Lokaler Routenführer Friedberg
Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Texte: Michael Keller, Johannes Kögler, Lutz Schneider
Industriegeschichte in Friedberg
Die zentrale Lage in der fruchtbaren Wetterau und wichtige Station an der Handelsstraße zwischen Frankfurt und Leipzig, das waren die wirtschaftlichen Grundlagen Friedbergs, und dies galt von den römischen Anfängen bis über das Ende von Reichsburg und Reichsstadt 1803/1806 hinaus. Zum Verwaltungs- und Schulzentrum wurde die Stadt mit der Eingliederung in das Großherzogtum Hessen im 19. Jahrhundert. Die Industriegeschichte der Stadt begann 1850 mit dem Bau einer in Stil und Technik an ein römisches Viadukt angelehnten Eisenbahnbrücke in unmittelbarer Sichtweite zur Friedberger Burg, dem Rosental-Viadukt. Blockiert durch konservative Kreise und erschwert durch die Enge des Stadtgebietes entwickelten sich im 19. Jahrhundert nur wenige kleinere Fabriken – Brauereien, eine Möbelfabrik, Lackfabriken, eine Fotopapierfabrik und eine Maschinenfabrik. Erhalten sind heute nur noch einige Villen in der Neustadt, an der Seewiesenfront und in der Burg. Ab 1880 revolutionierte der Zuckerrübenanbau die Wetterauer Äcker. 1882 entstand auf der an Friedberg angrenzen- den und 1901 eingemeindeten Gemarkung des Dörfchens Fauerbach eine Zuckerfabrik und davon ausgelöst zwischen 1911-1913 ein neuer Personen- und Güterbahnhof. In der Zeit der Zuckerrübenkampagne war Friedberg bis zur Schließung der Fabrik Mitte der achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Mittelpunkt eines die gesamte Wetterau umfassenden Industriebezirkes. Der Friedberger Bahnhofentwickelte sich mit seinen zahlreichen Nebenlinien zum Hauptbahnhof der Wetterau. Fabrikarbeiter fuhren von hier in die Industriebezirke von Offenbach, Frankfurt, Hanau oder Höchst. Mit heute 20.000 Nutzern am Tag zählt er zu den großen Bahnhöfen an der Main-Weser-Bahn. Für die Ausbildung im technischen und Ingenieur-Bereich entstand 1912 das Gewerbeschulhaus in prononcierter Lage zwischen den Villen der Mainzer-Tor-Anlage. 1908 erfolgte die Gründung der Gewerbeakademie, der Keimzelle der heutigen Fachhochschule Giessen-Friedberg, derzeit in Hessen die Fachhochschule mit den höchsten Zuwachsraten. Ihre industriefeindliche Haltung durchbrach die Stadt Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts. In den letzten Jahrzehnten siedelten sich im Süden der Stadt Firmen wie SUBARU, ABB, JVC oder DEV Systemtechnik an. Die größte gewerbliche Investition im Wetteraukreis erfolgt derzeit mit der Erweiterung von Fresenius Kabi, europäischer Marktführer in der Infusionstherapie und in der klinischen Ernährung.

