbach

Färbgasse 16

Die Dauerausstellung zeigt die Entwicklung Butzbachs von der landwirtschaftlich und handwerklich geprägten Kleinstadt bis hin zum aufblühenden Industriestandort.
Zu sehen sind zahlreiche Maschinen, Arbeitsgeräte, Dokumente und Inszenierungen zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Darüber hinaus wird die Geschichte bedeutender Butzbacher Firmen erzählt. Einen Eindruck von der in Butzbach einst bedeutende Schuhindustrie gibt das „Miniaturschuhmuseum“ mit über 200 Nachbildungen. www.stadt-butzbach.de/kultur/museum/

Echzell

Foto: Bingenheimer Saatgut AG

Bingenheimer Saatgut AG

Kronstr. 24

Seit fast vierzig Jahren fallen Züchtung, Entwicklung und Vertrieb für den ökologischen Landbau in der Wetterau auf fruchtbaren Boden. 1985 fand inBingenheim das erste Treffen des „Initiativkreises für Gemüsesaatgut aus biologisch-dynamischem Anbau“ statt. Wenige Jahre später wurde unter dem Dach der „Lebensgemeinschaft Bingenheim e. V.“ ein zentraler Ort für die Prüfung, Aufbereitung und den Vertrieb des Saatguts eingerichtet. 2001 entstand daraus die Bingenheimer Saatgut AG als Koordinatorin eines Netzwerks rund um die ökologische Saatgutarbeit und Züchtung. Heute vertreibt das Unternehmen Saatgut einiger hundert samenfester Sorten über einen Onlineshop und direkt vor Ort in Bioläden wie dem Bingenheimer Naturkostladen Allerleirauh. www.bingenheimersaatgut.de

Teufelsee und Pfaffensee

Zwischen Echzell und Reichelsheim-Weckesheim

Tagebaurestseen des ehemaligen Braunkohleabbaus. Siehe Reichelsheim.

Florstadt

Foto: Historisches Archiv Florstadt

Exkurs - Münch Motorräder

Mit der Konstruktion und der Herstellung besonders schwerer und hochleistungsfähiger Straßenmotorräder, so genannten „Big Bikes“, schrieb der in Dorn-Assenheim geborene Friedel Münch (1927– 2014) Technikgeschichte. Seine erste Werkstatt richtete sich der gelernte Kraftfahrzeugschlosser bei seinem Vater ein, der in der Altenstädter Straße eine Horex-Vertretung und eine Tankstelle betrieb. In Sachen Motorleistung und Bremstechnologie setzten die Münch-Motorräder Maßstäbe. Knapp 500 Maschinen verschiedener Typen wurden gebaut, eine Serienproduktion scheiterte jedoch an den Kosten. Zu Ehren des genialen Konstrukteurs wurde 2022 die Friedel-Münch-Straße benannt. Das Saalbaumuseum widmet dem Erfi nder eine eigene Abteilung. Münch-Motorräder haben nach wie vor Kultstatus. Im französischen Kinofi lm „Mammuth“ aus dem Jahr 2010 begibt sich Gérard Depardieu mit einem Münch-Motorrad auf einen Roadtrip.

Foto: Historisches Archiv Florstadt

Exkurs - Florstädter Pflasterer

Fast 100 Jahre lang zogen Pflasterer-Kolonnen aus Nieder-Florstadt durch die Region, um Straßen, Wege, Plätze und Höfe zu pflastern. 1920 legte die Gemeinde einen Steinbruch an, dessen Erträge nicht zuletzt im Frankfurter Straßenbau Verwendung fanden. Nach dem Zweiten Weltkrieg erfuhren die Florstädter Pfl asterer eine Blütezeit. Erst in den 1960er Jahren wurde das Pfl aster durch den Bitumenbelag verdrängt. Die Pflasterer wechselten für ihren Erwerb zum Straßenbau.

Foto: Stadt Friedberg

Friedberg

Detaillierte Information zu den Orten der Industriekultur in Friedberg finden Sie unter:

Lokaler Routenführer Friedberg

Gedern

Foto: Kultur- und Tourismusbüro der Stadt Gedern

Eisenpfad

Gedern - Hirzenhain

Auf der 23 Kilometer langen Route zwischen Gedern und Hirzenhain informieren zehn Tafeln über die geologische Beschaffenheit und die Industriegeschichte im Niddertal. Startpunkt ist das Schlossgelände. In den Sommermonaten kann hier auf einer Strecke von 120 Metern ein originalgetreuer Nachbau einer historischen Handhebeldraisine erprobt werden. Ganzjährig erklären Erlebnis-Stationen und Modelle rund um das Schloss den aufwändigen Abbau und die Verarbeitung des Erzes. Der Eisenpfad kann in zwei Etappen und mit Anschluss an den ÖPNV gelaufen werden. www.vulkanstadt-gedern.de

Foto: Kultur- und Tourismusbüro der Stadt Gedern

Infozentrum Alte Schmiede

Schlossberg 9

Eine perfekte Ergänzung zum Kulturhistorischen Museum und dem Eisenpfad bietet das „Infozentrum Alte Schmiede“ in der ehemaligen Schlossschmiede.
Zahlreiche Mitmachstationen veranschaulichen Wissenswertes über die Rohstoffe der Region und zeigen die Verkehrs- und Wirtschaftsgeschichte sowie die Eisenerzverarbeitung und den Basaltabbau im Niddertal. www.vulkanstadt-gedern.de

