Lokaler Routenführer Hessischer Unterer Main

Hochheim am Main, Flörsheim am Main, Raunheim und Kelsterbach

Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Texte: Prof. DW. Dreysse in Abstimmung mit Main-Taunus-Kreis, Stadt Raunheim, Stadt Flörsheim, Stadt Hochheim, Stadt Kelsterbach und den Unternehmen

Letzte Redaktion: Main-Taunus-Kreis, Stadt Raunheim, Stadt Flörsheim, Stadt Hochheim, Stadt Kelsterbach

Foto: Stadt Raunheim

Industriegeschichte am unteren Hessischen Main

Zwischen den großen Industriezentren Mainz, Rüssels-heim und Höchst fand in den übrigen Orten am unteren Mainlauf eine nur bescheidene Industrialisierung statt. Sie ging aus zwei traditionellen, die natürlichen Ressourcen nutzenden Branchen hervor: Erstens aus dem inzwischen stillgelegten Abbau und der Verarbeitung von Tonen und Kalkstein (Fayencen und Steingut aus Flörsheim und Kelsterbach sowie Kalk ebenfalls aus Flörsheim). Zweitens die Herstellung von Nahrungs- und Genussmitteln (Wein, Sekt und Süßwaren aus Hochheim, Konserven aus Raunheim und Schokoladen aus Hattersheim). Der Bau der rechts- und linksmainischen Eisenbahnen (1840 und 1862) gab den Anstoß zur Ansiedlung weiterer Fabriken, insbesondere der chemischen Industrie (Kelsterbach, Raunheim) und von Zulieferbetrieben. Heute werden Kelsterbach und Raunheim von Logistik- und Technologieunternehmen geprägt, die mit dem Flughafen zusammenarbeiten. Eine Ausweitung dieser Aktivitäten wird in den kommenden Jahren auf dem Gelände der ehemaligen Großraffinerie Caltex stattfinden, das zu beiden Kommunen gehört.

Hochheim am Main

Foto: Stadt Hochheim

Wasserturm Hochheim am Main

Die gelbe Backsteinfassade wird durch rote Sandsteinelemente verziert. Ebenfalls aus Sandstein hergestellt wurde das neoklassizistisch gestaltete Eingangsportal. 1982 wurde der sich nach oben verjüngende runde Wasserturm zu einem Café umgebaut.

Foto: Wikimedia

Alter Wasserturm Hochheim am Main

Die Burgenromantik des Mittelrheins beeinflußte die bizarre Neoromantik des für die Sektkellerei Burgeff & Co. AG 1890 erbauten Wasserturms, aus Backstein mit Sandsteingliedern. Mit einem Behälter von nur 15 cbm Inhalt wurde dieser 1920 bereits stillgelegt. Er besteht aus einem kubischen, zweigeschossigen Sockelbau mit Außentreppe sowie einem Teil mit rundem Grundriss und Innentreppe. Architektonische Merkmale des Turms sind Drillingsfenster im Sockelbereich, Rundbogenfenster (teilweise mit Balkonaustritt) und der Zinnenkranz als oberer Dachrandabschluss. Zur ursprünglichen Konzeption gehört der angrenzende Park mit altem Baumbestand. Der Wasserturm gehört heute der Antoniushaus GmbH. An das Erdgeschoss wurde ca. 1995 ein gläserner Ausstellungsraum nach Plänen des Architekten Kurt Jäger angebaut.

