Industriepark Griesheim

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1856 genehmigte die Stadt Frankfurt die Gründung einer „Aktiengesellschaft für landwirtschaftlich-chemische Produkte“ in der Stadt. Ihr kam dadurch die Gewerbesteuer zugute. Außerdem genehmigte sie den Fabrikationsbetrieb auf Griesheimer Gemarkung, in dem ab 1857 Schwefel- und Salpetersäure sowie Kunstdünger hergestellt wurden. Hauptabnehmer der als Rohstoff für die Teerfarbenherstellung benötigten Säuren waren ab 1868 „Meister Lucius & Brüning“ im benachbarten Höchst. Nach 1882 begann die „Chemische Fabrik Griesheim am Main“ mit der Herstellung von Vorprodukten für die Farbstoffsynthese. Für die Verwertung des Chlor-Alkali-Elektrolyse-Verfahrens, das 1890 in Griesheim erstmals weltweit im industriellen Produktionsmaßstab eingesetzt wurde, entstand schließlich 1898 die „Chemische Fabrik Griesheim-Elektron“. Zwischen 1900 und 1904 entwickelte der Griesheimer Betriebsingenieur Ernst Wiss das autogene Schweißen und Schneiden, wofür das 1916 gegründete Werk „Griesheim-Autogen“ die Geräte und Maschinen herstellte. Die Übernahme in die I. G. Farbenindustrie AG 1925 brachte den Verlust der Selbstständigkeit. Nach einem kurzen Zwischenspiel unter amerikanischer Verwaltung wurde das Werk Griesheim 1952 in die Farbwerke Hoechst AG eingegliedert. Nach den Umstrukturierungsmaßnahmen in den 1990er Jahren wurde der Standort an die Clariant AG verkauft. Nach mehreren weiteren Eigentümerwechseln betreibt heute „Infrasite Griesheim“, ein Unternehmen von Infraserv Höchst, den Industriepark mit rund 30 verschiedenen Unternehmen der Chemiebranche auf einem Gelände von 74 Hektar mit etwa 100 Gebäuden.

LABORGEBÄUDE

Das Laboratorium 2 wurde 1898 nach Entwurf des Werksarchitekten Philipp Belschner an der Mainfront erbaut. Als wohl einziges unter den ansonsten nach rein funktionalen Kriterien errichteten, höchstens aus statischer Notwendigkeit durch Lisenen (Wandvorlagen) gelgliederten Fabrikgebäuden, erhielt es eine repräsentative Schaufassade. Die Backsteinfassaden in renaissancistischen Formen des eingeschossigen Gebäudes gliedern gleichmäßig Lisenen und Rundbogenfenster unter einer verbindenden Attika. Allein die siebenachsige Straßenfassade wird axial betont durch einen den Attikaabschluss überragenden Mittelrisalit mit dreibahnigem Thermenfenster, hinter dem sich das Hauptlabor befand.

FABRIKGEBÄUDE

Das mehrgeschossige Fabrikgebäude dient der Herstellung des Pflanzenschutzmittels Thiodan. Die Anlage wird von Bayer CropScience betrieben. Das Gebäude wurde 1975 nach den Plänen von Wilhelm Demmer, einem Werksarchitekten der Hoechst AG, errichtet. Seine architektonische Besonderheit besteht darin, dass im Fall eines Brandes oder einer Explosion die Leichtbaufassade abfallen kann, wodurch die Druckwellen aus dem Gebäude entweichen können. Auf diese Weise bleibt die Gebäudestruktur, ohne großen Schaden anzurichten, erhalten.

DEPONIE

Nach einem Streit mit dem Landkreis und der Gemeinde Griesheim wegen Ernteschäden durch Salzsäureeinwirkung entschied die chemische Fabrik 1873, die anfallenden Sodaschlämme auf einem inzwischen zum Werksgelände gehörenden Grundstück abzulagern. Hier wurden sie im Laufe von ca. 60 Jahren bis zu 40 m aufgetürmt und bilden bis heute als “Griesheimer Alpen” ein Wahrzeichen der Fabrik. Um immer wieder aufgetretene Geruchsbelästigung auszuschließen, musste die Halde mit Eisenoxyd abgedeckt (daher die rote Farbe) und Umweltkontrollgeräte angebracht werden. An eine öffentliche Zugänglichkeit ist nicht zu denken.

CARBONWERK

In 12 hintereinander aufgereihten mächtigen Ringöfen werden im Werk Griesheim große Kohlenstoff-Elektroden produziert, die zur Herstellung von Aluminium, Edelstahl u.a. Metallen Verwendung finden. Mit der Einführung der Chlor-Alkali-Elektrolyse 1892 hatte die chemische Fabrik Griesheim technisches Neuland betreten und sich im Laufe der Zeit insbesondere in der Herstellung von Elektroden eine Weltmarktstellung erworben. Die heutige, technisch immer wieder weiterentwickelte Produktion ist Teil des multi-nationalen Konzerns der SGL Carbon GmbH (seit 1991), Marktführer für Kohlenstoffprodukte aller Art.

ÖPNV: Bus Linie 54, bis Chemisches Werk

Stand: 2015

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