Foto: Kultur- und Tourismusbüro der Stadt Gedern

Kulturhistorisches Museum

Schlossberg 9

Im alten Pförtnerhaus des Schlosses befindet sich das kleine aber feine Kulturhistorische Museum mit einer Dauerausstellung und zahlreichen Mitmachstationen. In einem nachempfundenen historischen Bahnhofswartesaal geben ein originaler Gepäckwagen, historische Ausstattungsgegenstände, Fotos und Archivalien Einblick in die Geschichte der ehemaligen Vogelsberg-Eisenbahn. Ein großes Modell zeigt die Sehenswürdigkeiten entlang der Strecke zwischen Lauterbach und Altenstadt, auf der heute ein Teil des Vulkanradwegs verläuft. www.vulkanstadt-gedern.de

Glauburg

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts leitete auch in der Wetterau die Eisenbahn das industrielle Zeitalter ein. Bereits ab 1850 führte die bis heute bestehende Main- Weser-Bahn zwischen Frankfurt und Kassel durch die westliche Wetterau mit einer Verbindung zwischen Butzbach und Bad Vilbel. Zwanzig Jahre später erschloss ein Abschnitt der Lahn-Kinzig-Bahn die Strecke zwischen Nidda und Büdingen. Die kurz vor dem Ersten Weltkrieg errichtete Butzbach-Licher Eisenbahn beispielsweise sorgte für einen bedeutenden Entwicklungsschub des Industriestandorts Butzbach. Der Glauburger Ortsteil Stockheim ist in der Eisenbahnlandschaft der Wetterau ein Beispiel für die soziale, wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Eisenbahn im ländlichen Raum. Seit 1870 war der Ort an die Lahn-Kinzig-Bahn angeschlossen. Ab 1888 folgte der Anschluss an die Vogelsbergbahn (auch Oberwaldbahn) mit dem Streckenabschnitt Stockheim-Gedern. Schließlich stellte die den Jahren 1905 und 1907 errichtete Niddertalbahn zwischen Bad Vilbel und Stockheim für den Personen- und Gütertransport eine wichtige Verbindung in Richtung Frankfurt dar. Die auf der Strecke fahrenden Züge werden landläufig auch „Stockheimer Lieschen“ genannt und erinnern an Liesel Brand, die ehemalige Wirtin der Bahnhofsgaststätte.

Foto: Kay-Hermann Hörster

Modellbahnhof im historischen Bahnhofsgebäude

Ortsteil Stockheim, Bahnhofsstr. 51

In dem 1870 errichteten Bahnhofsgebäude präsentiert der Modellbahnhof Stockheim eine imposante Modellbahn. Auf einer Fläche von rund 70 Quadratmetern wird die Eisenbahn-Geschichte der Region im Maßstab 1:87 gezeigt. Die Miniatur-Dampf- und Dieselzüge führen zurück in die Zeit der 1960er Jahre. Aber auch die Gegenwart kommt nicht zu kurz: Derzeit entsteht das Modell eines modernen Kopfbahnhofs ähnlich dem Frankfurter Hauptbahnhof. Im angrenzenden Nebengebäude und im Außenbereich begeistert die Gartenbahn nach Schweizer Vorbild auf rund 1.000 Quadratmetern. Zudem gibt es Sonderausstellungen rund um das Thema Eisenbahn und spannende Führungen zur Eisenbahngeschichte Stockheims. Eine Attraktion ist das jährlich stattfindende Bahnhoffest mit historischen Bahnfahrten und Livemusik. www.modellbahnhof-stockheim.de

Foto: Kay-Hermann Hörster

Kulturhalle in der ehemaligen Güterhalle

Ortsteil Stockheim, Bahnhofstr. 51

Angrenzend an das Bahnhofsgebäude befindet sich die ehemalige Güterhalle. Heute befindet sich hier die weit über den Wetteraukreis bekannte Kulturhalle. Die privat geführte Kleinkunstbühne präsentiert ein umfangreiches und abwechslungsreiches Programm mit regionalen und überregionalen Künstler*innen. www.kulturhalle-stockheim.de

Foto: Kay-Hermann Hörster

Katholische Kirche St. Judas Thaddäus

Ortsteil Stockheim, Sudetenstr. 3

Der 1927 erbaute Kirchenbau steht in engem Zusammenhang mit dem Eisenbahnstandort Stockheim. In der protestantisch geprägten Wetterau suchten die in der Region verstreut lebenden Katholiken nach einer zentral gelegenen und gut zu erreichenden Kirche. Aus diesem Grund wurde der Standort am günstig gelegenen Eisenbahnknotenpunkt Stockheim gewählt. Der Kirchenbau zeigt, wie sehr sich die Infrastruktur der Eisenbahn auf die sozialen und kulturellen Entwicklungen der Region auswirkte. Die Architektur und die Innenausstattung mit Hochaltar und aufwändiger Deckenmalerei sind eines der wenigen Beispiele für die Sakralkunst des Art Déco.

Hirzenhain

Kein anderer Ort in der Wetterau ist über eine so lange Zeit und so tiefgreifend durch ein einzelnes Unternehmen geprägt worden wie Hirzenhain. Das „Essen der Wetterau“ sozusagen. Zwar wurde hier bereits seit dem 14. Jahrhundert Eisen verarbeitet. Das Fundament für ein weltweit tätiges Unternehmen jedoch legte die Familie Buderus mit dem Bau erster Hochöfen im Jahr 1678. Das seit dieser Zeit gepachtete Eisenwerk wurde 1869 durch die Familie gekauft, in den folgenden Jahrzehnten erheblich ausgebaut und ab den 1880er Jahren zu einem reinen Gießereibetrieb umstrukturiert, der Schwerpunkt lag auf der Produktion von Öfen und Heizkörpern. Ab 1947 etablierte sich der Kunstguss zu einer Spezialität des Standorts. In den 1950er und 1960er Jahren arbeiteten bis zu 2.000 Menschen bei Buderus. 2003 fiel das Unternehmen an den Bosch-Konzern, der die Heiztechniksparte bis heute aber an anderen Standorten weiterführt. Der Kunstguss hingegen wurde 2015 eingestellt. Vom einst florierenden Industriestandort zeugen die noch erhaltenen Fabrik- und Verwaltungsgebäude, Fabrikantenvillen, Miets- und Wohnhäuser. In der ehewmaligen Konsumanstalt für die Angestellten befindet sich heute das Rathaus der Gemeinde.

