Lokaler Routenführer Offenbach am Main

Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Texte: Andrea Ehring, Dr. Jürgen Eichenauer, Birgit Grün, Funda Karaca, Marion Rüber-Steins, Christina Uslular-Thiele

Letzte Redaktion: Stadt Offenbach am Main, Amt für Stadtplanung, Verkehrs- und Baumanagement

Foto: Michael von Aulock
Foto: Stadt Offenbach

Industriegeschichte in Offenbach

Wie auch andere Städte des Rhein-Main-Gebiets wurde Offenbach stark durch seine industrielle Entwicklung geprägt. Durch die Ansiedlung französischer Glaubensflüchtlinge entstanden im 18. Jahrhundert textilverarbeitende Manufakturen. Die Nähe zur Handelsstadt Frankfurt begünstigte die Einrichtung von Produktionsstätten. Als Offenbach 1816 zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt kam, förderte die Regierung diese Entwicklung zur „Fabrikstadt“ durch Gewährung weitgehender Gewerbefreiheit, ein wichtiger Standortvorteil gegenüber anderen Städten. Neben Branchen, die wie die Lederverarbeitung besonderes handwerkliches Geschick und nur wenig Anfangskapital erforderten, entstanden im frühen 19. Jahrhundert graphische sowie chemische Betriebe und parallel dazu ein umfangreicher Maschinenbau. Einige dieser Firmen entwickelnten sich zu dominanter Größe. Durch den Zuzug vieler Arbeitskräfte wuchs die Stadt binnen eines Jahrhunderts von einem beschaulichen Ort zur Großstadt. Die enge Nachbarschaft von Wohnhäusern und Fabrikbauten der unterschiedlichsten Produktionszweige prägten in fast allen Neubauvierteln das Stadtbild. Auch die liberale Einstellung der Fabrikanten, von denen viele sich aus kleinen handwerklichen Anfängen emporgearbeitet hatten, und die in der Arbeiterschaft erstarkende Sozialdemokratie trugen zum unverwechselbaren Image Offenbachs bei. Wirtschaftskrisen und Umstrukturierungen beeinflussten im 19. und besonders im 20. Jahrhundert die Stadtentwicklung mehrfach. Als sich um 1910 das Selbstbild Offenbachs als „Lederstadt“ aufgebaute, hatte die Abwanderung von Arbeitsplätzen in Niedriglohngebiete im Landkreis bereits begonnen. Das Ende des “mechanischen Zeitalters” in den 1970er Jahren führte auch in Offenbach zum Firmensterben. Heute erweist es sich als Vorteil, dass leer stehende Fabrikbauten oft nicht abgerissen wurde, denn das Angebot preiswerten Gewerberaums innerhalb der Stadt unterstützte im letzten Jahrzehnt den Übergang zur Dienstleistungsgesellschaft. Renovierungen und erfolgreiche Revitalisierungen zeigen, welche Potentiale in den baulichen Zeugnissen der örtlichen Industriegeschichte stecken, die auch die zukünftige Bauentwicklung bereichern können.

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Portefeuillefabrik Rosenthal

Zwischen 1911 und 1913 entstanden auf dem Gelände der ehemaligen Gasfabrik die beiden Neubauten der Portefeuillefabriken Rosenthal und Gunzenhäuser. Deren neuklassizistische Fassaden sind beispielhaft für die selbstbewusste Präsenz von erfolgreichen Unternehmen im Stadtbild: So verstand sich Architektur auch als Verweis auf den hohen ästhetischen und handwerklichen Anspruch der Produzenten und die von ihnen gefertigte Qualität. In der Weltwirtschaftskrise mussten beide Firmen ihre Produktion einstellen. In das Gebäude Gunzenhäusers zog erst das städtische Arbeitsamt und in den 1970ern die Polizei ein. Das Haus Rosenthal wurde von der Seidentaschenfabrik Wolfgang übernommen und später von Kleinbetrieben verschiedener Branchen genutzt. 1996 wurden das Gebäude und das benachbarte Lofthaus im Stil der Jahre um 1910 modernisiert.

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Metwallwarenfabrik Tschatsch

1897 ließ sich die alteingesessene Schuhfabrik Schönhof & Söhne nach Plänen des Ingenieurbüros König & Unverzagt einen schlichten Fabrikbau an der verlängerten Bernardstraße errichten. Diese war seinerzeit mehr Gewerbe- als Wohngebiet. 1905 übernahm die Trikotweberei Gebrüder Adler den Gebäudekomplex, zu dem auch ein Wohnhausneubau gehörte. 1913 geriet das Unternehmen in wirtschaftliche Bedrängnis und die Gebäude wurden an die Mansmann-Lederstanzerei verkauft. Während des Ersten Weltkriegs befanden sich in dem Fabrikbau die zweite städtische Kriegsküche sowie unter anderem die Kartonagenfabrik Emil Bohrer und in den 1920er Jahren die Schuhfabrik Schnirer.

1940 erwarb die VDO Tachometer AG den Fabrikbau als Offenbacher Zweigwerk und ließ ihn nach Kriegszerstörung in den alten Formen wiederherstellen. Mitte der 1950er verlegte die Firma Gebrüder Tschatsch, Metallwarenfabrik, ihre Produktion von Gürtlerwaren und Metallzubehör für die Lederwarenindustrie in das Gebäude in der Bernardstraße.

Schriftgießerei Klingspor

1892 übernahmen die Brüder Karl und Wilhelm Klingspor die alteingesessene Rudhardsche Schriftgießerei. Schon 1897 bezog die Firma an der Ludwigstraße Neubauten im Blockinneren. Durch Karl Klingspor, 1907 einer der Mitbegründer des Deutschen Werkbundes, wurde die Schriftgießerei Gebr. Klingspor zu einem der führenden Anbieter moderner Schriften und Förderer künstlerischer Buch- und Drucksachengestaltung in Deutschland.

Jugendstilkünstler und vor allem der Schriftgestalter Rudolf Koch arbeiteten mit Klingspor zusammen. Qualitätsbewusstsein und “Wertarbeit” im Sinne des Deutschen Werkbundes prägten jahrzehntelang das Image der Firma. 1956 wurde der graphische Betrieb von der Frankfurter Firma Stempel übernommen. Der erhaltene Nachlass der Firma und die Buchsammlung Karl Klingspors bildeten 1953 den Grundstock des Klingspor Museums in der Herrnstraße 37.

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Zigarettenfabrik Hatry

Durch die Verlegung des Gaswerks zum Hafen wurde 1911 eine Fläche für den Neubau der damals Hatry, auch Lypstadt & Co und später Borg genannten Zigarettenfabrik (Handelsmarke Crevetti) frei. In der Firma produzierten überwiegend weibliche Arbeitskräfte rund 200 Millionen Zigaretten pro Jahr für das Inlandsgeschäft und den Export.

In seiner Fassadengestaltung passt sich das fünfgeschossige Gebäude trotz seiner großen Fenster den zeitgleich gebauten Mehrfamilienhäusern der Nachbarschaft an. Ein kleiner, ursprünglich mit barocken Elementen geschmückter Rundgiebel, setzt einen baulichen Akzent zur Straßenkreuzung.

Nach Aufgabe der Produktion um 1928 erfolgte der Umbau zum Wohnhaus. Seit 1937 befindet sich auch eine Apotheke in dem Gebäude, deren Einrichtung im Stil der Neuen Sachlichkeit noch immer genutzt wird.

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Portefeuillefabrik Hirschfeld

1914 errichtete die Portefeuillefirma Hirschfeld nach Plänen des Architekten Heinz Collin einen Fabrikneubau mit neuklassizistischer Fassade: Dabei war das Souterrain optisch durch acht Kolossalpilaster mit den beiden Obergeschossen verbunden. Das dritte Obergeschoss war als Attika konzipiert, ein viertes verbarg sich im Giebelbereich.
In den 1920er Jahren waren weitere Feinlederhersteller im Gebäude tätig, die Lederwarenfirma Müller und Trümner war bis 1954 dort ansässig. Von der figürlichen Baudekoration des Bildhauers Karl Huber ist der große Merkurkopf in der Mittelachse erhalten. Das Dach wurde nach Beschädigungen durch den Zweiten Weltkrieg verändert. In den 1980er Jahren erfolgte der Umbau zu einem Hotel.