Foto: Wikimedia

Burgeff-Kellerei

Hochheim war im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Zentrum der Sektproduktion. Die Industrialisierung in Hochheim begann 1832 mit den Sektherstellversuchen des Ignatz Schweighardt. Daraus entwickelte sich 1837 die erste und damit älteste rheinische Sektkellerei „Burgeff“, die noch heute für die Stadt von großer Bedeutung ist. Das zweigeschossige, siebenachsige neoklassizistische Verwaltungsgebäude der Burgeff- Kellerei aus dem Jahre 1887 weist eine mit zahlreichen Verzierungen wie Gesimsbänder und Sandsteingewände ausgestattete Backsteinfassade auf. Das Gebäude erhielt 1935 im Mittelteil eine neue Eingangshalle. In dieser befinden sich heroisierende Sandsteinreliefs von C. Hoffman aus Mainz. Es schließt sich ein U-förmiges Kellerei-Gebäude an, in dessen Innenhof eine Bogenhalle in einer besonders grazilen Skelettkonstruktion mit gusseisernen Stützen errichtet wurde. Die großen, doppelstöckigen Keller wurden 2006 renoviert. Dort stehen noch einige der alten Weinfässer aus der Gründungszeit mit Schnitzereien und historischen Szenen. Im Jahr 2006 erwarb das renommierte Weingut Künstler die Gebäude. Nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen (Architekturbüro Weyrich) an dem denkmalgeschützten Gebäude erstrahlt es im neuen Glanz. Nun vereinen sich neoklassizistische Elemente mit moderner Architektur. Dies bescherte dem Weingut Künstler mit seiner Vinothek eine Auszeichnung im Rahmen des Architekturpreises Wein 2007 der Architektenkammer Rheinland Pfalz. Im renovierten Refektorium finden über das Jahr verteilt verschiedenste Veranstaltungen und Feste statt. Dieses kann auch privat gemietet werden. Schräg gegenüber der Kellerei, direkt an der Straße gelegen befindet sich das ehemalige Wohnhaus der Familie Burgeff (Geheimrat-Hummel-Platz 4). Dieses wurde als langgestreckter, zweigeschossiger Putzbau um 1875 im spätklassizistischem Stil errichtet, und befindet sich heute im Privatbesitz.

Foto: Stadt Hochheim

Ehemalige Sektkellerei Graeger

Die Kellereigebäude aus gelbem Klinker befinden sich im Hof und dienten der Produktion und dem Versand. Hof und Kellereigebäude dienen heute dem Verkauf und festlichen Veranstaltungen.

Foto: Stadt Hochheim

Ehemaliges Elektrizitätswerk

Das Elektrizitätswerk wurde 1904 in Form einer repräsentativen Villa errichtet. Das Gebäude wird im hinteren Teil von einem Turm überragt, indem sich der Transformator befunden hatte.

Foto: wikimedia

Ehemalige Sektkellerei

Das Ensemble weist eine typische, romantisch historisierende Anlage auf mit städtebaulicher Bedeutung zwischen der seit 1840 entstehenden Siedlung an der Bahn und der Altstadt. Es ist als ehemalige Sektkellerei mit repräsentativen Wohntrakt für die Stadt Hochheim von ortsgeschichtlicher Bedeutung. Die beiden straßenseitig gelegenen, unsymmetrischen Gebäude wurden 1893 gebaut und sind über ein repräsentatives Eingangstor miteinander verbunden. Über dem Tor befindet sich ein Blendgibel mit einer bekrönenden Madonnenfigur. Reich verzierte rote Backsteinfassade mit gelben Sandsteinelementen: Gewände, Zinnen, und Treppengiebeln an den Wohnbauten prägen die Anlage. Das Anwesen beherbergt heute Wohnungen und gewerblich genutzte Räume.

Foto: Stadt Hochheim

Bahnhof Hochheim am Main

Das aus der Bauzeit der Taunuseisenbahn (1839) stammende Bahnhofsgebäude ist annähernd baugleich mit denen anderer Stationen: rechtwinkliger, zweigeschossiger Kubus mit Satteldach.