Bahnhof Friedberg
Seit 1850 besitzt Friedberg mit der Eröffnung der Strecke nach Frankfurt am Main einen Eisenbahnanschluss. Viele Streckenverbindungen folgten und spätestens mit der Eröffnung der Strecke nach Friedrichsdorf 1901 genügte der 500 Meter nördlich gelegene Alte Bahnhof den Ansprüchen nicht mehr, so dass Friedberg ein neues Empfangsgebäude und von 1911 bis 1922 erweiterte Bahnhofsanlagen erhielt. Das von 1911 bis 1913 unter der Leitung von Armin Wegner nach dem Entwurf von Regierungsbaumeister Krause im neo- klassizistischen Stil erbaute Empfangsgebäude wird von der gestreckten Halle dominiert. Auf dem Parkplatz neben dem Bahnhof steht der 1897/98 errichtete Fürsten-bahnhof in Gestalt eines barockisierenden Pavillons für die Besuche des Darmstädter Großherzogs in seiner Friedberger Residenz. Im Jahr 1917 wurde der Fürsten-bahnhof an den 1913 in Betrieb genommenen neuen Bahnhof verlegt. Den alten Bahnhof riss man 1983 für den Bau des City-Parkhauses ab. Den Hauptbahnhof der Wetterau passieren täglich bis zu 365 Züge und 20.000 Reisende, seit 1978 fährt die S-Bahnlinie 6 nach Fried-berg. Die 2009 begonnene Modernisierung in deren Rahmen der Friedberger Bahnhof als „Tor zur Wetterau“ ausgebaut werden soll, fand im November 2010 einen ersten Abschluss. 600.000 Euro wurden in einen neuen Anstrich, neue Fenster und einen neuen Fußboden investiert. Die installierte moderne Heizungsanlage senkt den Energieverbrauch des Bahnhofs um 30%.

Carré Langer, ehemaliges Warenhaus Geschwister Mayer
1915 errichteten die Gebrüder Lewy, Inhaber des 1900 gegründeten Warenhauses Geschwister Mayer, ein damals hochmodernes, viergeschossiges Gebäude aus Stahlbeton. Mit dem Neubau wurde gleichzeitig das Kaufhaus aus der Alten Bahnhofstraße in die unmittelbare Nähe des neuen, 1913 errichteten Bahnhofs verlagert. 1936 wurde das Kaufhaus „arisiert“ und ging in den Besitz von Alfred Langer über. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude stark beschädigt; das zerstörte Walmdach wurde beim späteren Wiederaufbau durch ein Flachdach ersetzt. 1952 wurde das Kaufhaus Langer wiedereröffnet und bis Juni 1983 betrieben. 2003 bis 2005 wurde das Gebäude saniert und erhielt nun den Namen Carré Langer. Es beherbergt heute im Erdgeschoss ein Restaurant in den oberen Geschossen Büroräume.

Kino-Center, ehemaliges Roxy-Theater
Anfang 1952 erwarb Karl Baab rund 2.000 m² städtischen Geländes in der Bismarck-straße. Nach nur achtmonatiger Bauzeit konnte am 31. 10. 1952 das Roxy-Theater mit 594 Sitzplätzen als moderner Kino- und Theatersaal eröffnet werden. 1980 ging aus ihm die Kino-Center Friedberg GmbH hervor, die heute von der Film Theaterbetriebe H. Wunderer GmbH betrieben wird.

Alte Post
Das 1913 von Regierungsbaumeister Friedrich Lohoff erbaute ehemalige Postgebäude zählte zu den repräsentativsten Gebäuden im „neuen Friedberg“ und dient als Beispiel des Bauens vor dem 1. Weltkrieg, bei dem sich Sachlichkeit und Historismus überlagern. Das ganze Gebäude ist in Renaissanceformen des frühen 17. Jahrhunderts errichtet. Zahlreiche Umbauten vor allem am Seitenflügel und in der Dachzone haben allerdings die Gesamterscheinung beeinträchtigt. 1999 verkauft, beherbergt es heute das Staatliche Schulamt für den Hochtaunus- und Wetteraukreis sowie das Studienseminar für Grund-, Haupt-, Real- und Förderschulen Friedberg.

Haus des Handwerks
1912 ließ der Ortsgewerbeverein Friedberg ein Gewerbevereinsgebäude für die seit 1848 in Friedberg bestehende Gewerbeschule bauen. Das Gebäude ist den Reformbewegungen der Architektur im beginnenden 20. Jahrhundert zuzuordnen, denen an funktionaler und elementarer Gestaltung gelegen war. In diesem Zusammenhang ist etwa die gestalt-prägende Stereometrie des Daches anzuführen. Nach der Selbstauflösung des Vereins 1933 beherbergte der Bau verschiedene Schulen, u. a. die Luftschutzschule. Ab April 1947 war das Gebäude Sitz der Amerikanischen Militärregierung in Friedberg. Nach der Wiedergründung des Ortsgewerbevereins 1948 kam es wieder in den Besitz des Vereins und ist seither Vereinssitz. Hauptnutzer ist allerdings die Augustinerschule, die im Haus zahlreiche Räume für ihre Schüler belegt.