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Portefeuillefabrik Kahn

Um 1910 erweiterte der Portefeuillebetrieb Rudolf Kahn seine Lederwarenfabrik mit einem Neubau mit neuklassizistischer Fassade.

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Lederwarenfabrik Wess

1906 errichtete das Bauunternehmen Gebrüder Hasenbach für die Sattler- und Portefeuillewarenfabrik Vicenzo Valerie einen neuen Firmensitz, mit Klinkerfassade im Stil des späten Historismus. Lediglich die Durchfahrt im Vorderhaus identifizierte den Gewerbebau. Dort sind noch heute Teile der Gleise sichtbar, auf denen mit einem Rollwagen Materialien und verpackte Fertigprodukte zwischen den Arbeitsräumen im Seitenbau und der Straße transportiert wurden. Nach Schließung der Firma Valerie in den späten 1920er Jahren zogen weitere Lederwarenfabriken in das Haus. Die Inhaber der Firmen M. und S. Gottlob sowie Michels und Fürth mussten 1938 im Zuge der sogenannten “Arisierung” ihre Geschäfte aufgeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg ließ der Inhaber der Firma Martin Wess das Gebäude vereinfacht wiederherstellen. 2010 fusionierte die Lederwarenfabrik Martin Wess mit der Otto & Kopp GmbH zur Kopp GmbH & Co KG.

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Villa Neubecker

1844 wurde das spätklassizistische Wohnhaus für Philipp Jakob Diehler errichtet. Nach mehreren Eigentümerwechseln im 19. Jahrhundert erwarb der Maschinenfabrikant Carl Neubecker das benachbart liegende Wohnhaus mit Nebenbauten und großem Garten. Nachdem Neubecker 1888 auf seinem Werksgelände eine Mineralwasserquelle erbohrt hatte und nachfolgend versuchte, damit einen Kurbetrieb aufzuziehen, wurde im Garten neben der provisorisch zum Kurhaus umfunktionierten Villa eine provisorische Trinkkuranlage mit Musikpavillon gebaut. Allerdings entwickelte sich der Kurbetrieb nicht wie erhofft. Die Villa selbst wurde nun wieder als Wohnhaus der Familie Neubecker genutzt. Nach Schließung der Neubeckerschen Maschinenfabrik um 1989 übernahm die Firma Kaiser-Friedrich-Quelle das Werksgelände. 1996 wurde nach dem Verkauf der Kaiser-Friedrich-Quelle auch dieser Betrieb stillgelegt. Die Villa kaufte ein Investor, der den Garten und das Gelände, auf dem sich die Abfüllanlage befunden hatte, mit Stadthäusern überbaute. Die unter Denkmalschutz stehende Villa konnte nach längerem Leerstand wiederhergestellt werden

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Historisches Messelagerhaus/Deutsches Ledermuseum

1828 schloss sich das Großherzogtum Hessen-Darmstadt dem Zollverband mit Preußen an. Damit verlagerte sich ein Teil der Frankfurter Herbst- und Frühjahrsmessen für einige Jahre auf hessisches Gebiet nach Offenbach. Die lokale Wirtschaft erlebte einen kräftigen Aufschwung. Um den Warenumschlag weiter zu fördern, errichtete die Kommune 1829–30 gegenüber dem Zollgebäude ein großes Lagerhaus im Stil des Klassizismus. Das Gebäude entstand unter dem Einfluss des Darmstädter Oberbaurats Georg Moller und wurde bis zum Umbau 1936 als Zolllager genutzt.
Dann gestaltete der Architekt und Museumsgründer Hugo Eberhardt es zum Deutschen Ledermuseum um. In den 1950er Jahren umgebaut und erweitert, dokumentiert das Museum in unter anderem die Geschichte der Offenbacher Portefeuiller-, Sattler- und Schuhindustrie.

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Metallwarenfabrik Haege

Die Pläne für den Fabrikbau mit großen Werkshallen und das freistehende Kesselhaus mit Maschinenhalle in der Mitte entwarf Architekt Philipp Forster zusammen mit der Frankfurter Betonbau-Gesellschaft.

Hinter der zweifarbigen Klinkerfassade verbirgt sich eine Eisenbetonkonstruktion. Die Firma Haege war seit 1876 als Metalldrückerei tätig und belieferte Offenbachs Lederwarenfirmen mit Zubehör wie Trinkbechern, Dosen und Kleinteilen. 1908 kamen Thermoskannen dazu und während des Ersten Weltkriegs wurde Munition hergestellt. Nach der Weltwirtschaftskrise wurde das Unternehmen stillgelegt. 1939 übernahm die Firma Mako-Apparatebau das Anwesen, in dem auch einige Lederwarenhersteller Quartier gefunden hatten. Mako stellte als Automaten- und Maschinenbaufirma nach dem Krieg vor allem Fahrkartenkontrollapparate für die Bahn her. Heute sind Büros und ein Kindergarten in dem Gebäude untergebracht.

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Portefeuillefabrik Krauss

Von allen Fabrikbauten Offenbachs steht der Firmenbau der Gebrüder Krauss dem Darmstädter Jugendstil am nächsten. Architekt Heinz Collin hatte das Gebäude mit seiner klaren Fassadenstruktur 1913 entworfen: Fünf kannelierte Säulen strukturieren die Mittelzone und erinnern in Kombination mit dem kräftigen Zahnschnitt der Gebälkzone an eine antike Tempelfassade. Diese und die insgesamt bewegten Formen sowie die detailreichen Dekorationen gelten als typisch für die Spätphase des Jugendstils. Das Gebäude wurde in den 1990er Jahren umgebaut und aufgestockt. Das Krokodil über der Durchfahrt sowie die Schlangenleiber in den Medaillons der Fensterbrüstungen blieben erhalten und erinnern noch heute an die seinerzeit im Haus Krauss verarbeiteten Rohstoffe.

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Lederwarenfabrik Lehmann

Auch in Offenbach waren mittlere und kleinere Industriebetriebe im 19. und frühen 20. Jahrhundert üblicherweise in Hinterhöfen untergebracht. Die weitgehend schmucklosen Nutzbauten mit ihrem oft unverputzte Sichtziegelmauerwerk mit einfachen Stein- oder später auch Betongliederungen haben nach langen Jahren des Leerstands erst in den letzten Jahren eine Renaissance erfahren. Die Gebäude im Hof Ludwigstraße 8 waren ehemals Produktionsstandort feiner Lederwaren der Firma Lehmann und Co, später der Firmen Hopfenblatt, Haug und anderen. Sie sind ein gutes Beispiel für eine gelungene Synthese aus der Industrie-Ästhetik des späten 19. Jahrhunderts und den lichtdurchfluteten Glaskonstruktionen des 21. Jahrhunderts.

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Bahnpost

Die Planungen für den Bahnhofsneubau umfassten auch eine Bahnpostanlage, mit denen der umfangreiche Paketverkehr der Offenbacher Industriebetriebe optimiert werden sollte. Während der Bahnhof jedoch ein Umbauprojekt blieb, errichtete die Oberpostdirektion Frankfurt 1925 in zweijähriger Bauzeit die Postanlage mit ähnlichen, aber nicht identischen Schmuckelementen im Stil der Art-Deco-Reliefs der Einfassung um die Hauptzugänge. Heute befindet sich das Gebäude in Privatbesitz.

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Hauptbahnhof Offenbach

Mit dem Bau der Bahnstrecke Frankfurt über Bebra nach Berlin in den 1870er Jahren erhielt Offenbach einen neuen Bahnhof und ein Empfangsgebäude am südlichen Ende der Kaiserstraße. Als 1912-1927 die Bahntrasse höher gelegt wurde, um kreuzungsfreie Straßenverbindungen zu schaffen, wurde auch ein Bahnhofsneubau geplant. Wegen der Wirtschaftskrise nach dem Ersten Weltkrieg war aber nur ein schrittweiser Umbau finanzierbar. Die alte Neorenaissancefassade wich sachlich vereinfachten Formen, als Schmuck blieben wuchtige Konsolen unter den Fensterbänken und Türstürzen. Reliefs mit Adlern betonen den Haupteingang, die Ornamente der Türrahmungen und die Keramikverkleidung des Empfangsraums sind bemerkenswerte Beispiele für ein deutsches Art Deco.