Foto: Michael Ferger

Große Werkhalle

Buderus-Park 4

Die fünfstöckige Werkhalle wurde 1926 errichtet und bildet nicht nur aufgrund ihrer monumentalen Ausmaße das Zentrum des Buderus-Areals. Vor allem sorgte die im Gebäude eingerichtete neue und hochmoderne Produktionslogistik für einen Wendepunkt in der Firmengeschichte. Das Zusammenführen verschiedener Produktionsbereiche unter einem Dach, die durch Paternosteraufzüge rasch zu erreichen waren, ermöglichte Rationalisierungen und die Umstellung auf eine vollautomatisierte Serienproduktion. Mit der Herstellung von eisernen Öfen und Einsätzen, emaillierten Badewannen und emailliertem Sanitärguss überstand das Werk die Wirtschaftskrisen der Folgejahre. Bis 2011 war die die Bosch Thermotechnik als Nachfolgerin von Buderus am Standort mit 55 Angestellten tätig. Die Halle steht heute, wie der Großteil des übrigen Hüttenwerks leer. Der funktionalistische Bau mit expressionistischen Details gilt für die Zeit seiner Entstehung als bedeutendstes Beispiel gelungener Fabrikarchitektur im Wetteraukreis.

Foto: Michael Ferger

Arbeiterwaschhaus

Nidderstra. 6

Das Arbeiterwaschhaus aus dem Jahr 1913 ist ein gelungenes Beispiel für die Errichtung eines Funktionsbaus mit hohen ästhetischen und repräsentativen Ansprüchen. Buderus stiftete das Waschhaus, um die hygienischen Bedingungen der Arbeiterschaft zu verbessern. Damit kam der Einrichtung die Funktion einer öffentlichen Badeanstalt zu, da um 1900 nur wenige Haushalte über eigene Sanitäranlagen verfügten. Mit zunehmendem Wohlstand und den Verbesserungen der Wohnsituation verlor das Waschhaus seinen Zweck und seine Funktion. 2011 wurde es saniert und dient heute als Geschäftshaus. Das einer Kapelle gleichende Gebäude ist mit seiner Giebelseite, hervorgehobenem Portal und Treppenanlage zur Straße hin ausgerichtet. Die historisierenden und künstlerisch bedeutenden Formen mit Anklängen an den Jugendstil machen das ehemalige Arbeiterwaschhaus zu einem Hingucker im Ortskern.

Foto: Michael Ferger

Lagerhaus

Karl-Birx-Str. 2A

Die große, zweigeschossige Fabrikhalle wurde um 1870 errichtet und diente ursprünglich als Ofenlager. Das Erdgeschoss ist in Ziegelbauweise ausgeführt, die beiden Obergeschosse zeigen ein für die Zeit ungewöhnliches, geometrisches Fachwerk mit durchlaufenden Andreaskreuzen und zackenartigen Fensterabschlüssen. Die Halle repräsentiert die früheste noch erhaltene Fabrikhalle dieser Art und Qualität
n Oberhessen. Im Erdgeschoss der Halle befindet sich heute ein Getränkemarkt.

Foto: Gemeinde Hirzenhain

Mahnmahl

Zwischen Hirzenhain und dem Ortsteil Glashütten

Seit 1991 erinnert zwischen Hirzenhain und dem Ortsteil Glashütten ein Sandsteinkreuz an 87 Opfer des Nationalsozialistischen Regimes. 81 Frauen und 6 Männer waren Gefangene des „Arbeitserziehungslagers“, das die Geheime Staatspolizei auf dem Gelände der Breuer-Werke, einem Tochterunternehmen von Buderus, errichtet hatte. Die Breuer-Werke hatten 1943 ihre Rüstungsindustrie von Frankfurt-Höchst in das vor Luftangriffen sichere Hirzenhain verlegt, wo fast 1.000 Zwangsarbeiter*innen schuften mussten. Mit dem Vorrücken der US-Armee im Frühjahr 1945 war das Schicksal der 87 Gefangenen im Lager besiegelt. Die nach Aktenlage ausgewählten Gefangenen wurden am 26. März 1945 in einem Waldstück erschossen. Das Massengrab wurde wenige Wochen später ausgehoben und die Toten in einer zentralen Grabanlage in Hirzenhain beigesetzt. 1959 erfolgte die Umbettung auf den Kriegsgräberfriedhof in Kloster Arnsburg bei Lich. Das Sandsteinkreuz stammt von der Hirzenhainer Grabanlage und wurde im Frühjahr 1991 als Mahnmal an den Ort der Tat versetzt.