Wartturm
Der am 20. Juni 1928 eingeweihte, von dem Regierungsbaurat August Metzger entworfene Wartturm vereint drei Funktionen in einem Bau: Wasserturm, Gedenkstätte und Aussichtsturm. Auf dem Wartberg stand bis ins Jahr 1802 einer der mittelalterlichen Warttürme Friedbergs, die Mainzer Warte. Mit seiner Höhe von 38 Metern bildet der auf dem höchsten Punkt der Stadt aus Stahlbeton errichtete achteckige Turm zugleich eine wichtige Landmarke neben dem Adolfsturm und dem Turm der Stadtkirche. Die freiplastische Monumentalität der Anlage, die von expressionistischem Formenverständnis beeinflusst scheint, liegt vermutlich in der Funktion als Gedenkstätte begründet. Die Halle im Erdgeschoß war von Anfang an als Ehrenhalle für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs vorgesehen; als solche wurde sie 1932 eingeweiht. Später kam das Gedenken an die Gefallenen des Zweiten Weltkriegs hinzu. Bis heute werden alljährlich am Volkstrauertag in der Ehrenhalle Kränze niedergelegt. An der zur Straße gerichteten Ostseite ziert ihn das 45 m² große, von dem Kunstbildhauer Hugo Siegler geschaffene Stadtwappen, das eines der größten in Deutschland ist.

Ehemalige Fr. Megerle GmbH, Lackfabriken und Rivalinwerke
„Megerle´s Lackfabriken und Rivalinwerke“ wurden 1874 gegründet und bestanden aus der deutschen Firma in Friedberg sowie einer österreichischen Firma in Wien. Die Friedberger Produktionsstätten wurden ab 1875 von Franz Megerle als Inhaber aufgebaut, auf einem Gelände, das an der Landstraße nach Frankfurt zu dieser Zeit noch außerhalb der städtischen Bebauung lag. Das Firmen-gelände wurde in den folgenden Jahrzehnten sukzessive erweitert und ausgebaut. Parallel dazu erreichten zu Beginn des 20. Jahrhunderts die neuen Straßenzüge und gehobenen Wohnquartiere das Areal, und Neubauten der Fabrik mussten sich gegen die entstehende Wohnbebauung behaupten. Aus dieser Zeit stammt eine vermutlich 1906/07 errichtete Fabrikhalle innerhalb des heute von außen kaum einsehbaren Firmengeländes. An der Kaiserstraße erinnert neben der Fabrikzufahrt noch die 1897/98 im Neo-Renaissance-Stil erbaute Villa Megerle (Kaiserstraße 177) an das Unternehmen. Ein um 1910 veröffentlichter Katalog der Lackfabriken zählt insgesamt 700 verschiedene Produkte auf. Der Ausbau der Fabrik wurde mit Baumaßnahmen in den 1930er bis 1960er Jahren fortgesetzt. In der Produktion erfolgte eine Spezialisierung vor allem auf Schutzlacke für Spiegel. 2005 wurde die Lackfabrik von der US-Firma Spraylat Corporation übernommen, hatte jedoch nur noch wenige Jahre Bestand. 2008/09 wurde der Betrieb eingestellt.