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Schuhfabrik Hassia Gebr. Liebmann

1901 gründete der jüdische Fabrikant Emil Liebmann, vorher Teilhaber der Firma Wallerstein, in der damaligen Sedanstrasse eine neue Schuhfabrik und ließ nach Entwürfen des Architekten Fritz Bossert bis 1904 eine große Anlage samt neubarockem Hauptgebäude errichten. 1938 musste die Gründerfamilie aus der Firmenleitung ausscheiden und wurde gezwungen, ihren Aktienanteil aufzugeben. 1943 teilzerstört, wurde die Fabrik nach Kriegsende in vereinfachter Form wieder aufgebaut. Die Fassade der Südseite an der Christian-Pleß-Straß blieb erhalten und steht heute unter Denkmalschutz. Der Schlussstein des Eingangsbogens ist im typischen Stil der Jahrhundertwende gestaltet.

Bis in die 1980er Jahre produzierte die überwiegend weibliche Belegschaft Schuhe im Hochpreissegment. Nach Konkurs 1997 wurde die Firma verkauft und die Herstellung in Offenbach beendet. 2001 baute Architekt Jochen Lehmann den teilweise denkmalgeschützen Fabrikkomplex zu einem Dienstleistungs- und Kommunikationszentrum um.

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Man Roland Werk 1 Fabrikhalle

Baujahr: 1953-1960, Architekt: Hans Schröder

Die umgenutzte Fabrikhalle ist ein bedeutendes Industriebauwerk der 1950er Jahre. Konstruiert in filigraner Stahlskelettbau-weise wurde das einst bis zur Waldstraße reichende Werk mit repräsentativer Fassade aus keramischen Platten aus- geführt. Die knapp 8.300 qm große denk-malgeschützte Halle besteht aus vier Gebäudeabschnitten, die nach einem Masterplan des Architekten erst nach und nach bis zur heutigen Gestalt realisiert wurden. Neben ihrer zeitgenössischen Architektursprache spiegelt sie den hohen baukulturellen Qualitätsanspruch der Werksleitung wider. Zum Werksgelände gehörten bis zum Teilabbruch 2013 noch zwei Montagehallen, eine Schreinerei und ein Verwaltungsgebäude. Die Hallen wurden in geschlossener Blockrandbebauung von einem umlaufen-den Obergeschoss überdeckt, in dem Sozial- und Büroräume untergebracht waren. Die Umnutzung des Werksgeländes in ein Nahversorgungszentrum mit öffentlichem Park, Gemeinbedarfseinrichtungen und Wohngebäuden erfolgte im Städtebauförderungsprogramm „Stadtumbau in Hessen“.

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Stellwerk Offenbach

In Stellwerken liefen im 19. Jahrhundert alle Fäden zusammen: von hier konnten Bahntechniker die Gleise überblicken, um Weichen und Signale zu stellen. Später erweiterten neuere Kommunikationstechniken den Überwachungsradius. Nach der Höherlegung der Gleise um 1920 musste auch das Stellwerk, das mit seiner schlichten Gliederung beispielhaft für einen spätklassizistischen Zweckbau ist, aufgestockt werden. Auf den gemauerten Sockel aus roten Sandsteinblöcken setzten die Bautechniker der Reichsbahnverwaltung ein holzverkleidetes neues Obergeschoss.

Lithographische Anstalt und Druckerei F. Schoembs

Für das früher enge Nebeneinander von Arbeit und Wohnen im späten 19. Jahrhundert sind die Häuser Kaiserstraße 11 bis 19 beispielhaft. In der Kaiserstraße 15 war seit 1884 die Druckerei und lithographische Anstalt Friedrich Schoembs ansässig. Die Familie nutzte bereits seit 1830 lithographische Druckverfahren. Dessen ständige Weiterentwicklung sorgte um 1900 für ein stetiges Wachstum und für die Expansion auch der Firma Schoembs. Die Weltwirtschaftskrise beendete die Erfolgsgeschichte des Unternehmens. Die ehemaligen Fabrikgebäude wurden im Laufe der Jahre immer wieder umgebaut und schließlich 2002 durch den Frankfurter Architekten Karl Dudler modernisiert.

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Schuh- und Schäftefabrik Schönhof

Die in den 1860er Jahren gegründete Schäftefabrik David Schönhof gehört zu den Schuhfabriken, die die manufakturelle Fertigung schrittweise durch mechanische Verfahren ersetzten. An den Steppmaschinen waren vor allem junge Frauen beschäftigt.

In ihrer Gestalt ist die Anlage typisch für die kleinen Offenbacher Fabrikbetriebe der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts. Da viele Frauen auch in Heimarbeit für Schönhof nähten, täuschen die beengten Dimensionen des Fabriktrakts hinsichtlich des Geschäftsvolumens. Erst 1925 geriet der bereits unter dem Namen Schönhof-Strauss firmierende Betrieb mit 250 Beschäftigten in wirtschaftliche Schieflage. In der Folgezeit wurde das Gebäude von Firmen unterschiedlichster Branchen genutzt und teilweise sogar zu Wohnungen umgebaut, ohne dass es zu starken baulichen Veränderungen kam.

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Lederwarenfabrik Goldpfeil

Von 1911-13 ließ sich die Lederwarenfirma Ludwig Krumm nach Plänen des Architekten Philipp Forster einen neuen Verwaltungs-, Lager- und Produktionsbau errichten. Mit sieben Geschossen war es bis in die frühen 1950er Jahre das höchste Gebäude der Stadt. Die im Stil des barocken Späthistorismus gestaltete Sandsteinfassade zeigte das Selbstbewusstsein der Inhaber, die den 1856 gegründeten Betrieb zum bedeutendsten Portefeuille-Exporteur Offenbachs gemacht hatten. 1928 fusionierte das Unternehmen mit dem der Gebrüder Langhardt. Die hochwertigen Taschen und Kleinlederwaren wurden nun unter dem Markennamen „Goldpfeil“ vermarktet. Erst in den 1990er Jahren geriet Goldpfeil in die Krise. Das Gebäude steht heute unter Denkmalschutz.

Sattlerwarenfabrik Seeger

Bereits 1896 verlegte Karl Seeger seine Sattlerwerkstatt in größere Räume in der Kaiserstraße 32. Die Firma stellte seit 1889 vor allem hochwertige Reisetaschen her und beschäftigte 1913 bereits 147 feste Mitarbeiter. Ausstellungserfolge wie auf der Weltausstellung in Paris machten Seeger zu einem international bekannten Markennamen für Reiseartikel.Nach schweren Kriegszerstörungen wurden die Fabrikgebäude mit Hilfe der Mitarbeiter ab 1946 wieder aufgebaut. Neu hinzu kamen die nach einem Entwurf des Architekten Heinz Collin gebaute zweigeschossige Halle für Fahrräder. Die 1953-54 wiederaufgebauten Wohnhäuser an der Kaiserstraße entwarf Architekt Wilfried Lorenz. 1974 zog die Firma Seeger in das Gewerbegebiet Bieber-Waldhof. Die ehemaligen Fabrikbauten werden inzwischen vor allem als Büro- und Praxisräume genutzt.

Metall- und Gürtlerwarenfabrik Jakob Mönch

Die Metallwarenfabrik Jakob Mönch ist eine Nachfolgefirma der in den 1770er Jahren gegründeten Portefeuillefabrik Jacob Mönch und Co., die eine der ältesten Feinledermanufakturen Offenbachs war und im 19. Jahrhundert zusätzlich auch Metallzubehör herstellte. 1912 ließ sich die Firma nach Plänen des Architekten Wilhelm Herber auf dem Grundstück Luisenstraße ein neues Produktions- und Verwaltungsgebäude errichten. Dessen repräsentative Steinfassade im Stil des späten Historismus fügte sich trotz ihrer Größe in die Reihe der älteren Wohnhäuser ein. Seit der Schließung der Firma 1971 wird der Baukomplex von verschiedenen Mietern genutzt.