Karben

Foto: König + Neurath AG

König + Neurath AG

Industriestr. 1-3

1925 gegründete Heinrich Neurath einen Betrieb zur Herstellung von Kastenmöbeln, der sich im Laufe der Zeit zu einem der führenden Hersteller von Büromobiliar und Raumlösungen entwickelt hat. Seit dem Eintritt des Schwiegersohns des Firmengründers im Jahr 1930 firmiert das Unternehmen unter dem Namen König + Neurath. In der Nachkriegszeit fanden die Büromöbel von König + Neurath vor allem in Behörden, später auch in Banken, Versicherungen und Industrieunternehmen Verwendung. In den Folgejahren spezialisierte sich das Unternehmen auf die Entwicklung und Fertigung hochwertiger und nachhaltiger Einrichtungslösungen für Gestaltung motivierender Arbeitswelten. Seit nunmehr fast 100 Jahren produziert das familiengeführte Unternehmen ausschließlich am Karbener Stammsitz – Qualität Made in Germany. König + Neurath unterhält sechs Showrooms in Deutschland und ist international in Frankreich, England, Österreich, der Schweiz und den Niederlanden vertreten. www.koenig-neurath.com

Foto: Kay-Hermann Hörster

Selzerbrunnen

Brunnenstr. 1

Der Karbener Selzerbrunnen zählt zu den ältesten deutschen Mineralbrunnen. Über dem Brunnen wurde 1878 das Brunnenhaus zur Abfüllung von Mineralwasser in Glasflaschen errichtet. 1971 übernahm die HassiaGruppe den Selzer Brunnen und das traditionsreiche Gelände, das seit 1996 Sitz der Rapp’s Kelterei ist. Der denkmalgeschützte Brunnensockel aus dem Jahr 1722 wurde im Zuge der Sanierungs- und Umbauarbeiten aufwändig restauriert. Um ihn herum erzählt eine Ausstellung von historischen Krügen, Flaschen, Brunnenabbildungen und Zitaten die 2000-jährige Geschichte des Brunnens. Die „Juice-Factory“ kann als Event Location genutzt werden. www.rapps.de

Foto: Kay-Hermann Hörster
Foto: Kay-Hermann Hörster

Taunusbrunnen

Am Taunusbrunnen

„Angenehm säuerlich, prickelnd, ganz schwach eisenartig“, beurteilte der berühmte Chemiker Remigius Fresenius die Wasserqualität des Taunusbrunnens 1873. Im Jahr zuvor hatte der Kaufmann August Thiemann den Brunnen auf der Kloppenheimer Gemarkung, zwischen Main-Weser-Bahn und Brunnenstraße, erbohren lassen. Der Taunusbrunnen zählte zu den fortschrittlichsten unter den insgesamt vier Brunnen in Karben (neben Selzerbrunnen, Ludwigsbrunnen und Bismarck Quelle). 1964 wurde der Betrieb eingestellt. Von der ehemaligen Anlage sind aus der Entstehungszeit des Brunnens ein Verwaltungs- und Wohngebäude im Landhaustil sowie ein turmartiges Betriebsgebäude erhalten. Aus dem Jahr 1913 stammen ein Trafo- und ein Pförtnerhäuschen sowie eine dreischiffige Halle in Rohziegelmauerwerk. 2018 wurde das Areal zu einem Wohnquartier revitalisiert und die historischen Bestände geschickt integriert.

Foto: Climair Plava Kunststoffe GmbH

Climair Plava Kunststoffe GmbH

Stadtteil Okarben, Am Spitzacker 20/22

1970 gründete der gelernte Kunsstoffschlosser Guido Hommel das Unternehmen „G. Hommel Kunststoffe“ welches 1978 zur heute weltweit bekannten ClimAir PLAVA Kunststoffe GmbH firmierte. Das Unternehmen hat sich auf die Entwicklung und Herstellung von Wind- und Regenabweisern aus Acryglas spezialisiert. Mit über 130 Angestellten in Karbe hat sich das Unternehmen zu einem der führenden Automobilzulieferer in der Wetterau entwickelt. www.climar.de

Münzenberg

Foto: Wetterauer Früchtchen GmbH & Co. KG

Wetterauer Früchtchen GmbH & Co. KG

Altstädter Feld 1

Die Wetterau zählt zu den ältesten Kulturlandschaften Europas. In der „Kornkammer Hessens“ fährt die moderne Landwirtschaft Spitzenerträge in Weizen und Zuckerrüben ein. Die Wetterauer Früchtchen GmbH & Co. KG gehört zu den traditionsreichen und überregional bedeutenden Landwirtschaftsbetrieben. Der Familienbetrieb wurde 1964 begründet und hat sich mittlerweile auf den Anbau von Erdbeeren, Spargel, Kirschen, Äpfeln und Himbeeren spezialisiert. Für die Bewirtschaftung der Fläche von 50 Hektar wird eine moderne und Ressourcen schonende Technologie eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise die Nutzung eines Regenwasserspeichers mit 5 Millionen Litern Fassungsvermögen oder die Nutzung der Abwärme einer benachbarten Biogasanlage. Der Verkauf der Produkte erfolgt in regionalen Geschäften aber auch im eigenen Hofladen. www.wetterauer-fruechtchen.de

Nidda

Foto: Bildarchiv Niddaer Heimatmuseum
Foto: Kay-Hermann Hörster

Heimatmuseum

Raun 1

In der umfangreichen Dauerausstellung zur Stadtgeschichte nimmt die Industrie- und Wirtschaftsgeschichte eine besondere Stellung ein. Zu den Highlights gehört eine nahezu vollständig eingerichtete Druckerei mit historischen Maschinen und Werkzeugen aus der 1842 gegründeten Cloos’schen Akzidenzdruckerei. Eine eigene Abteilung ist der 1868 gegründeten Möbelfabrik C. Ringshausen gewidmet, die in ihrer fast 100jährigen Firmengeschichte Möbel und Radiogehäuse nach eigenen Entwürfen herstellte. Zu den prominentesten Kunden zählte die berühmte Industriellenfamilie Hoesch aus dem Ruhrgebiet. Eine Dokumentation und ein Modell zur Wasser- und Stangenkunst erläutert die Energieübertragung und Soleförderung im nahen Bad Salzhausen. www.museum-nidda.de