Foto: Stadt Hochheim

SuCrest

An prominenter Stelle zwischen Eisenbahn, Autobahn und Main liegt diese eigenwillig gestaltete Fabrik die jährlich über 22.000 Tonnen unterschiedlicher Produkte für die Nahrungsmittelindustrie herstellt. SuCrest wurde 1915 gegründet und der Betrieb wurde 1974 nach Hochheim verlagert. Es werden zum Beispiel Fettglasuren, Cremes, Pasten und Karamellprodukte für die Eiscreme-, Schokoladen-, Dauerbackwaren- und Süßwarenindustrie erzeugt. Die äußere Gestalt wird durch die dominante Farbe in der Fassade und von aneinander gereihten Sheddächern geprägt – sie überdecken die einzelnen Produktionsbereiche. Der Betrieb hat seit langer Zeit eine eigene biologische Abwasseranlage und einen Abluft-Biowäscher.

Flörsheim am Main

Foto: Stadt Flörsheim

Biomassekraftwerk und Biologische Bodenreinigungsanlage Wicker / Rhein-Main Deponie GmbH

Mit der Verbrennung von Altholz der Kategorien A I bis A III wird im Biomassekraftwerk Wicker auf klimaverträgliche Art und Weise Strom erzeugt. Die Gesamtanlage wurde 2001 – 2004 nach den Plänen der Architekten Jourdan + Müller fertiggestellt. Pro Jahr können ca. 35.000 Haushalte mit Strom versorgt werden. Durch die Verbrennung von Altholz wird lediglich das CO2 freigesetzt, welches die Bäume beim Wachstum der Atmosphäre entzogen haben. Das von den hochauskragenden Stützen abgehängte Dach der Bodenreinigungsanlage besteht aus einer Reihung von Zeltdächern aus farbigen Kunststoffplanen. Mit Schadstoffen belastete Böden werden hier abgereichert. Kohlenwasserstoffe können z. B. mit biologischen Verfahren auf einen geringen Belastungsgrad gebracht werden. Die Gesamtanlage stellt eine gut gestaltete moderne Industrieanlage dar.

Foto: Stadt Flörsheim

Straßenmühle

Die Straßenmühle in Wicker ist eine von insgesamt sieben Mühlen, die entlang des Wickerbachs bestanden. Zusammen mit den heute noch vorhandenen Gebäuden der Weidenmühle, der Wiesenmühle und der so genannten „Traisermühle“ sind sie Zeugnis einer vorindustriellen, mechanisierten Produktionsweise. In der Straßenmühle ist heutzutage ein Weinbaubetrieb ansässig.

Foto: Stadt Flörsheim

Ehemaliger Dyckerhoff Steinbruch

In einer der wenigen Kalksteinadern des Rhein Main Gebietes, westlich von Flörsheim, wurde bereits seit der Römerzeit Kalkstein abgebaut, um Kalk herzustellen. Hiervon zeugen unter anderem historische, aus Bruchsteinen und Ziegeln gemauerte Kalkbrennöfen aus dem 18. Jahrhundert, die im Zuge der Verwirklichung des Regionalparks zugänglich gemacht wurden. Eine Dachkonstruktion aus Stahl und Glas schützt das Denkmal, ein Stahlsteg über den ehemaligen Öfen ermöglicht interessante Einblicke (Architekten Hytrek, Thomas, Weyell + Weyell). Weiter Richtung Norden führte eine nicht mehr erhaltene Gleistrasse zur Verladestation des Steinbruchs, wo der Kalkstein über ein Förderband nach oben transportiert, in Eisenbahnwaggons verladen und zur Zementherstellung ins Werk Dyckerhoff nach Wiesbaden-Amöneburg verschickt wurde. Der ehemalige Steinbruch hat sich mit Grundwasser zum so genannten „Dyckerhoff-See“ aufgefüllt, die ehemals karge Landschaft hat sich rekultiviert, so dass Flora, Fauna und die Farbe des klaren Wassers beim Besucher einen ganz besonderen Eindruck hinterlassen.

Foto: Stadt Flörsheim

Werkssiedlung Falkenberg

Mit der Gründung und Ansiedlung der Keramischen Werke entstand ab 1920 die Arbeitersiedlung am Falkenberg. Heute leben ca. 750 Einwohner in der Siedlung.