Ehemalige Villa Trapp
Die Trapp’sche Villa wurde 1876 von Carl Trapp, einer bedeutenden Friedberger Persönlichkeit, als eines der ersten Wohnhäuser außer- halb der alten Stadtgrenzen erbaut und noch vor 1900 aufgestockt und um einen großen Erkeranbau erweitert. Carl Trapp und sein Bruder August Trapp waren Inhaber der 1861 gegründeten Firma Trapp und Münch, die zu Beginn vor allem in der Fotografie benötigte Chemikalien herstellte. Bald spezialisierte sich die Firma auf die Herstellung von Albuminpapieren und präsentierte sich erfolgreich auf den Weltausstellungen in Wien (1873) und Philadelphia (1876). Der Export der Albuminpapiere ging nach England, Frankreich, Italien, Russland, den Ver- einigten Staaten und Australien. In London wurde eine Tochtergesellschaft gegründet. In den 1880er Jahren bekam das Albuminpapier durch weitere Fotopapiere starke Konkurrenz, worauf die Firma Trapp & Münch mit einer Umstellung ihrer Produktion auf Mattalbumin reagierte. In der Friedberger Bevölkerung wurde die Firma aufgrund ihres enormen Verbrauchs an Eiern (in den 1880er Jahren fast 2 Millionen jährlich) als „Eierfabrik“ bezeichnet. Das Albumin, das als Bindemittel des Albumin-papiers verwendet wird, gehört zu den Proteinen und ist vor allem im Eiklar des Hühnereis vorhanden. Als licht- empfindliche Substanz dient beim Albuminpapier Silberchlorid. Die Firma Trapp & Münch hatte in Friedberg bis 1931 Bestand. 1983 wurde das Haus von der Kreisspar-kasse (heute Sparkasse Oberhessen) erworben und in der Folge umgebaut und erweitert. Es beherbergt heute vor allem Sitzungs-, Schulungs- und Veranstaltungsräume.

Ehemalige Maschinenfabrik Wilhelm Reuss
Schon bei ihrer Gründung im Jahr 1865 war das Betriebs-gelände der Maschinenfabrik Reuss hinter den Häuser-zeilen der Kaiserstraße und der Haagstraße verborgen. Heute zeugen nur noch zwei große Firmenschilder an den Häusern Haagstraße 9 (Firmenanschrift) und Kaiserstraße 114 von der 2008 endgültig stillgelegten Firma. Als Maschinenapparatebau-anstalt und Kesselschmiede von Karl Konrad Reuss gegründet, ging die Fabrik im Jahr 1900 an den Sohn Wilhelm Reuss über, der sie über 50 Jahre leitete. Große Bedeutung weit über die Grenzen Deutschlands hinaus erlangte die Firma in den Anfängen des 20. Jahrhunderts durch die Entwicklung damals innovativer Schweißverfahren für den Stahl-Maschinenbau. Noch als 75-jähriger leitete Wilhelm Reuss 1956 das „Spezialschweißwerk für SM.-Stahlmaschinenbau“ mit einer Belegschaft von 70 Mitarbeitern. Nach einem allmählichen Rückgang der Produktion wurde der Betrieb 2008 endgültig eingestellt.

Ehemaliges Schuhhaus Ehrlich
1913 erbaute Christian Karl Freund- lieb für den Schuhhändler Leopold Ehrlich ein 5-stöckiges Hochhaus im Stil der modernsten Frankfurter Geschäfts-Hochhäuser auf der Kaiserstraße 115, als erstes, damals nicht unumstrittenes, Friedberger Hochhaus. Den Boykottmaßnahmen der NSDAP und des „Kampfbunds des gewerblichen Mittelstandes“ gegen die jüdischen Geschäfte fiel auch das Schuhhaus Ehrlich zum Opfer. Ende 1935 wurde es „arisiert“ und ging in den Besitz der Offenbacher Schuhhändler Brüder Pauthner über. Von den 1960er bis 1980er Jahren war das Mietshaus Filiale einer Lebensmittelkette. Heute beherbergt das Haus einen Textildiscounter.

Ehemalige Fasshalle Der Brauerei Windecker
1874 von Philipp Heinrich Windecker, dem Gründer der Brauerei Windecker, erbaut. Die Fasshalle ist das letzte Zeugnis der 1933 durch den Verkauf an die Binding AG aufgegebenen Brauerei. Sie bildet den oberirdischen Endpunkt eines mehrgeschossigen Labyrinths von bis zu 18 Meter tiefen Industriekellern, in denen ehemals das Bier gelagert wurde. Dabei ist der eindrucksvollste Keller der direkt unter der Fasshalle, dessen Kreuzgratgewölbe der 3 x 4 Joche auf Gusseisensäulen ruhen. Momentan wird das Gebäude teilweise als Abstellraum genutzt.