Foto: Kay-Hermann Hörster
Foto: Kay-Hermann Hörster

Steinbruch Michelnau

Stadttel Michelnau

Der „Michelnauer Tuff“ entstand vor etwa 17 Millionen Jahren zur aktiven Zeit des größten Vulkangebiets Mitteleuropas, dem Vogelsberg. Auf dem Wingertsberg bei Nidda erhebt sich das aus Vulkanasche bestehende Gestein mit der auffallend roten Färbung auf die imposante Höhe von 14 Metern. In Struktur und Farbe findet sich ein ähnliches Gestein nur auf den Osterinseln. Der weiche aber extrem hitzebeständige Stein wurde im Fassadenbau, im Kunsthandwerk und für das Auskleiden von Backöfen verwendet. Seit der Stilllegung Mitte der 1990er Jahre ist der Steinbruch ein wertvolles Bio- und Geotop. An den einstigen Tagebau erinnern imposante Einschnitte in den Felswänden sowie historische Gebäude und Maschinen. Der Steinbruch kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. www.steinbruch-michelnau.de

Bild: Bildarchiv Niddaer Heimatmuseum

Exkurs - Papierindustrie

Stadtteile Ober- und Unter-Schmitten, Eichelsdorf

Die Niddaer Papierindustrie geht auf mittelalterliche Waldschmieden zurück, in denen Brauneisen zu Eisen verhüttet wurde. Nachdem 1632 das Erz erschöpft war, nutzte man die Wasserkraft der Nidda, um anstelle der Eisenschmieden Papiermühlen zu errichten. Bis zum 19. Jahrhundert entwickelte sich Ober-Schmitten zu einem Zentrum der Papierindustrie. Die größten Papierfabriken wurden von den Familien Staffel und Moufang betrieben. Die 1828 gegründete „Spezialpapierfabrik Ober-Schmitten“ wurde 2014 durch den amerikanischen Papierhersteller Glatfelter übernommen, der nach wie vor in Nidda produziert.

Foto: Kur- und Tourist Info Bad Salzhausen

Salinen- und Kurbetrieb Bad Salzhausen

Stadtteil Bad Salzhausen

Der heutige Stadtteil Salzhausen war vermutlich bereits in keltischer Zeit ein Ort der Salzgewinnung. Bis zur Errichtung eines Gradierwerks um 1600 blieb der Soleertrag jedoch sehr gering. In einem Gradierwerk wird das solehaltige Wasser über Schwarzdornreissig geleitet, um durch natürliche Verdunstung den Salzgehalt der Sole zu erhöhen. Johann Wilhelm Langsdorf entwickelte zwischen 1776 und 1786 eine ausgeklügelte Salinentechnik („Wasserkunst“): Wasserkraft und Windräder wurden genutzt, um die Solepumpen anzutreiben. Das Wasser der Nidda wurde durch eine 2 Kilometer lange Rohrleitung über den Berg in Teiche geleitet und setzte ein komplexes Gestänge in Gang, welches die Solepumpen antrieb. Reste der Anlage sind im Kurpark zu finden. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wandelte sich Salzhausen vom Salzsiedeort zum staatlichen Kurbad. Über die gesundheitliche Wirkung der Sole, schrieb der Chemiker Justus von Liebig 1825, könne man „nicht den mindesten Zweifel hegen“. Mit dem Anschluss an die Bahnstrecke Friedberg-Nidda 1897 erlangte der Kurort einen Aufschwung. Heute ist der Kurpark wegen seines seltenen Pflanzen- und Baumbestands sowie einer integrierten Skulpturenausstellung eine besondere denkmalgeschützte Gesamtanlage. Die Parkanlagen in Nidda-Bad Salzhausen werden das Herzstück der Hessischen Landesgartenschau 2027 bilden, zu der sich die die elf oberhessischen Kommunen Büdingen, Echzell, Gedern, Glauburg, Hirzenhain, Kefenrod, Limeshain, Nidda, Ortenberg, Ranstadt und Schotten zusammengeschlossen haben. www.bad-salzhausen.de

Niddatal

Foto: Kay-Hermann Hörster

Niddabrücke Assenheim

Ortsteil Assenheim

Das 300 Meter lange Viadukt ist die längste Eisenbahnbrücke in Hessen außerhalb der Neubaustrecken. Bereits 1881 war an dieser Stelle eine Brücke errichtet worden, um das Niddatal südöstlich Assenheims für die Verbindung zwischen Friedberg und Heldenbergen überqueren zu können. Nachdem die ursprüngliche Brücke den Belastungen nicht mehr standhielt, wurde sie 1929 durch die heute unter Denkmalschutz stehende Brücke ersetzt. Auf fünf Sandsteinpfeilern ruhen insgesamt sechs Stahlfachwerk-Elemente mit einer Gesamthöhe von 23 Metern.

Foto: Kay-Hermann Hörster

Stadtmühle Assenheim

Mühlenstraße 9–11

Mit 45 Meter Höhe ist das Mühlsilo ein Wahrzeichen des Ortes und der Wetterau geworden. Bereits 1294 wurde die Mühle erstmals erwähnt. An den unterschiedlichen Baustilen ist der Wandel von der Wassermühle zur industriellen Walzmühle eindrucksvoll abzulesen. Um die Wasserkraft effektiv nutzen zu können, musste die Nidda gestaut und umgeleitet werden. Erst als die Wasserkraft nicht mehr ausreichte, wurde 1909 zur Unterstützung eine Dampfmaschine eingesetzt. Ihre Blütezeit erfuhr die Mühle in den 1950er Jahren. Während dieser Zeit beschäftigte die Walzenmühle Assenheim AG 100 Menschen, die bis zu 80 Tonnen Getreide in 24 Stunden vermahlen konnten. Zu den Großkunden gehörten der Kindernahrungshersteller Milupa und die Zwiebackfabriken in Friedrichsdorf. Der Mühlbetrieb wurde 1972 eingestellt, das ganz früh in Gleitschalungstechnik errichtete Silo wird bis heute als Getreidelager genutzt.