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Skulpturen des Portikus der ehemaligen Lederwerke Julius Mayer & Sohn

Die an den beiden Stahlbetonstützen des Rathausfoyers aufgestellten Skulpturen aus Muschelkalk schmückten einst den Eingangsbereich der Lederwerke Julius Mayer & Sohn. Von dem Offenbacher Bildhauer Karl Huber stammen die vier Männerfiguren, die den etwa acht Meter hohen Eingangsbereich flankieren. Sie symbolisieren die Herstellung von Glanz-Chevreaux. Dieses hochwertige Ziegenleder machte die 1857 in der Luisenstraße als Firma Mayer & Feistmann gegründete Gerberei in den 1870er Jahren zum Weltmarktführer. 1968 wurde das Unternehmen auf Beschluss dieser Muttergesellschaft nach Worms verlegt und die Fabrikgebäude in der Mainstraße zwei Jahre später abgerissen. Zwei der vier Figuren sind im Rathausfoyer aufgestellt, Teile des ehemals imposanten Eingangsportals befinden sich vor dem Deutschen Ledermuseum.

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Relief der Lithographie-Steine, Skulptur von Kai Linke

An die ehemalige Wirkungsstätte Alois Senefelders in Offenbach erinnert das Denkmal im Büsingpark. Dieser hatte um 1798 in München das erste chemische Flachdruckverfahren entwickelt und dort eine Druckerei gegründet. Das Wohn- und Geschäftshaus mit Druckerei befand sich an dieser Stelle, an der damaligen Domstraße 21. Die Verlagsproduktion Andrés wurde schrittweise vom Zinn- bzw. Kupfer-Stich auf das schnellere und kostengünstigere Verfahren der Lithographie umgestellt. Zwei Brüder Johann Anton Andrés brachten das neue Druckverfahren vom Offenbacher Stammhaus in die Filialen des Musikverlags nach Paris und London. In der Folge verbreitete sich die Technik, die als Vorläufer des Offsetdrucks gilt, in der ganzen Welt.

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Büsingpalais

Um 1775/80 ließen sich die Familien Bernard und d’Orville, Inhaber der 1733 gegründeten Schnupftabakfabrik, ein neues Wohn- und Geschäftshaus bauen: das heutige Büsingpalais. Neben dem schlossartigen Hauptgebäude mit dem großen Garten befanden sich seitlich des großen Hofs Lagerräume und ein Teil des Manufakturbetriebs, weitere Fabrikbauten lagen in der Nachbarschaft. Ende des 18. Jahrhunderts erlebte das Haus seine Glanzzeit. Peter Bernard verwandte einen beträchtlichen Teil seines Firmengewinns für die Unterhaltung eines Orchesters, mit dem er zusammen musizierte. Nachdem 1896/97 die Errichtung des Bernardbaus die Arbeitsräume im Altbau überflüssig machte, ließ der damalige Inhaber Adolph Freiherr von Büsing-Orville die Anlage im Stil des Neorokoko umbauen.

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Bernardbau

1896/97 entstand nach Plänen des Architekten Max Schroeder auf einem Teil des früheren Maingartens ein großzügiger Verwaltungs- und Produktionsbau für die Schnupftabakfabrik der Firma Gebrüder Bernard. Zur Herrnstraße hin präsentierte sich das Gebäude mit einer verklinkerten Fassade im Stil des Historismus. Dekorative Werksteinelemente betonen die Eingänge und heben das frühere Direktorenzimmer im Eckerker hervor. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der ursprüngliche repräsentative Charakter des Gebäudes in seinem Formenreichtum bewusst reduziert. 1955 wurde die Produktion im ehemaligen Stammwerk eingestellt. Heute sind die Räume unter anderem an die Stadt Offenbach vermietet, die hier mit der Kinder- und Jugendbibliothek, der Jugendkunstschule und dem Haus der Stadtgeschichte wichtige Einrichtungen des Kulturkarrees etablierte.

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Rauchtabakmanufaktur Krafft

Das Geschäfts- und Wohnhaus der 1791 gegründeten Rauchtabakmanufaktur Geelvinck, Amerongen und Co. ist nach Kriegszerstörung der im Hofbereich gelegenen Fabriktrakte die letzte bauliche Erinnerung an diese Traditionsfirma. Kurz nach der Gründung wurde das Unternehmen durch den Teilhaber Philipp Casimir Krafft übernommen, der 1821 Gründungspräsident der Offenbacher Industrie- und Handelskammer wurde. Die noble Fassadengestaltung mit ihrer leicht hervorgehobenen Mittelachse zeigt, welch bedeutende und gewinnbringende Rolle die Tabakverarbeitung im Wirtschaftsgefüge des Rhein-Main-Gebiets bis ins frühe 20. Jahrhundert spielte. Die Firma produzierte jährlich 80.000 Pfund Rauchtabak auf dem imposanten Betriebsgelände.

Metallwaren- und Kassenschrankfabrik Karl Steinert

Die 1885 gegründete Bau- und Kunstschlosserei entwickelte sich bis Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Kleinfabrik für Kassenschränke. 1896 begann Steinert mit dem Bau des Hinterhauses, der großen Werkstatt im Erdgeschoss und den dortigen Wohnungen sowie einem mehrgeschossigen Vorderhaus. Bürgerliche Repräsentation und Arbeitswelt bildeten zwei getrennte Sphären. Das spiegelt sich auch in der Architektur wider: Die Fassade des Vorderhauses im Stil des späten Historismus fügt sich durch Gliederung und Bauschmuck gefällig in das Straßenbild ein, während Rückseite und Hinterhausfassade reine Zweckbauten ohne ästhetischen Anspruch sind. Der sogenannte „Omnibus“, ein niedriger Wohnraum über der Durchfahrt in den Hinterhof, ist beispielhaft für die sparsame Raumnutzung.

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„Ostpol“

Von den zahlreichen Industriebetrieben in der Hermann-Steinhäuser-Straße ist der Gebäudekomplex des sogenannten „Ostpol“ einer der wenigen erhalten gebliebenen Firmenbauten. Hierher hatte die Maschinenfabrik Stollberg 1878 ihren expandierenden Betrieb verlegt. Anfangs wurden Maschinen für die Filzerzeugung und Hutmacherei hergestellt, später hatte das Unternehmen mit Farbreib-, Misch- und Klebemaschinen für verschiedenste Zwecke Erfolg. Von den Fabrikgebäuden und dem Kesselhaus blieb nach dem Krieg nichts erhalten. Als Stollberg den Standort in den 1950er Jahren aufgab, zog 1954 die in der Luisenstrasse ausgebombte Großdruckerei Gerstung auf das Areal. Berühmt waren vor allem die von Rudolf Gerstung seit 1900 in Zusammenarbeit mit Künstlern und der Firma Klingspor hergestellten Akzidentien, Kalender und „Rudolphinischen Drucke“ in zeitgenössisch-moderner Form. Heute sind der Gründercampus Ostpol mit Büros, Ateliers, Veranstaltungs- und Tagungsräumen sowie die Musikschule Offenbach auf dem Gelände untergebracht.

Schleuse Offenbach

Im Zuge der Mainkanalisierung Ende des 19. Jahrhunderts wurde 1901 die Offenbacher Schleuse als Nadelwehr errichtet. Dabei erfolgte die Regulierung und Stauung des Wasserpegels durch viele im Flussgrund eingesetzte parallele Einzelpfosten, sogenannte Nadeln. Nach schweren Beschädigungen im Zweiten Weltkrieg wurde die Schleusenanlage 1949, nun als Walzenwerk mit vier Wehrpfeilern und einer Fußgängerbrücke, wieder aufgebaut. Um dem Anfang der 1990er Jahre auf das dreifache angewachsenen Schiffsverkehr gerecht zu werden, wurden die Schleusenkammern 1994 von 110 Meter auf 230 Meter sowie 340 Meter verlängert und die Becken auf 4 Meter vertieft. Jetzt benötigen Schiffe nur noch 20 Minuten, um durchgeschleust zu werden. In Richtung Frankfurt grüßt eine rote Windfigur als kinetisches Kunstwerk.

