Mit achtzehn Jahren wanderte der aus Kastel stammende Adolphus Busch (1839–1913) in die Vereinigten Staaten aus, wo er in wenigen Jahren zu einem der bedeutendsten Großindustriellen aufstieg. Berühmtheit erlangte er als Mitbegründer der Brauerei-Dynastie Anheuser-Busch, die bis heute vor allem für das Lagerbier „Budweiser“ bekannt ist. Zwischen 1891 und 1915 ließ sich der Unternehmer in Lindschied ein 39 Hektar großes Areal als Sommersitz herrichten. Im Zentrum des Anwesens steht die nach Buschs Ehefrau benannte Villa Lilly. Das 1891 erbaute dreigeschossige Gebäude aus Backstein, Fachwerk und Sandstein ist in seiner Verbindung von amerikanischem und europäischem Stil einzigartig. Es verfügt über verglaste Wintergärten und Laubengänge mit zahlreichen Zierelementen, wie Sprossenfenstern, Gauben und Dachtürmchen. Die 1911 nach Buschs Enkelin benannte Villa Claire wurde im Jugendstil errichtet. Das in Längsrichtung zur Straße hin ausgerichtete Gebäude hat ein Mansardgiebeldach mit zwei großen vorgesetzten Giebeln. Gemeinsam mit den großzügigen Loggien und vorgelagerten Terrassen öffnet sich der dreigeschossige Bau zu allen Seiten zum Park. Zum Anwesen gehören weitere Gebäude, wie etwa Pförtner-, Gärtner-, Forst-häuser und Gewächshäuser sowie Werkstätten, Ställe und Brunnenanlagen. Während des Nationalsozialismus diente das Anwesen als Müttererholungsheim und nach Kriegsende als amerikanisches Soldatenheim. Ab 1949 befand sich hier das Heim für Volksbildung und Jugendpflege, von 1959 bis 1972 ein Internat. 1961 wurde das Anwesen durch das Land Hessen gekauft. Zwischenzeitlich wirkten hier auch die Mitglieder der von Hans Traxler und Robert Gernhardt gegründeten Künstlergruppe „Neue Frankfurter Schule“, die in der Villa Claire die erste Ausgabe des Satiremagazins „Titanic“ entwarfen. Nachdem die Anlage zunehmend verfiel, wurde sie 1986 saniert. Seit 1987 dient das Anwesen als „Therapiedorf Villa Lilly“ der Behandlung suchtkranker Menschen und ist heute Eigentum des Jugendberatung und Jugendhilfe e. V.