Die 18. Station unserer Reise zu Lieblingsorten und besonderen Persönlichkeiten in der KulturRegion führt uns in den westlichsten Zipfel des Rheingaus und zugleich Hessens. „Umzingelt“ von Rheinland-Pfalz liegt dort zwischen Wasser und Weinbergen Lorch am Rhein. Die kleine Stadt im Rheingau-Taunus-Kreis ist ein Paradies für Wander- und Weinfreund*innen. An ihrem Wahrzeichen, dem historischen Hilchenhaus, treffen wir Bürgermeister Ivo Reßler und Birgit Kind, Leiterin des Amtes für Wirtschaftsförderung und Tourismus. Natürlich darf auch ein Abstecher in die Weinberge nicht fehlen: 2020 wurde der Aussichtspunkt an der Burgruine Nollig zur Schönsten Weinsicht im Rheingau gekürt.
Alle Fotos: Alexander Paul Englert; Text: Kristina Maurer
Lieber Bürgermeister Reßler, wir haben uns am Hilchenhaus getroffen, einem von vielen historischen Gebäuden hier in Lorch. Was macht diesen Ort so besonders?
Das Hilchenhaus wurde 1546/48 von Ritter Johann Hilchen von Lorch erbaut, der die Fertigstellung leider nicht mehr miterlebt hat. Es war einst Sitz des Lorcher Adelsgeschlecht von Hilchen und bedeutendster Renaissancebau im Mittelrheintal. Nachdem das historische Gebäude lange brachlag, wurde es zwischen 2009 und 2014 im Rahmen des Bundesprogramms für nationale Welterbestätten aufwändig saniert und umgebaut. Heute befindet sich hier die Touristinformation, die auch eine Vinothek beherbergt. Im Rittersaal finden regelmäßig Veranstaltungen und Hochzeiten statt und im Gewölbekeller gibt es ein gastronomisches Angebot.
Lorch hat aber nicht nur sehr viele historische Gebäude, sondern ging auch mit einem Kuriosum in die deutsche Geschichte ein. Was hat es damit auf sich?
Von 1919 bis 1923 war Lorch Verwaltungssitz des historischen „Freistaat Flaschenhals“. Nach dem Ersten Weltkrieg teilten sich die Siegermächte die Gebiete östlich des Rheins. Um Koblenz und Mainz wurden dabei Kreisbögen geschlagen. Durch ein Versehen blieb ein kleines Gebiet in der Form eines Flaschenhalses unbesetzt, in dem sich die besetzten Gebiete weder berührt noch geschnitten haben. In dem von den restlichen Arealen abgeschnittenen Gebiet wurde anfangs viel geschmuggelt und später sogar eigenes Geld gedruckt. Einige ältere Leute hier in Lorch besitzen noch solche Scheine.
Liebe Frau Kind, was kann ich hier erleben?
Wir nennen uns selbst Wanderparadies. Zahlreiche Wanderwege laden dazu ein, die Umgebung zu erkunden. Ganz neu sind zum Beispiel die Wispertrails. Das sind 15 Rundwanderwege durch den Wispertaunus und ein Langstreckenweg (Wispertaunussteig) mit 42 Kilometern. Dieser verbindet zwei Welterbestätten miteinander – den Limes im Taunus und das Obere Mittelrheintal. Der Abschnitt des Rheins zwischen Rüdesheim und Koblenz wird von insgesamt 34 Burgen gesäumt und gehört unter anderem deshalb seit 2002 zum UNESCO Welterbe. Wissenswertes über unsere Weinkultur vermitteln der frisch ausgeschilderte Wanderweg „Lorcher Schiefer“, eine der sogenannten „Rieslingschleifen“, sowie unser geologischer Rundwanderweg. Mit unserer Nachbargemeinde Niederheimbach auf der anderen Rheinseite haben wir unseren ersten länderübegreifenden Wanderweg entwickelt. Und da wir eine historische Stadt sind, gibt es auch einen historischen Spaziergang durch Lorch mit vier verschiedenen Routen, die an vielen denkmalgeschützten Gebäuden vorbeiführen.
Lieber Bürgermeister Reßler, was macht die Mitgliedschaft in einem regionalen Kulturnetzwerk wie der KulturRegion aus?
Die Mitgliedschaft in einem Kulturnetzwerk ist wichtig, weil wir ja nicht nur Weinstadt, sondern auch Kulturstadt sind. Wir freuen uns über die Möglichkeit, unsere Angebote und Veranstaltungen in die Breite tragen zu können. Hier in Lorch ziehen Gewässer wie der Rhein, aber auch der kleine Fluss Wisper die Menschen an und nehmen Menschen mit. Auch neue Veranstaltungen bringen uns neue Leute hier her. Dafür setzen Netzwerke wie die KulturRegion Impulse und sind deshalb besonders wichtig.
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