Foto: Stadt Offenbach

Kaiserleibrücke

Für die Autobahn 661 und für einen Fuß- und Radweg 1960-1964 als Stahlrohr- Bogenkonstruktion mit angehängter Fahrbahn erbaute Mainbrücke (Stützweite 220 m). Ausführung der Widerlager durch die Philipp Holzmann AG. Die Lieferung und Montage des Stahlüberbaus erfolgte durch MAN Gustavsburg und Rheinstahl-Union AG, Dortmund.

Foto: Stadt Offenbach

Gasturm und Alte Schlosserei

1904 baute das Städtische Gaswerk in unmittelbarer Nachbarschaft zum Hafen ein modernes Gaswerk. Dazu gehört ein im Stil des Historismus mit dekorativem Ziegelmauerwerk errichteter Turm, in dem das durch Kohleverbrennung erzeugte Rohgas abkühlte. Nach Stilllegung der Gasproduktion 1928 wurde der Turm in Geschosse unterteilt und bekam Fenster statt Holzlamellen vor den Maueröffnungen. 1995 wurden die Stadtwerke privatisiert und die Energieversorgung Offenbach AG stellte den Turm – als eines der letzten verbliebenen Bauteile – in seiner ursprünglichen Form mit Schiefereindeckung und kupferner Turmspitze wieder her.
Die in den 1950er Jahren als betriebseigene Schlosserei errichtete Halle wird seit 2013 für Veranstaltungen aller Art genutzt.

Foto: Stadt Offenbach

Betonobjekte im Dreieichpark

1879 fand in Offenbach die zweite Landesgewerbeausstellung im Großherzogtum Hessen statt. Dort präsentierte die 1874 in Offenbach eingerichtete Dependance der Portland-Cementfabrik (ab 1878 Feege und Gotthardt) mit Zementbögen die technischen Möglichkeiten des neuen Materials: Der weit gespannte Bogen, die aufgeständerte Kuppel und das flach gewölbte Deckenteil mit freischwebend wirkender Treppe demonstrierten die Zukunft des Betonbaus. Konsequent schmucklos und nur aus der Konstruktion heraus entwickelt, besitzt das ungewöhnliche Arrangement bis heute eine wirksame Ästhetik. Mehrfach renoviert, zeugen die Elemente von der großen Industrieausstellung und sind die ältesten erhaltenen Betonbauten ohne Stahlbewehrung in Deutschland.

Foto: Stadt Offenbach

Regulatorenfabrik Jahns

Die 1905 gegründete und schnell expandierende Firma stellte Regler für Kraftmaschinen her und zog bereits 1913 in einen Neubaukomplex an der Sprendlinger Landstraße um. Beim Entwurf des zweigeschossigen Verwaltungsbaus mit seinem hervorspringenden Gebäudemittelteil und dem flachen Dreiecksgiebel orientierte sich Architekt Wilhelm Otto Friedrich Bossert an Vorbildern der Landhausarchitektur des Spätbarock, des Klassizismus sowie am Formgefühl des späten Jugendstils. Letzterer manifestiert sich in dem Relief über dem Eingang. Die Umsetzung erfolgte allerdings mit modernen Baustoffen wie Stahlbeton. Hinter dem Verwaltungsgebäude lagen die flachen Fabrikbauten mit Sheddächern. Wie bei anderen Offenbacher Betrieben auch, waren während des Zweiten Weltkriegs auf dem Firmengelände Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter untergebracht.

Foto: Stadt Offenbach

Maschinenfabrik Fredenhagen

1840 ließ sich die 1829 gegründete Eisengießerei Seebaß & Comp. in Offenbach nieder. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts löste der Maschinenbau den Kunstguss von Konsumartikeln ab. Nachdem Wilhelm Fredenhagen 1872 die Produktion übernahm, lag der Schwerpunkt der Maschinenfabrik mit eigener Gießerei auf dem Motorenbau. 1904 wurde die Fertigung in die neu errichtete Fabrikanlage an der äußeren Sprendlinger Landstraße verlegt. In den folgenden Jahrzehnten wurde der Firmenkomplex weiter ausgebaut und seit den 1920er Jahren auf Förderanlagen und Aufzüge spezialisiert. 1938 wurde der Betrieb „arisiert“. Während des Zweiten Weltkrieges erfolgten weitere Ausbauten, unter Einsatz von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern wurde vor allem für die Rüstungsindustrie produziert. Unmittelbar nach Kriegsende wurde die Produktion von Transportanlagen wieder aufgenommen. Seit 2006 ist die Produktion eingestellt. Die Gebäude werden inzwischen für Firmen- und Produktpräsentationen professionell vermarktet.

Foto: Stadt Offenbach

Wohnhäuser der Frischauf-Fahrradfabrik

Die drei Wohnhäuser an der äußeren Sprendlinger Landstraße sind die einzigen Gebäude, die von der Fahrradfabrik „Frisch-auf“ erhalten geblieben sind. Diese hatte der „Arbeiter-Radfahrer-Bund“, ein der Arbeiterbewegung und den freien Gewerkschaften nahestehender Verein, ab 1911 in Offenbach aufgebaut, um dort preiswerte und solide Fahrräder herzustellen und zu verkaufen. Zum Selbstverständnis des Betriebs mit sozialer Verantwortung gehörte auch der Bau von gut ausgestatteten Werkswohnungen. 1933 beschlagnahmten die Nationalsozialisten die Firma und verkauften sie an die Mayweg-Werke. 1940/41 übernahm die Maschinenbaufabrik Beetz die Gebäude und stellte die Produktion auf Rüstungsbedarf um. Beetz setzte die Fabrikbauten wieder instand, die 1959 nach dem Konkurs der Firma vom Nähmaschinenhersteller Haid und Neu übernommen wurden. Nachdem die US-Armee das Gebäude als Zentrallager genutzt hatte, errichtete die Post auf dem früheren Fabrikgelände ein neues Briefverteilzentrum.

Werksiedlung Roland

Zwischen 1953 und 1961 errichtete die firmeneigene Baugesellschaft von Faber und Schleicher (später MAN-Roland-Druckmaschinen AG, vgl. Nr. 16) in der Richard-Wagner-Straße fast 400 Wohnungen für Mitarbeiter der Maschinenbaufirma. Seinerzeit noch am Stadtrand gelegen, entsprach das städtebauliche Konzept der „gegliederten und aufgelockerten Stadt“, die seit Kriegsende für die moderne Stadtplanung wegweisend war. Die moderne Architektur der ersten Häuser wird durch Wandbilder in farbiger Putzschnitt-Technik („Sgraffito“) des bekannten Offenbacher Malers Adolf Bode (1904-1970) belebt, die auf die weltweite Geschäftstätigkeit der Firma verweisen. Die Werkswohnungen dokumentieren den wirtschaftlichen Aufschwung der Nachkriegsjahre und das Engagement des Unternehmens bei der Wohnraumschaffung.

Foto: Stadt Offenbach

Laufkatze

Eine Laufkatze ist ein Hebe- und Transportgerät, das in Produktionsstätten eingesetzt wird, um schwere Lasten von oben punktgenau an einer bestimmten Stelle abzusetzen. Dabei läuft der Kran auf zwei hochgelegenen Kranbahnen. Die auf einer Brückenkonstruktion quer zur Kranbahn bewegliche Laufkatze ist mit einer Seilwinde zum Heben der Lasten versehen. Die Last selber ist an einem Tragmittel, meist einem Flaschenzug, befestigt. Durch die Halbierung des Kraftweges kann in die Last doppelt so groß sein wie die Zugkraft. Die erhaltene Laufkatze erinnert an die frühere Stahlbaufirma Lavis, an deren Standort sich seit Ende der 1990 Jahre ein großes Einkaufszentrum befindet.