Ortenberg

Foto: OVAG-Archiv

Nidderkraftwerk Lißberg

Stadtteil Lißberg, Neudorfweg

Seit fast einhundert Jahren erzeugt das Nidderkraftwerk Strom aus Wasserkraft. Ab 1921 wurde es durch das „Überlandwerk der Provinz Oberhessen“ errichtet, seit 1923 ist es in Betrieb. Heute ist es im Besitz der Oberhessischen Versorgungsgesellschaft (OVAG) und wird von dieser auch betrieben. Neben dem imposanten Maschinenhaus gehören auch der Stausee in Hirzenhain, der Hillersbachstausee und der große Druckausgleichsbehälter, das sogenannte „Wasserschloss“, zum Kraftwerk. Für den Antrieb der Turbinen wird Wasser aus dem Hillersbach und der Nidder gestaut und durch ein kilometerlanges Röhrensystem zum Kraftwerk geleitet. Nach wie vor sind die 1921 erbauten Turbinen in Betrieb und erzeugen jährlich durchschnittlich rund 3 Millionen Kilowattstunden Strom. Dies entspricht dem Jahresbedarf von rund 900 Haushalten. Das Kraftwerk kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden. www.ovag-gruppe.de

Foto: Energiedorf Bergheim

Energiedorf Bergheim

Stadtteil Bergheim

Seit 2009 hat sich der Stadtteil Bergheim der nachhaltigen Energiegewinnung verschrieben. Das bereits mehrfach prämierte Energiedorf verfügt über ein eigenständiges Nahwärmenetz, das mittlerweile 120 Häuser mit Warmwasser und Heizung versorgt. Die beteiligten Haushalte sind in einer Genossenschaft organisiert. Die Wärmeenergie liefert ein Holzhackschnitzelheizwerk. Der dafür benötigte Rohstoff, das Holz, wird aus Durchforstungs- und Landschaftspflegemaßnahmen aus einheimischer, naturgemäßer und nachhaltiger Forstwirtschaft gewonnen. Seit 2020 übernimmt eine Solarthermieanlage den vollständigen Sommerbetrieb. www.energiedorf-bergheim.de

Foto: Stadt Ortenberg

Steinbruch am Gaulsberg

Zwischen Ortenberg und Eckartsborn

Der Steinbruch am Gaulsberg diente fast einhundert Jahre lang dem Abbau von Basalt, der als Pflaster vor allem im Straßenbau Verwendung fand. Die einstigen Abbauspuren auf sieben Sohlen sind noch gut zu erkennen. Der Steinbruch wurde 2009 stillgelegt. Heute stellt der ehemalige Steinbruch ein außergewöhnliches Geotop dar, das die Stadt Ortenberg erhalten möchte. Die Flächen um das Tagebauloch sollen zukünftig touristisch erschlossen werden. Der Steinbruch liegt direkt am Vulkanradweg. Das individuelle Betreten des Geländes ist nicht gestattet. www.ortenberg.net

Ranstadt

Foto: Kay-Hermann Hörster

Exkurs - Ziegeleistandort Ober-Mockstadt

In Ober-Mockstadt entwickelte sich seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein umfassendes Ziegeleiwesen. Von fünf nachweisbaren Ziegeleien produzierte die Ziegelei Spamer noch bis in die 1950er Jahre hinein Tonziegel. Nach dem Abriss dieser letzten Ziegelei errichtete die Gemeinde 1978 an deren Stelle das Bürgerhaus. Bis heute finden sich im Ort vereinzelte Spuren des Tonabbaus. Die weithin bekannten tönernen Reiterfiguren auf zahlreichen Häusern des Ortes erinnern an die Arbeiter der Ziegeleien, welche die Figuren im Nebenerwerb herstellten.

Reichelsheim

Foto: Flugplatz Reichelsheim/Wetterau GmbH & Co. KG

Flugplatz Reichelsheim

Flugplatz 1

Bereits 1936 wurde in der Horloffaue zwischen Reichelsheim und Florstadt ein militärischer Flugübungsplatz errichtet. Dessen Gebäude dienten nach dem Zweiten Weltkrieg zeitweise als Unterkunft für Geflüchtete, bis sie schließlich 1952 abgerissen wurden. 1962 entstand weiter südlich der heutige Flugplatz mit zwei Start- und Landebahnen, einem Flugleitungsgebäude, Restaurant und Dachterrasse. Werften, Flugschulen, Luftfahrtunternehmen und ein Luftsportverein schlossen sich an. Der Flugplatz ist für Flugzeuge und Hubschrauber bis 8,0 t. Abfluggewicht, Ultraleichtflugzeuge und Luftschiffe sowie Heißluftballons zugelassen und wird von der Flugplatz Reichelsheim- Wetterau GmbH & Co. KG betrieben. Für den gewerblichen und privaten Flugverkehr stellt der Flugplatz eine wichtige Ausweichmöglichkeit zum Flughafen Frankfurt Main dar. Darüber hinaus ist er Basis des Luftrettungszentrums Hessen sowie des Intensivtransporthubschraubers „Christoph Mittelhessen“ der Johanniter-Unfall-Hilfe. Eine Besonderheit stellt das durch die Horloff zweigeteilte Gelände dar. Um auf das Rollfeld zu gelangen, müssen die Flugzeuge eine von zwei Brücken überqueren. www.edfb-reichelsheim.de

Foto: Kay-Hermann Hörster

Freilichtausstellung Bergbau

Stadtteil Weckesheim, Reichelsheimer Straße

Die Freilichtausstellung direkt am Ortsdurchgang (L3186) bietet Bergbaugeschichte zum Anfassen. Kernstück ist die Krupp E-Lok Nr. 3, eine Lokomotive des so genannten „Kohlebähnchens“, die zusammen mit einem ausgestellten Sattelbodenwagen den Transport der Kohle zum Wölfersheimer Kraftwerk veranschaulicht ( S. 40). Zu den schwergewichtigen Ausstellungsstücken gehören auch drei große Schaufelradeimer mit einem Fassungsvermögen von bis zu 350 Litern sowie weitere technische Geräte zum Abbau und Transport der Kohle. Ergänzt wird die Schau durch eine Bergbau-Ausstellung im Foyer des Bürgerhauses Weckesheim.