Rosentalviadukt sogenannte „24 Hallen“
Das 1847 bis 1850 unter der Bauleitung von Peter Hochgesand errichtete Rosentalviadukt ist das größte und architektonisch bedeutendste Bauwerk der von 1846 bis 1852 zwischen Frankfurt und Kassel angelegten Main-Weser-Bahn. Die aufwändigste Bauaufgabe war dabei die Überbrückung des Flüsschens Usa unmittelbar an der Nordostgrenze Friedbergs über eine Länge von 275 Metern und in einer Höhe von 16 Metern. Getragen wird die Bahntrasse von 24 Pfeilern, die mit Halbkreisbögen im Stile eines römischen Viadukts verbunden sind. Jeweils vier polygonale Turmbauten beiderseits gliedern die Pfeiler- und Bogenreihung und dienen zugleich als stabilisierende seitliche Widerlager, so dass die monumentale Gesamtform auch als ästhetische Gestalt beeindruckt. Der Viadukt hat seine Funktion auch unter den erheblich größeren Belastungen des modernen Personen- und Güterverkehrs bis 1982 erfüllt. Dies wäre auch weiterhin möglich gewesen, doch das Bedürfnis der Bahn nach höherer Fahrgeschwindigkeit führte 1980-82 zum Bau einer unmittelbar daneben liegenden Brücke mit günstigerem Kurvenradius. Seit dieser Zeit ist der Viadukt funktionslos. Der Abbruch konnte 1981/82 verhindert werden. 1993 wurde der Viadukt von der Bahn an private Investoren verkauft, die seit einigen Jahren die Errichtung einer Solaranlage auf dem Bauwerk planen. Den Friedbergern gilt das „24 Hallen“ genannte Viadukt als ein Wahrzeichen und das Land Hessen hat es „aus kulturgeschichtlichen, künstlerischen, technischen und ortsbildprägenden Gründen“ als schützenwertes Kulturdenkmal gewürdigt.

Burgsiedlung
Nach den Plänen des Friedberger Architekten Christian Karl Freundlieb wurden in den Jahren 1934/1935 zehn Doppelhäuser als Arbeitersiedlung zur Behebung der Wohnungsnot von der Stadt Friedberg erbaut. Finanziert wurde der Siedlungsbau durch Spenden der Bürgerschaft und der Arbeitsgemeinschaft der städtischen Randsiedlung. Erweitert wurde sie ab 1936 durch das Gauheimstättenamt Frankfurt a. M. durch den Bau von Häusern mit Stall und Garten, „Wirtschaftsheimstätten“ genannt. 1953 kamen 16 Doppelhäuser auf einem Gelände von 29.000 m² hinzu, errichtet von der Nassauischen Siedlungsgesellschaft. Sie sollten der Unterkunft von landwirtschaftlichen Nebenerwerbssiedlern dienen, also heimatvertriebenen Bauern.

OVAG Oberhessische Versorgungsbetriebe AG
Seit 100 Jahren versorgt die OVAG mit Sitz in Friedberg die Landkreise Wetterau, Vogelsbergkreis und Gießen mit Strom und Wasser. 130 Orts- und Stadtteile werden mit Trinkwasser aus Vogelsberger Brunnen beliefert, jährlich fast zwei Milliarden Kilowattstunden geliefert. 1911 schließt die Provinz Oberhessen einen Vertrag mit dem Staat Hessen zum Bau eines Kraftwerks und einer elektrischen Überlandanlage. 1923 wird das Wasserkraftwerk in Ortenberg/Lißberg gebaut, dass heute noch Strom erzeugt und besichtigt werden kann. 1937 wird der Zweckverband Oberhessische Versorgungsbetriebe (ZOV) gegründet, 1972 entsteht da-raus die OVAG. Heute geht das Unternehmen mit seinen Schwesterfirmen ovag Energie AG und ovag Netz AG den Weg in die Zukunft mit dem Ausbau der Regenerativen Energien (u.a. Windkraft-, Biogas- und Photovoltaikanlagen), kompetenter Energieberatung und neuer Technologie, z. B. der Verlegung einer 110 kV-Erdverkabelung. Die Netzleitstelle zwischen Friedberg und Dorheim an der B 455, von wo aus das gesamte Strom- und Wassernetz überwacht wird, bietet Führungen an.