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Schleifscheibenfabrik MSO

Die 1882 als Firma Mayer und Schmidt gegründete Schmirgelwarenfabrik entwickelte sich schnell zu einem Großbetrieb und war mit ihren Präzisions-Schleifmaschinen weltweit führend. Nachdem es 1894 gelungen war, Naturschmirgel durch synthetisch hergestellten zu ersetzen, produzierte das Unternehmen auch Schleifscheiben. Nach Großfeuern 1918 sowie 1929 und teilweiser Kriegszerstörung entstanden immer wieder Neubauten auf dem weitläufigen Fabrikgelände, die den jeweiligen Produktionsprozessen angepasst wurden. 1954 entstand zudem der Verwaltungsneubau an der Senefelderstraße 162 nach Plänen des Architekten Hans Schroeder. 1967 übernahm die Firma Cincinatti Milacron Ohio das Werk. 1972 wurde ein Großteil der Belegschaft entlassen, zwei Jahre später, wurde das Werk stillgelegt. Bis 1980 waren bereits viele Fabrikbauten abgerissen oder an wechselnde Mieter abgegeben worden. Die Stadt Offenbach erwarb einen Teil des Geländes und seit 2005 nutzt die Stadtwerke Offenbach Holding das Verwaltungsgebäude mit dem für die Architektur der 1950er Jahre typischen, elegant geschwungenen Treppenhaus.

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Allgemeine Ortskrankenkasse

Für die bessere Betreuung der etwa 21.800 männlichen und 20.500 weiblichen Versicherten baute Offenbachs Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) 1930/31 ein neues Verwaltungsgebäude am Friedrichsring. Der Entwurf der Architekten Hugo Eberhardt und Fritz Bossert im Baustil der Neuen Sachlichkeit setzte eine städtebaulich Dominante zu zeitgleich gebauten kommunalen Kleinwohnungssiedlungen. Neben Räumen für die Verwaltung und einem Saal für Kulturveranstaltungen sahen die Planer ein Gesundheitszentrum mit Einrichtungen für Heilbehandlungen, Badeanlage und eigener Zahnklinik vor. Die Entwürfe wurden nach 1933 nur teilweise realisiert, weil die nationalsozialistische Gesundheitspolitik die Eigenständigkeit der Ortskassen einschränkte.

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Ehemaliger Schlachthof

Schlachthof und Industriebahntrasse waren ehemals durch eine Gleisabzweigung miteinander verbunden, denn die Anlieferung von Schlachtvieh, Kohlen und anderen Gütern erfolgte über die Industriebahn. 1902/04 wurden der große Komplex mit Schlachthallen, Maschinenhaus, Wasserturm, Kühlhäusern, Eisfabrik, Verwaltungs- und Wohngebäuden nach Plänen des Architekten Röpert gebaut. Es handelt sich um eine sachlich-schlichte Architektur in der Tradition des späten Historismus. Mehrfarbige Sichtziegelfassaden und einfache Werksteingliederungen bestimmen das Bild; im Eingangsbereich findet sich auch ornamentaler Bauschmuck. Der weithin sichtbare Wasserturm besaß vor dem Krieg einen hohen, geschweiften Turmhelm. Als musterhafter Betrieb und bauliches Vorbild für ähnliche Anlagen wurde der Schlachthof vielfach von auswärtigen Expertengruppen besucht. Die Anlage wurde 1990 geschlossen und 1995 in eine Wohnanlage und ein Kongress- und Kulturzentrum mit Hotel umgebaut.

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Kommunaler Wohnbau der 1920er Jahre

Um der Wohnungsnot nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zu begegnen, versuchten Baugenossenschaften und auch die Stadt Offenbach – mit dem Bau kleiner Einfamilienhäuser mit Garten für Selbstversorger – möglichst viele Wohnungssuchende unterzubringen. Eines dieser Siedlungsprojekte waren die ab 1921 an der Bach- und Friedensstraße sowie am Landgrafenring (früher: Friedrich-Ebert-Ring) gebauten „Zeppelinhäuser“. Mit der markanten Dachform setzten Baurat Sander und Bauinspektor Klingelhöfer hier kostensparende Ersatzbauweisen mit Schlackenbeton sowie Bohlenkonstruktionen für voll ausgebaute Dächer um. Als sich 1924 die Ernährungs- und Finanzierungslage verbesserte, entstanden 1924-26 auch viergeschossige Häuser mit preiswerten Mietwohnungen für Arbeiter.

Genossenschaftlicher Wohnbau des späten 19. Jahrhunderts

Die Chemiefabrik Oehler war im 19. Jahrhundert der erste Gewerbebetrieb, der Wohnungen für Mitarbeiter errichten ließ. Die Fabrikanten waren in Zeiten der guten Konjunktur am Zuzug neuer Arbeitskräfte interessiert und gründeten 1872 eine gemeinnützige Baugesellschaft, um diesen günstigen Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. Mit dem auf Aktienbasis gesammelten Startkapital wurden ab 1873 vor allem an der Feldstraße kleine Doppelhäuser mit Gärten gebaut, die dann von ihren Bewohnern, meistens Facharbeitern, in Ratenzahlung erworben wurden. Bis 1889 entstanden hier 70 Arbeiterwohnhäuser, von denen einige auch von mehreren Mietparteien bewohnt wurden. Um etwas für Arbeiter und Taglöhner zu tun, ließ die Baugenossenschaft 1887 in der Flutstraße 29-33 zudem drei sehr schlichte, aber solide gebaute Mehrfamilienhäuser mit billigen Wohnungen errichten.

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Industriebahnweg

Baujahr 1917–1920

Die ursprünglich etwa 4 Kilometer lange Eisenbahnstrecke zwischen Ostbahnhof und Sprendlinger Landstraße verband 18 Offenbacher Betriebe mit der Fernbahnstrecke Frankfurt-Bebra. Die Industriebahn hatte mit der „Gotthard-bahn“, einer Pferdebahn, ab 1887 zunächst eine private Vorgängerin, die von der Zementfabrik Feege & Gotthard, der Dampfkesselfabrik Rochow und der Seifenfabrik Haas betrieben wurde. Die eigentliche Industriebahn wurde schließlich in den Jahren 1917 bis 1920 errichtet. Erste angeschlossene Firma war die Fassgroßhandlung Reichard. An Abzweigungen jenseits der Sprendlinger Landstraße folgten die Firmen Loos, Fredenhagen und Stöhr. Dazwischen reihten sich für die Offenbacher Wirtschaft so bedeutende Betriebe wie die Maschinenfabrik Hartmann, die Portland Zementwerke, die Schleifmaschinenfabrik Schmaltz, die Fabrik für Schmirgelmaschinen Mayer & Schmidt, die Hammonia Stearin-Fabrik; auch der Schlachthof erhielt einen eigenen Anschluss. Letzter betrieblicher Nutzer vor Einstellung der Bahn 1993 war die Firma Stahlbau Lavis. Heute wird die Trasse als Radweg genutzt. Entlang der Strecke weisen Tafeln auf die Firmengeschichte ehemaliger Betriebe hin und Ausstellungsstücke, die noch aus der Zeit des Bahnbetriebs stammen, ermöglichen die Begegnung mit der Industriegeschichte Offenbachs - so eine Lore, ein Signal, eine Laufkatze oder verschiedene Weichen.

Firma Curt Matthaei / Mato-Fabrik

1922/23 errichtete die Nadel- und Zelluloidfabrik Ludwig Schmetzer AG nach Entwürfen des Architekten Philipp Hufnagel an der Kreuzung Bieberer Straße und Industriebahn einen neuen Firmenkomplex. Allerdings wurde nur der erste Bauabschnitt mit einem Verwaltungs- und Wohngebäude sowie einem inzwischen abgerissenen Fabrikbau realisiert. Über der Durchfahrt neben dem Bürobau befand sich das Musterzimmer. In den Jahren der Weltwirtschaftskrise erwarb die Firma Curt Matthaei / Mato die Anlage und passte sie ihrer Produktion von gestanzten Metallriemenverbindungen für Transmissionen an. Bald kam die Herstellung von Förderanlagen, Transportgeräten und Apparaten, wie beispielsweise Knipszangen für Schaffner und Fettpressen hinzu. 1988 zog die Firma nach Mühlheim-Dietesheim um. Heute erinnert das Torgebäude an die ehemalige Fabrik auf dem Gelände.