Foto: Stadt Flörsheim

Ehemalige Keramag

Gegründet wurde die Keramische Werke AG im Jahr 1917 mit der Übernahme einer englischen Feuertonfabrik. Es wurden damals bereits sanitäres Steingut, Feuerton und andere keramische Erzeugnisse hergestellt. Später wurde die Firma in „Keramag“ umbenannt. Sie hatte noch bis in die 90er Jahre des 20. Jahrhunderts am Standort Flörsheim ihre Produktion. Ungenutzte und leerstehende Gebäude wurden zum Teil abgebrochen, um Platz für einen Gewerbepark zu schaffen. Das ehemalige Verwaltungsgebäude wurde umgenutzt. Von den historischen Fabrikhallen sticht eine etwa 200 Meter lange Halle hervor. Sie überzeugt durch eine sichtbare Stahlbetonkonstruktion, die im Bogenbereich des Tonnendaches mit Ziegeln ausgemauert und ansonsten großflächig verglast ist.

Foto: Stadt Flörsheim

Ehemalige Fayence Fabrik

Das Gebäude in der Untermainstraße ist das letzte vorhandene Wohn- und Arbeitshaus der Flörsheimer Fayence Fabrik, die 1765 von Georg Ludwig Müller auf Betreiben der Mainzer Karthäuser gegründet wurde. Die drei „F“ der Manufakturmarke sind heute noch im Wappen der Stadt Flörsheim am Main zu finden. Zu den typischen frühen Produkten gehören bemalte Krüge mit Zinndeckel sowie bemaltes Tafelgeschirr. Die Fassade des zweigeschossigen, zehnachsigen Barockbaus mit ausgebautem Dachgeschoss war ursprünglich aus verputztem Bruchsteinmauerwerk und wird durch die symmetrische Anordnung der Rechteckfenster mit schlichten Sandsteingewänden streng gegliedert. Die axial gelegene rundbogige Toreinfahrt weist profilierte Sandsteingewände und einen Wappenschild im Schlussstein auf. Das Gebäude wurde 1982 von der Gemeinnützigen Siedlungswerkt GmbH Frankfurt erworben, komplett saniert und wird seitdem als sozialer Wohnungsbau genutzt.

Foto: Wikimedia

Bahnhof Flörsheim am Main

Mit dem Bau einer der ersten Eisenbahnlinien Deutschlands bekam Flörsheim 1839 einen Eisenbahnanschluss auf der Strecke der sogenannten Taunusbahn Frankfurt-Wiesbaden. Das Bahnhofsgebäude ist somit eines der ältesten noch erhaltenen Beispiele eines Bahnhofs in Deutschland. Für diesen völlig neu zu entwickelnden Gebäudetyp wurde hier wie bei allen weiteren Bahnhofsgebäuden in der Region ein rechteckiger Kubus mit Satteldach konzipiert, häufig mit einer zentralen Symmetrieachse. Neben den Funktionsräumen (Schalterhalle, Aufsichtsraum, Güterabfertigung) im Erdgeschoss lag im Obergeschoss die Wohnung des Bahnhofsvorstehers. Heute ist der Gebäudekomplex umgenutzt: Im ehemaligen Güterschuppen ist ein Jugendinfobüro und ein Jugendtreff untergebracht, im ehemaligen Bahnhofsgebäude befindet sich das Stadtbüro der Stadt Flörsheim am Main sowie ein Ladengeschäft und eine Wohnung.

Raunheim

Foto: Stadt Raunheim

Hafen / Ehemalige Staustufe Raunheim

Die Staustufe Raunheim wurde in den Jahren 1882 bis 1886 gebaut. In den dreißiger Jahren des 20.Jahrhunderts wurde sie durch die Staustufe Eddersheim ersetzt. Die ehemalige untere Schleusenkammer wird heute vom Yachtclub Untermain e.V. als Yachthafen genutzt. Der Mainuferweg führt direkt am Gelände vorbei.