Ehemaliges Verwaltungsgebäude Der Aktien-Zuckerfabrik Wetterau
Fast 100 Jahre prägte die Zuckerfabrik im Stadtteil Fauerbach optisch und wirtschaftlich das Bild Friedbergs. Während der „Kampagne“ von Ende September bis in den Dezember hinein legten sich die süßlichen Schwaden der Zuckerproduktion über die ganze Stadt und die hoch- beladenen Rübenlaster aus der ganzen Wetterau sorgten regelmäßig für Verkehrschaos. Ganze Teile des Friedberger Bahnhofs dienten in dieser Zeit ausschließlich der Abwicklung des Transportes von mit Zuckerrüben beladenen Güterwaggons. Wegen der fallenden Weizenpreise bauten immer mehr Bauern Zuckerrüben an und 1882 gründete man in Friedberg eine Zuckerfabrik auf Aktienbasis, um die Produktion und Weiterverarbeitung am gleichen Ort sicherzustellen. Im Oktober 1883 verließ der erste Sack Zucker die Produktionsstätte. Nach den Einschränkungen des Ersten Weltkrieges prosperierte die Fabrik in den 1920er Jahren, neue Gebäude wurden errichtet und Maschinen gekauft. Die 1930er waren Krisenjahre und 1939 unterstellte man das Werk der Kriegswirtschaft. Die Fabrik war in Friedberg der Hauptarbeitgeber für Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter, die in Baracken auf dem Werksgelände unter- gebracht waren. Viele von ihnen kamen bei den Bomben- und Tieffliegerangriffen auf Friedberg ums Leben, das Werk wurde weitgehend zerstört. Trotzdem lief im November 1945 bereits wieder die erste Zuckerkampagne an. Anfang der 1960er Jahre entstanden die riesigen Silos. Letztlich fiel die Zuckerfabrik der Konzentration in der Zuckerindustrie zum Opfer und 1982 wurde sie ge- schlossen. Mit der Sprengung des 82 Meter hohen Schorn-steins im Mai 1994 verschwand auch das letzte Wahrzeichen der ehemaligen Fabrik. Heute ist das Gelände mit Wohnungen bebaut bzw. Brachland. Einzig das 1883 erbaute ehemalige Verwaltungsgebäude steht noch. In ihm ist seit 1996 eine Kindertagesstätte untergebracht.

Görbelheimer Mühle
Die an der Landstraße zwischen Friedberg und dem Ortsteil Bruchenbrücken gelegene Görbelheimer Mühle geht auf eine mittelalterliche Mühle zurück; im 19. Jahrhundert wurde sie von der Familie Schudt erworben und ausgebaut. Die Görbelheimer Mühle am Flüsschen Wetter ist eine kleine Siedlung zu beiden Seiten einer sich straßenartig aus- dehnenden Hoffläche, bestehend aus ehemaligen Wohn- und Wirtschaftsbauten des 19. Jahrhunderts und einem villenartigen Wohnhaus von 1901. Der Komplex wurde in den 1970er Jahren von Galeristen und Künstlern entdeckt, bezogen, renoviert und restauriert. Seitdem ist auch der Denkmalcharakter der Anlage unbestritten. Herz-stück ist das gewaltige, unmittelbar an der Wetter gelegene Gebäude der einstigen Wassermühle aus dem Industriezeitalter. Die Mühle beherbergt seit Mitte der 1970er Jahre die Edition und Galerie Hoffmann. Im Erdgeschoss, jetzt Galerieraum, sind noch Teile der technischen Anlagen erhalten. Außen führt ein Durchgang vorbei an der ehemaligen Schmiede über die Wetterbrücke in das schmale Wettertal. Hier kann man die besondere, aus der Verbindung von Architektur, Fluss mit Wehr und Wirtschaftsflächen gebildete Kulturlandschaft besonders schön erfahren.