Carl Friedrich Maltner „Myflam“

1859 als Gürtlerwarenfabrik gegründet, belieferte Maltner Portefeuillefabriken mit Zubehör. Ab 1910 kam die erfolgreiche Fertigung von Feuerzeugen dazu und führte 1920 schließlich zur Neugründung als Metallwarenfabrik. Ab 1923 sorgten innovative Sortimentserweiterungen, wie unter anderem das Benzinfeuerzeug „Tausendzünder“, das später unter dem Namen „Mylflam“ international vermarktet wurde, für das Wachstum der Firma. In den 1930er Jahren wurden Teile der Werksgebäude nach Entwürfen des Architekten Heinz Collin ausgebaut. Dem Bedürfnis nach Luxus- und Konsumgütern nach Kriegsende kam Maltner mit der Konzentration auf Feuerzeuge sowie Toilettenartikel aus Metall nach. 1974 wurde die Produktion ins Ausland verlegt und nach 1976 eingestellt. Bis Mitte der 1980er Jahre wurden noch Versand und Reparatur der inzwischen in Sammlerkreisen geschätzten Feuerzeuge angeboten

Kleinkinderschule Bieber

Im späten 19. Jahrhundert reichte der väterliche Lohn den jungen Arbeiterfamilien oft nicht zum Unterhalt, die Ehefrauen mussten mitarbeiten. Sogenannte Kleinkinderschulen waren Sozialeinrichtungen, die berufstätigen Müttern gegen geringe Gebühren die Aufsicht über ihre noch nicht schulpflichtigen Kinder abnahmen. Dies war auch im Interesse der Industriebetriebe, die ihre gut angelernten weiblichen Arbeitskräfte auch nach deren Heirat weiter beschäftigen wollten. Bis nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aber keine eigene Kinderbetreuung angeboten. Diese war der Kommune oder kirchlichen Einrichtungen überlassen. In Bieber übernahmen die katholischen „Schwestern von der göttlichen Vorsehung“ in einem 1893 dafür errichteten Gebäude diese Fürsorgeaufgabe. Auch, um kommunistische oder sozialdemokratische Arbeiterfamilien zum Glauben zurückzuführen. In Offenbach befand sich eine vergleichbare Kleinkinderschule im Marienheim in der Krafftstrasse.

Genossenschaftlicher Wohnbau der 1930er Jahre

Die seit 1920 vor allem in Tempelsee aktive Kleinwohnungs-Baugenossenschaft „Odenwaldring“ errichtete 1938 nach Entwürfen des Architekten Peter Petermann in Bürgel unter anderem die Mehrfamilienhaus-Siedlung „Klosterhof“ mit acht zweigeschossigen Gebäuden. Die 40 „Volkswohnungen“ bestanden aus je zwei Zimmern, Küche und einer Schlafkammer. Trotz der sparsamen Bauweise bieten die Gebäude mit ihren Sandsteinsockeln, Erkern, Schlagläden, kleinen Holzbalkonen und Torbögen zum Garteninnenhof ein malerisches Bild im Stil der als „heimatverbunden“ interpretierten traditionalistischen Architektur. Einziger Bauschmuck ist die Skulptur eines Kindes mit Tambourin, die 1914 von Bildhauer Paul Seiler für das Geschäftshaus Frankfurter Straße 1 geschaffen, nach dessen Modernisierung 1928 entfernt und später von Architekt Petermann hierher versetzt wurde.

Deutsche-Amerikanische Lederwerke Becker und Co.

Bevor Gerhard Becker 1898 den Gerbereibetrieb am Ortsrand von Bürgel gründete, hatte er sich in Nordamerika mit modernen Lederverarbeitungstechniken befasst. Das Unternehmen wuchs schnell zum Großbetrieb. 1909/10 entstanden Fabrik- und Verwaltungsgebäude nach Entwürfen des Architekturbüros Brunn und Seeger. Eine besondere Spezialität der Deutsch-Amerikanischen Lederwerke war die Verarbeitung und Färbung von Rindsleder sowie seit den 1920er Jahren von Lackleder und Oberleder für die Schuhproduktion. 1970 wurde die Firma geschlossen, alle Produktionsgebäude abgerissen und das Gelände neu bebaut. Erhalten geblieben sind der denkmalgeschützte Verwaltungsbau und die „Beckerbogen“ genannte Verbindungsbrücke zum früheren Werkstattgebäude.

Schleif- und Polierautomaten aus Bürgel – Gebrüder Hau Maschinenfabrik

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs auch das ursprünglich arme Bauerndorf Bürgel zur Industrieansiedlung. Dort wagte 1898 Philipp Gothardt Hau den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit, gemeinsam mit seinem Bruder gründete er die „Gebrüder Hau, Maschinenfabrik, Bürgel am Main.“ Der von ihm entwickelte Einspindel-Automat „System Hau“ arbeitete vollkommen selbstständig. 1944 wurden Teile des Firmengeländes durch Fliegerbomben zerstört. In den ersten Nachkriegsjahren wurden noch Teile aus dem alten Maschinenprogramm der Drehautomaten gefertigt, stellte das Unternahmen ab 1957 ausschließlich HAU-Schleif- und Polierautomaten und Sondermaschinen für die Oberflächenveredlung her. 1970 entstand auf dem circa 12.000 m2 großen Gelände an der Lammertstraße nach den Plänen des Architekten Hans Brehm ein dreigeschossiges Büro- und Verwaltungsgebäude und eine circa 7.000 m2 große Fertigungshalle. 1973 hatte das Unternehmen 300 Mitarbeiter und Kontakte in über 60 Länder der Erde. Die schlechte Konjunktur in den 1970er und 80er Jahren führte erst zu einer Verringerung der Beschäftigtenzahl und im April 1984 schließlich zur Eröffnung eines Vergleichsverfahrens, das am 30. Juli mit dem Konkurs endete. Mit der Liquiditätsversteigerung am 1. Dezember 1984, bei der der gesamte Maschinenpark sowie die Betriebs- und Büroeinrichtung versteigert wurden, endete ein bedeutender Teil der Bürgeler Industriegeschichte.

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Rohrbrücke Clariant / Anlegestelle für Tankschiffe

An der Entladestelle für Tankschiffe wurden flüssige und gasförmige Chemikalien angeliefert und über ein Rohrsystem über die Mainstraße hinweg auf das angrenzende Werksgelände gepumpt. Das so belieferte chemische Werk war das erste seiner Art in Deutschland. Es ging aus der 1842 von Ernst Sell gegründeten Fabrik hervor, in der Teerabfälle der Steinkohle-Verkokung destilliert, Anilin gewonnen und z. B. Desinfektionsmittel und Mottenpulver hergestellt wurden. Wirtschaftliche Blüte erfuhr das Werk unter Sells Nachfolger Karl Oehler.

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Chemisches Farbwerk

Die 1842 von Dr. Ernst Sell eingerichtete chemische Fabrik destillierte Teer und war der erste selbständige Hersteller von Asphaltprodukten in Deutschland. 1850 kaufte Karl Oehler den Betrieb, baute die Herstellung von Farbstoffen auf Anilinbasis aus 1905 verkaufte Dr. Eugen Oehler das Werk an die Firma Griesheim-Elektron, die Forschung und Produktion weiter ausbaute und 1912 den unlöslichen Farbstoff “Naphtol AS” entwickelte. Wirtschaftliche Probleme in der Zwischenkriegszeit, vor allem aber die Eingliederung in den IG-Farben-Konzern 1925 führten zum Produktionsrückgang. Ab 1933 stieg die Nachfrage nach Farbstoffen und sorgte für einen Ausbau- und Modernisierungsschub im Offenbacher Werk. Nach dem Zweiten Weltkrieg und der Zerschlagung der IG-Farben stellte die nun eigenständige Naphtol-Chemie die kriegsbeschädigten Produktionsanlagen wieder her. 1953 wurde das Unternehmen von den Farbwerken Hoechst übernommen, die den Standort ab 1961 für die Trevira-Produktion ausbauten. Nach mehrfachen Umfirmierungen wurde die chemische Produktion 2010 am Standort Offenbach eingestellt. Inzwischen sind fast alle Fabrikanlagen abgerissen worden. Vereinzelte denkmalgeschütze Gebäude wie der Verwaltungsbau sollen in die geplante Neubebauung des Gewerbegebietes einbezogen werden.