Foto: Stadt Raunheim

Alte Lederfabrik – Resart-Ihm

Ab 1908 entstandene Industrieanlage mit bis zu viergeschossigen Industriegebäuden, Kraftwerk mit Fabrikschornstein sowie Nebengebäuden. Die Gebäude aus Stahlbeton besitzen Klinkerfassaden mit klassizistischen Gestaltungselementen. Ein wichtiger Faktor für den Bau der Gerberei in Raunheim bestand im Vorhanden sein von weichem Wasser, welches für die Lederfärbung besonders geeignet ist. Die Anlage wurde zur Leder- und Lederwarenproduktion genutzt, zuletzt zur Herstellung von Acrylglas. Zwei bestehende, historische Gebäude wurden als Teil des Gewerbegebiets Airport Garden erhalten.

Foto: Stadt Raunheim

Ölhafenbrücke und Ölhafen

Die 2013 eröffnete „Ölhafenbrücke“ erforderte in der Planung besondere Sorgfalt. Denn im Ölhafen und dem benachbarten Tanklager werden hochentzündliche Treibstoffe umgeschlagen und gelagert. Die Architektur der Brücke trägt diesem Umstand Rechnung und verbindet sicherheitstechnische Anforderungen mit einem hohen gestalterischen Anspruch (Architekten Schneider+Schumacher). Zum Ölhafen hin sorgt ein bis zu 2,50 Meter breiter Überstand für die sicherheitsrelevante Abschirmung. Zur Mainseite signalisiert die Brücke Offenheit und Weite.

Kelsterbach

Foto: Stadt Kelsterbach

Ticona

Das 1961 gegründete Chemie-Werk Ticona wurde bedingt durch Sicherheitsaspekte für den Neubau der Landebahn Nordwest 2013 abgerissen und nach Frankfurt Höchst verlagert. Erhalten blieb lediglich das 2001 erbaute Hauptverwaltungsgebäude, das durch die Fraport AG genutzt wird.

Foto: Stadt Kelsterbach

Versorgungshafen Flughafen

Das heutige Hafenbecken, gebaut 1884, war ursprünglich die untere Schleusenkammer der ehemaligen Staustufe Okriftel. Diese wurde im Zuge der Modernisierung der Wasserstraße 1932 (Neubau der Staustufen von Eddersheim und Griesheim) aufgegeben. Der Hafen dient ausschließlich dem Entladen von Treibstoff für den Frankfurter Flughafen. Seit dem Bau einer Pipeline von Gustavsburg zum Flughafen aber hat der Versorgungshafen an Bedeutung verloren.

Foto: Stadt Kelsterbach

Ehemalige Dentalfabrik

Das Gelände umfasste ursprünglich eine Werkshalle, ein Bürogebäude und das Wohnhaus der Eigentümer, die ca. 1917 errichtet wurden. Die so genannte Maschinenhalle verkaufte die Stadt Kelsterbach u.a. 1959 an die Dentalfabrik. Ab 1959 wurde das Ensemble um ein Werkstattgebäude und angrenzende Betriebsgebäude erweitert. Alle Gebäude zeichnen sich durch eine sorgfältig gestaltete Architektur aus. Die Produktion wurde 1994 stillgelegt. Seitdem werden die Gebäude unterschiedlich genutzt. Die alte Werkshalle beherbergt Saal und Kirche der St. Petrus Gemeinde. Diese Art Umwandlung – von einem Industrie- in ein Sakralgebäude – dürfte einmalig in Deutschland sein.