Foto: Stadt Reichelsheim

Teufelsee und Pfaffensee

Zwischen Reichelsheim-Weckesheim und Echzell

Die beiden Tagebaurestseen waren einst die ergiebigsten Abbaustellen des Wetterauer Braunkohlebergbaus. Bis 1989 wurden hier für den Betrieb des Wölfersheimer Kraftwerks insgesamt 18 Millionen Kubikmeter Kohle gefördert. Nachdem die Pumpen zur Trockenlegung der Gruben abgestellt wurden, füllten sich die Restlöcher mit Grundwasser und bildeten zwei Seen. Es entstand ein artenreicher Naturraum, der seit 1998 unter Naturschutz steht. Das Gebiet ist nicht zugänglich. Drei überdachte Plattformen bieten einen beeindruckenden Überblick.

Rosbach v. d. Höhe

Bild: Kay-Hermann Hörster

Exkurs - Manganerzabbau

Ortsteil Ober-Rosbach

Von 1848 bis 1925 wurde in der Grube „Rosbach“ etwa 1 Million Tonnen Erz abgebaut. Ab 1899 wurde die Grube von der Eisenund Manganerz-Gewerkschaft Ober-Rosbach betrieben. Ein 1902 verlegter Gleisanschluss zum Bahnhof Rosbach erleichterte den Transport des abgebauten Erzes. Die Grube war mit 100 Schächten die zweitgrößte Manganerzgrube Deutschlands. 1906 erwarb die englische Ober- Rosbach Mining Company die Grube, die 1920 von Buderus übernommen wurde. In ihrer Blütezeit bis zum Ersten Weltkrieg arbeiteten 200 Menschen im Rosbacher Bergbau, der 1924 mangels Wirtschaftlichkeit eingestellt wurde.

Wölfersheim

Fast 200 Jahre lang war Wölfersheim das Zentrum des Wetterauer Bergbaureviers. Seit 1804 wurde hier Braunkohle abgebaut, zuerst im Tiefbau und ab 1962 im Tagebau. Aus der Kohle wurden Heizbriketts, Benzin und Teer gewonnen. Darüber hinaus wurde in Wölfersheim fast achtzig Jahre lang elektrischer Strom erzeugt, sodass der Ort zum bedeutendsten Energielieferanten in der Region wurde. 1913 errichtete das Großherzogtum Hessen ein Kohlekraftwerk, das 1927 durch die Braunkohlen-Schwel- Kraftwerk Hessen-Frankfurt AG (HEFRAG) zu einem Kraft- und Schwelwerk umgebaut wurde. Das Kraftwerk lieferte Strom, das Schwelwerk erzeugte Produkte für die chemische Industrie. 1954 ersetzte die Preussen- Elektra das Werk durch ein neues Blockheizkraftwerk, das 1962 um einen weiteren Block erweitert wurde. In Spitzenzeiten leistete das Wölfersheimer Kohlekraftwerk rund 124 Megawatt Strom bei einem jährlichen Verbrauch von 800.000 Tonnen Braunkohle. Damit konnten 250.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. In den 1980er Jahren waren die gewinnbringenden Kohlevorhaben erschöpft, das Kraftwerk wurde unrentabel und 1991 stillgelegt. 1996 erfolgte der Abriss. Für Wölfersheim endete damit keineswegs die Geschichte der Energieerzeugung: An der Stelle des ehemaligen Kraftwerks befindet sich seit 2012 einer der größten Solarparks Hessens.

Informationen zu allen Objekten finden sich auf der Website der Gemeinde www.woelfersheim.de oder der Gemeindeapp unter https://woelfersheim.gemeindeapp.de

Foto: Kay-Hermann Hörster

Energiemuseum

Seestr. 11

Das Museum in Bahnhofsnähe präsentiert die Geschichte des Bergbaus und der Energiegewinnung. Bereits vor dem Museumsgebäude sind zwei Lokomotiven mit Aschewagen der ehemaligen
elektrischen Grubenbahn zu bestaunen. Eine authentische Vorstellung von der Arbeit unter Tage vermittelt ein 12 Meter langer, rekonstruierter Stollen, der mit originalem Grubenholz errichtet wurde. Zahlreiche historische Objekte veranschaulichen die Arbeitswelt der Bergleute und ein großes Modell erklärt die Arbeit des Kraftwerks. Eine Abteilung widmet sich dem Thema erneuerbarer Energien. Das größte Museumsobjekt jedoch bildet das Museumsgebäude selbst. Das Umspannwerk der Oberhessischen Versorgungsbetriebe (OVAG) stammt aus den 1920er Jahren. Die Architektur des schlichten Ziegelbaus steht für die klare und moderne Formensprache seiner Entstehungszeit.

Foto: Regionalverband FrankfurtRheinMain

Solarpark

Vor 30 Jahren rauchten hier noch die Schlote des Kohlekraftwerks, heute befindet sich hier einer der größten Solarparks Hessens. Die 2012 errichtete Photovoltaikanlage hat eine Fläche von 10 Hektar und umfasst rund 22.000 Solarmodule. Sie erbringt eine Leistung von 5,3 Megawatt und kann damit fast 1.500 Haushalte mit Strom versorgen. Der Solarpark wird von der Gemeinde Wölfersheim und der Oberhessischen Versorgungsgesellschaft (OVAG) betrieben. Die Erweiterung des Parks wird derzeit geplant.