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Sozialgebäude / Chemisches Farbwerk

Anlässlich eines Jubiläums beschloss die Firma Griesheim-Elektron auch im Zweigwerk Offenbach ein neues Gebäude für Sozialeinrichtungen zu errichten. Nach Plänen des in Berlin lebenden Architekten Hans Bernoulli entstand 1908 der sogenannte Wohlfahrtsbau, der gleichzeitig als Werktor zur Stadt fungierte. Zur Straßenseite hin, traditionell zwischen modernisiertem Barock und Heimatstil, verbirgt sich im Inneren des Hauptgebäudes mit seinem markanten Turm eine Eisenbetonkonstruktion, die große freitragende Hallen in jedem Geschoss trägt. Das Erdgeschoss beherbergte ein Badehaus für die Mitarbeiter, im Obergeschoss befanden sich die Küche und der Speisesaal mit fast 360 Sitzplätzen. Im östlichen Anbau befanden sich weitere Baderäume für Beamte und weibliche Mitarbeiter sowie zusätzliche Sozialeinrichtungen. Nach Jahren des Leerstands haben sich Künstler und Kreative in dem denkmalgeschützten Gebäude niedergelassen.

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Lederwerke Spicharz

1825 kaufte die Familie Spicharz die „Neuhütte“, eine am Mainufer gelegen Ziegelei, und richtete dort eine Gerberei ein. Ab den 1830er Jahren von Philipp Jacob Spicharz geführt, stellte sie anfänglich handwerksmäßig besonders Lackleder her. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelte die dritte Unternehmergeneration die Produktion zum Industriebetrieb um 1910 vernichtete ein Großbrand den älteren Teil der Fabrikanlage und das noch aus den Zeiten der Neuhütte stammende Wohnhaus, das durch einen modernen Verwaltungsbau ersetzt wurde. Allerdings gelang es den Lederwerken, ehemals Spicharz AG, trotz neuer Produktionsanlagen nicht, wieder an die Prosperität der früheren Jahrzehnte anzuschließen. Ab 1925 entließ die Firma einen Großteil der Mitarbeiter und stellte die Produktion weitgehend ein. 1929 wurde der Betrieb geschlossen und bis auf den Verwaltungsbau abgerissen. 1953 kaufte die Bäckergenossenschaft das Gebäude und unterhielt dort bis in die 2000er Jahre Büro- und Lagerräume.

Hafenbahn

Bereits bei der Planung des Offenbacher Hafens wurde eine Bahntrasse mitberücksichtigt, die diesen entlang des Mainufers mit der Frankfurt-Bebraer-Bahnstrecke verbindet. Vor allem die chemische Fabrik Oehler hatte schon lange einen eigenen Bahnanschluss gefordert und diesen 1898/99 endlich bekommen. Mit der Eröffnung des Hafens 1902 wurde auch die Hafenbahn in Betrieb genommen. Im Zuge der damaligen Höherlegung der Frankfurt-Bebraer-Bahn und der Neuordnung des Bahngeländes wurde 1914-19 ein neuer Güterbahnhof gebaut. Der Ostbahnhof war Ausgangspunkt der angelegten Industriebahn, die auch die großen Fabrikbetriebe an der Waldstraße sowie der Sprendlinger Landstraße vom Hafen aus über Bahngleise mit Rohstoffen und Gütern versorgte. An die einstige Hafenbahn erinnert heute noch ein Abschnitt der Schienentrasse, das „Kulturgleis“ mit einem Güterwaggon, der für kulturelle Veranstaltungen genutzt wird. Am östlichen Ende schraubt sich das Gleis als Kunstwerk in Form einer Helix himmelwärts. Das Kulturgleis markiert zugleich die Lage des Mainkais der Stadt, der vor dem Bau des Hafens als Schiffsanlagestelle diente.

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Hafen Offenbach

Mit fortschreitender Industrialisierung gewann der kostengünstige Transport von Rohstoffen und Waren über die Flüsse an Bedeutung. Nach dem Ausbau der Rhein-Main- Wasserstraße begannen 1899 die Bauarbeiten für ein großes Hafenbecken. Dieses wurde 1902 eingeweiht und besaß eine Länge von 770 m, eine Breite von 65 m und eine Tiefe von 2,50 Meter. 1902 betrug der Güterumschlag 58.400 Tonnen; 1913 waren es bereits 335.000 Tonnen. Im Zuge des wirtschaftlichen Strukturwandels und der Umstellung auf Containerterminals verlor der Hafen Offenbach zunehmend an Bedeutung, bis der Betrieb in den 1990er Jahren dann endgültig eingestellt wurde. Heute beherbergt das 256.000 Quadratmeter große Areal ein urbanes Quartier, an dessen frühere Funktion lediglich noch der erhaltene Hafenkran erinnert.

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Heyne-Fabrik

1896 begann die seit 1869 bestehende Metallschrauben- und Präzisionsdrehteilfabrik Gebrüder Heyne die Produktion in ein neu errichtetes größeres Werk neben dem Hafen zu verlegen. Die nach und nach gebauten, sachlich gestalteten Fabriktrakte gruppieren sich um mehrere Höfe. 1913 beschäftigte die Firma fast 400 Arbeiter und war Offenbachs drittgrößter Industriebetrieb. Von diesen Klinkerbauten hebt sich der vom Architekten Hugo Eberhardt 1912/14 entworfene repräsentative Verwaltungsbau klar ab. Den hervorgehobenen Eingangsbereich schmücken die Skulpturen des jungen und des älteren Arbeiters neben den Fenstern des Chefbüros, ornamentale Reliefs sowie die hohen Bronzekandelaber im Stil des späten Darmstädter Jugendstils erzeugen eine feierliche Stimmung. Daneben überwölbt ein große Torbogen die Fabrikeinfahrt und bildet die Verbindung zu den Produktionsbauten. Während beider Kriege produzierte Heyne Rüstungsgüter in großem Umfang, im 2. Weltkriegs unter Einsatz vieler Zwangsarbeiter. 1968 wurde der unrentable Betrieb, inzwischen Zulieferer für die Autoindustrie, geschlossen. In den Werkshallen zogen die unterschiedlichsten Mieter ein, unter anderem die Hochschule für Gestaltung mit Atelierräumen. Die schrittweise Umgestaltung des Baukomplexes seit den 1990er Jahren durch das Architektenbüro Allmann, Sattler und Wappner, München wurde mit mehreren Preisen ausgezeichnet und machte die Anlage für Firmen der Werbe- und Modebranche attraktiv.

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Kran, Kohleförderband und Kraftwerk

Abends von weit sichtbar, transportiert der 1949 gebaute Kran rund 100.000 Tonnen Steinkohle jährlich von Schiffen auf einen Lagerplatz und von dort auf Förderbändern über den Nordring hinweg in einen Kohlebunker der Energieversorgung Offenbach (EVO). Dabei rangiert er mit einer Geschwindigkeit von 15 km/h auf einer 53 m langen Ladebrücke. Doch erst seine genietete Eisengitterkonstruktion macht ihn zu einem Denkmal, einem künstlerisch wertvollen noch dazu. Denn seit der „Luminale“ 2010 wird der Kohlekran in den Abend- und Nachtstunden von insgesamt 380 m langen LED-Leuchten rhythmisch beleuchtet.

Foto: KulturRegion FrankfurtRheinMain

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