Glanzstoff-Gelände

Baujahr: 1899 –1950er, Architekt: 1899 erbaut von Hoch-Tief AG

Die industrielle Nutzung des rund 14,5 Hektar großen „Glanzstoff-Geländes“ begann 1899 mit dem Bau einer Waggonfabrik. Nach der Übernahme durch die Vereinigte Kunstseide Fabriken AG wurde 1904 ein bedeutender chemischer Produktionsstandort mit der Herstellung von Viskosegarnen begründet, der bis zur Werksschließung im Jahr 2000 charakteristisch bleiben sollte. Die in Kelsterbach produzierte Viskoseseide diente als Ausgangsmaterial für eine Vielzahl von Produkten, u.a. Futterstoffe und Damenoberbekleidung. Das als „Glanzstoff/Enka“ bezeichnete Unternehmen erlebte seine Blütezeit in den Nachkriegsjahren nach 1945. Mehr als 2.000 Beschäftigte fanden ihren Arbeitsplatz im Werk Kelsterbach. Die Verbindung der „Glanzstoff“ mit der Bevölkerung wurde durch zahlreiche soziale Leistungen geprägt, die das Unternehmen anbot. Dazu gehörten das große Werksschwimmbad, aber auch viele Werkswohnungen entlang der Rüsselsheimer Straße. Trotz erheblicher Investitionen in den Umweltschutz und die Produktion seit 1975, musste das Werk aufgrund der Konkurrenz in Asien und folgendem Absatzrückgang geschlossen werden.

Foto: Stadt Kelsterbach

Arbeitersiedlung Helfmannstraße

Diese kleine, aber sehr bemerkenswerte Werksiedlung wurde 1899-1900 von den Gründern der Hochtief AG, den Gebrüdern Helfmann aus Kelsterbach für die Süddeutsche Waggon- Fabrik AG, die 1928 von den Glanzstoffwerken (ENKA) übernommen wurden, am östlichen Fabrikgelände errichtet. Zwischen den beiden südlichsten Häusern war ein direkter Werkszugang. Die Siedlung besteht aus neun baugleichen, zweigeschossigen Häusern (mit ausgebautem Dachgeschoss) für jeweils 6 Familien. Sie sind sorgfältig mit Klinkerlaibungen und -ornamenten gestaltet und besitzen ein zeittypisches Krüppelwalmdach. Die ursprünglichen Nutzgärten sind heute durch Rasenflächen und Parkplätze ersetzt. Das Ensemble wurde 2001 privatisiert.

Foto: Stadt Kelsterbach

Bahnhof Kelsterbach

Das Empfangsgebäude wurde mit dem Bau der hessischen Ludwigs-Bahn von Frankfurt nach Mainz 1863 errichtet, damals weit außerhalb des Ortes gelegen. Es ist noch heute annähernd in seinem ursprünglichen Zustand: ein zweigeschossiges zentrales Gebäude mit der Wohnung des Bahnvorstehers im Obergeschoss. Im Erdgeschoss waren Schalterhalle mit Wartesaal, ein Dienstraum, sowie Räume für die Abwicklung des Gütertransportes. Das Mauerwerk besteht aus rotem, fein gefügten Sandstein. Wie bei vielen Bahnhofsgebäuden dieser Zeit bildet auch hier ein klassisch und symmetrisch gestalteter Kubus die Grundform. Heute beherbergt das Gebäude einen Kiosk und eine Gastronomie.

Foto: Stadt Kelsterbach

Porzellan, Fayence- und Steingutmanufaktur

Angeregt durch die fürstliche Fiskalpolitik des 18. Jahrhunderts, Luxuswaren zu produzieren, wurde auch in Kelsterbach Porzellan hergestellt. Als Produktionsstätte diente das noch heute original erhaltene Gebäude von 1761 bis 1802. Porzellan wurde nur 13 Jahre hergestellt, ansonsten wurde hochwertige Fayence und einfacheres Steingut produziert. Zahlreiche Produkte sind im Stadtmuseum Kelsterbach in der Marktstraße 11 sowie im Darmstädter Porzellanschlösschen (Prinz-Georg-Palais) ausgestellt. Hergestellt wurden in der Untergasse Figuren, Service, Flakons, Stockgriffe, Pfeifenköpfe, Nadelhülsen und Tabatieren.

Foto: KulturRegion FrankfurtRheinMain

Interaktive Karte der KulturRegion

Adressangaben und weitere Information zu den Orten

Interaktive Karte zum lokalen Routenführer Hessischer Unterer Main