Kunstguss made in Hirzenhain – Persönlichkeiten und Lieblingsorte in der KulturRegion

© KulturRegion, Alexander Paul Englert


Kaum ein anderer Ort in der Region wurde über eine so lange Zeit durch ein einzelnes Unternehmen geprägt wie Hirzenhain im Wetteraukreis. 1678 legte die Familie Buderus mit dem Bau erster Hochöfen den Grundstein für eine weltweit tätige Firma für Öfen und Heizkörper. In den 1950er und 1960er Jahren arbeiteten bis zu 1.200 Menschen bei Buderus in der ländlichen Industriegemeinde. Zwischen 1947 und 2015 etablierte sich der Kunstguss zu einer Spezialität des Standortes. In dieser Zeit sind zahlreiche Kunstobjekte, aber auch Alltagsgegenstände in der Hirzenhainer Gießerei entstanden. Einige Objekte finden sich auch im öffentlichen Raum an verschiedenen Stellen in der Gemeinde.

Die 42. Station auf unserer Reise zu besonderen Orten in der KulturRegion führt uns in das Kunstgussmuseum, das sich nach längerer Schließzeit nun im Wiederaufbau befindet. Dort sind wir mit Bürgermeister Timo Tichai, Eberhardt Schmidt und Christopher Zinn, alle drei im Museumsvorstand, verabredet und dürfen hinter die Kulissen eines Museums im Entstehen blicken.

Die Wiedereröffnung des Kunstgussmuseums mit regelmäßigen Öffnungszeiten ist zur Landesgartenschau 2027 geplant. Bis dahin wird es auf Anfrage oder zu einzelnen Terminen, wie z. B. zum Tag des offenen Denkmals, geöffnet sein.

© Fotos: KulturRegion, Alexander Paul Englert; Redaktion: Kristina Maurer; veröffentlicht im September 2025

© KulturRegion, Alexander Paul Englert
Eberhardt Schmidt, Vorsitzender des Museumsvereins, (links) und Bürgermeister Timo Tichai (rechts) vor einem Teil eines ehemaligen Eisen-Ofens

Auch wenn es in Hirzenhain schon früher Kunstguss gab, begann die richtige Tradition erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Als andere Gießereien durch die neuen Grenzen wegfielen, gründete Buderus hier unter Peter Lipp eine Kunstgießerei. Fachkräfte, Räume und Technik waren vorhanden und so entstand Ende der 1940er die erste Gießereihalle für Kunstguss.

Mitte der 1960er folgte das Museumsgebäude. Zunächst war es nur als Lehr- und Schausammlung für Auszubildende gedacht, um die Qualität des Kunstgusses hier zu dokumentieren. Mit der Zeit wurde die Sammlung aber immer größer, sodass sie auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollte.

Mit dem Rückzug von Buderus gründete sich ein Förderverein, der das Museum schon bis zur Schließung der Gießerei 2015 mitbetreute. Danach stand der Verein plötzlich allein vor der großen Aufgabe, das Haus zu erhalten. Trotz eines Hochwasserschadens und wechselnder Besitzer haben wir heute aber das Glück, das Museum wieder aufbauen zu können.

© KulturRegion, Alexander Paul Englert
Kurator Christopher Zinn arbeitet an einem Ausstellungsstück, die Dame mit Brot und Wein aus der Hirzenhainer Kunstgießerei

Das Museum befindet sich gerade in einer Metamorphose. Nachdem es zuletzt einige Jahre geschlossen war, möchten wir jetzt mit einer kleineren Ausstellungsfläche wieder neu starten. Wir wollen ein Konzept für ein Museum entwickeln, das ein gewisses Niveau hat und den Besuch lohnt. Dazu haben wir zunächst die Räumlichkeiten renoviert. Mit frischer Farbe an den Wänden und Vitrinen ist das Museum nun in drei Bereiche gegliedert: Ein Teil ist die Dauerausstellung, daneben wird es wechselnde Ausstellungen geben, sodass es immer wieder etwas Neues zu entdecken gibt. Ein dritter Teil widmet sich mit Fotos aus der Gießerei, Werkzeugen und einem eingerichteten Arbeitsplatz den handwerklichen Prozessen und der Entstehung des Kunstgusses.

Wir zeigen, was aus Eisen werden kann, und würdigen die Menschen, die seit den 1950er Jahren Kunstguss auf höchstem Niveau geschaffen haben. Viele Stücke sind Kunstwerke namhafter Künstler, andere Alltagsgegenstände, die früher in fast jedem Hirzenhainer Haushalt standen.

Besonders spannend finde ich, dass Besucher*innen die Möglichkeit haben, ein Museum im Entstehen zu erleben. Bis zur geplanten Wiedereröffnung zur Landesgartenschau 2027 haben wir auf Anfrage oder an einzelnen Terminen, wie zuletzt beim Tag des offenen Denkmals geöffnet und aus dem Stand über 100 begeisterte Besucher*innen empfangen, darunter ehemalige Mitarbeitende der Gießerei. Ihr Wissen und ihre Erinnerungen sind für uns von großem Wert und das wollen wir auch im Museum zeigen. Dafür sind natürlich Fördermittel und Unterstützung notwendig, zum Beispiel auch für den Einsatz moderner Medienangebote. Daher freuen wir uns sehr über Spenden.

Unser Ziel ist ein Museum, das weit mehr ist als eine Heimatstube: wissenschaftlich fundiert, ästhetisch anspruchsvoll und lebendig. Ein Ort, an dem man klüger hinausgeht, als man hineingekommen ist und an dem die Geschichte und das Können der Hirzenhainer Kunstgießer sichtbar bleiben.

© KulturRegion, Alexander Paul Englert
Bürgermeister Timo Tichai neben einer Eselsfigur aus der Kunstgießerei im Hirzenhainer Ortsteil Merkenfritz

Die Mitgliedschaft in der KulturRegion ist für uns eine große Chance. Mit einem überschaubaren Jahresbeitrag bekommen wir eine Plattform, die uns eine Sichtbarkeit in der Metropolregion FrankfurtRheinMain verschafft, die wir allein gar nicht erreichen könnten. Sei es durch Reichweite in den sozialen Medien oder durch Publikationen wie den lokalen Routenführer zur Industriekultur im Wetteraukreis. Das finde ich super. Gerade als kleine Kommune, die keine eigenen Social Media Kanäle bespielt, haben wir durch die KulturRegion, die Möglichkeit ein viel größeres Publikum zu erreichen.  

Auch die Landesgartenschau 2027, die uns ähnlich wie die KulturRegion in ein interkommunales Netzwerk einbindet, hilft uns, unsere Ortsmitte wieder neu zu beleben. Geplant sind unter anderem eine „Erlebnismeile“ entlang des Vulkanradwegs, die Pflanzung von 100 Bäumen und die Aufwertung des Dorfzentrums.