Foto: Regionalverband FrankfurtRheinMain

Wölfersheimer See mit Rundwegen

Wölfersheimer See

Der Wölfersheimer See ist mit über 40 Hektar der größte See der Wetterau. Zwischen 1927 und 1943 wurden an dieser Stelle 3 Millionen Tonnen Braunkohle in einer Tiefe von bis zu 50 Metern abgebaut. Nach der Stilllegung füllte sich das Abbauareal mit Grundwasser und ließ einen See entstehen, der ab 1953 als Kühlbecken für das Kohlekraftwerk genutzt wurde. Heute ist der See ein wertvolles Biotop und beliebtes Naherholungsgebiet. Zwei Themenrundwege um den See laden zur Erkundung ein: Der historische Rundweg präsentiert mit illustrierten Infotafeln die Geschichte des Bergbaus und der Kraftwerke. Der drei Kilometer lange Klima-Energie-Rundweg informiert über erneuerbare Energie, Energieeffizienz und Klimaschutz.

Foto: Kay-Hermann Hörster

Arbeitersiedlung

Heyenheimer Weg

Auf halber Strecke zwischen dem Energiemuseum und dem Solarpark, befindet sich die Arbeitersiedlung im Heyenheimer Weg. Die Siedlung wurde 1927 von der HEFRAG errichtet. Die kleinen Reihenhäuser fallen durch ihre „Zollingerdächer“ auf. Diese charakteristische Dachform ermöglichte es, unter Einsparung von Baumaterial eine größtmögliche Gewinnung von Raum im Obergeschoss zu erhalten. Inmitten der Siedlung steht das ehemalige Verwaltungsgebäude. Der markante Backsteinbau wird heute als Café und Kulturzentrum genutzt. Die Siedlung ist in Teilen erhalten geblieben.

Wöllstadt

Foto: Kay-Hermann Hörster

Wasserturm

Ortsteil Nieder-Wöllstadt, Wartweg 6

Inmitten des dörflich geprägten Ortes erhebt sich der 20 Meter hohe, achteckige Wasserturm als ein Wahrzeichen des Technikzeitalters. Das achteckige Gebäude aus Stahlbeton wurde in den 1920er Jahren errichtet und diente ursprünglich der Wasserversorgung des nahegelegenen Bahnbetriebs. Für einen technischen Zweckbau erhebt die Gestaltung einen hohen ästhetischen Anspruch. Die untere Zone kennzeichnen zurückgenommene Wandflächen und differenzierte Pfeiler, im oberen Abschluss findet sich zu jeder der acht Seiten hin ein rundes Fenster. Nach der Jahrtausendwende wurde der Wasserturm umgebaut und dient heute als privates Wohngebäude.

Tagebau bei Wölfersheim, Bild: Gemeinde Wölfersheim
Wetterauer Tagebau in den 1980er Jahren, Foto: Alexander Hitz
Tagebaurestsee bei Reichelsheim, Foto: Alexander Hitz

Wetterauer Revier

Wenn vom „Bergbaurevier“ die Rede ist, erscheint vor dem inneren Auge gewöhnlich das Ruhrgebiet: riesige Zechenanlagen, rauchende Schlote und stählerne Fördergerüste inmitten der Landschaft. Mit der „goldene Wetterau“ mag sich dieses Bild nicht einstellen und dennoch wurde auch hier intensiv Berg- und Tagebau betrieben. In der Gegend um Wölfersheim, Reichelsheim und Echzell wurde fast 200 Jahre lang Braunkohle abgebaut. Der Abbau erfolgte vorerst überwiegend untertage und ab 1962 ausschließlich im Tagebau. Mit riesigen, 500 Tonnen schweren Schaufelrad- und Eimerkettenbagger wurde die Kohle aus bis zu 50 Meter tiefen Gruben zutage gefördert – eine Mondlandschaft entstand. Insgesamt wurden 70 Millionen Tonnen auf einer Gesamtfläche von 1.257 Hektar (ca. 1.750 Fußballfelder) abgebaut. Im Herbst 1991 wurde der Tagebau stillgelegt und die Brachflächen für die Landwirtschaft und als Naturraum rekultiviert. Noch heute erinnern in Wölfersheim und Reichelsheim zahlreiche Spuren an die Zeit des Bergbaus.
Im Zuge der Renaturierung entstand die Wetterauer Seenplatte mit 14 Seen. Die so genannten „Tagebaurestseen“ entstanden, nachdem sich die stillgelegten Gruben mit Grundwasser füllten. Sie dienen heute der Naherholung und dem Naturschutz und prägen seit über 30 Jahren die Landschaft zwischen dem Vogelsberg und dem Taunus. In geringerem Umfang wurden in der Wetterau auch Eisen und andere Erze abgebaut. In Butzbach und Rosbach vor der Höhe wurde beispielsweise das für die Verarbeitung von Stahl benötigte Manganerz abgebaut. Prägend für die Landschaft und die Wirtschaft waren auch die zahlreichen Steinbrüche etwa in Büdingen und Ortenberg, in denen Material für den Straßen- und Gebäudebau gebrochen wurde. Der ehemalige Steinbruch in Nidda Michelnau ist heute ein einmaliger Erlebnisort. Nach wie vor werden in Butzbach, Nidda, Ortenberg und Rockenberg Steinbrüche genutzt. Über die Zeit des Bergbaus und die Verarbeitung von Kohle, Erz und Stein erinnern sich noch wenige Menschen. Ihre Berichte
und Erlebnisse in den Gruben und Steinbrüchen sowie an den Hochöfen und in den Gießereien werden in den Museen der Region bewahrt und erzählt.

Bilder zu Lokaler Routenführer Wetteraukreis