Ossenheimer Mühle
Als Mühle Anfang des 19. Jahrhunderts errichtet, wurde auf dem Gelände 1917 durch Karl Ludwig Schudt eine Trockenfabrik für die Gewinnung von Mehl und Grieß gebaut, die Schudt´schen Nährmittelwerke. 1930 erwirbt die Gemeinde Ossenheim das Anwesen von der Waren-Treuhand-gesellschaft Berlin. Es bestand u. a. aus einem mehr-stöckigen Mühlen- und dem Haferflockenfabrikgebäude. Bis 1945 war der Komplex unter dem Namen Bauhof Loth bekannt. Nach aufwendigen Sanierungsarbeiten wurde sie 1997 von der Galerie Hoffmann als neue „Ausstellungs-halle Ossenheim“ der Öffentlichkeit vorgestellt, die auf zwei Etagen 400 m² Ausstellungsfläche bietet.

DEV
Die DEV Systemtechnik ist ein seit über 15 Jahren am Markt etabliertes Unternehmen, das sich auf die Übertragung von hochfrequenten Satellitensignalen spezialisiert hat. Das Unternehmen entwickelt und produziert Geräte, die diese Signale übertragen, verteilen, verstärken und schalten. Seit 2007 arbeiten die Mitarbeiter in ihrem neu errichteten, modernen Firmengebäude, das sich zwischen den Firmen ABB und ATU befindet.

ABB Automation GmbH, Unternehmensbereich Robotics
Bereits seit 1964 hat ABB Robotics (damals noch ASEA) ihren Sitz in Fried-berg. Das zu ABB, einem führenden Technologiekonzern der Energie- und Automationstechnik, gehörende Unternehmen bietet Herstellern sowie ausgewählten Partnern innovative, effiziente und zuverlässige Industrieroboter und roboterbasierte Systeme, die essentiell dazu beitragen, modernste Arbeitsbedingungen zu schaffen und somit gleichzeitig die Produktivität, Arbeitsplatzsicherheit und Prozessqualität zu verbessern. Zu den Kernkompetenzen gehören neben dem Produkt die Entwicklung und Planung von Lichtbogenschweiß-systemen, Anlagen in den Kernbereichen Maschinenbedienung, Gießereien und Schmieden, Lackapplikationen, Rohbauanlagen und Pressenautomation. Ergänzt wird dieses Angebot durch Serviceleistungen und Schulung im eigenen Schulungszentrum am Standort Friedberg. Das Präsentationszentrum Roboteria mit unterschiedlichen bewegten Roboterexponaten gibt einen Einblick in die Welt der Industrieroboter. Im ABB-Technikum bietet sich Kunden die Möglichkeit, ihre individuellen Anwendungen auf über 400 m 2 Fläche zu testen. Des Weiteren werden im Technikum für Lackiertechnologie ebenfalls kundenspezifische Anwendungen getestet.

Fresenius Kabi
Fresenius ist ein weltweit tätiger Gesundheitskonzern mit Produkten und Dienst-leistungen für die Dialyse, das Krankenhaus und die ambulante medizinische Versorgung von Patienten. Am Standort Friedberg betreibt der Unternehmensbereich Fresenius Kabi seit 1997 eine hochmoderne Produktionsstätte für Infusionslösungen mit derzeit rund 640 Beschäftigten. Von dort aus liefert das Unternehmen Infusionslösungen in Kunststoff-Beuteln oder Flaschen an den Pharma-Großhandel, Apotheker und Kranken-häuser. Die Mitarbeiter des Friedberger Logistikzentrums wickeln mit Hilfe moderner Software und eines vollautomatischen Hochregallagers jeden Tag rund 2.000 Bestellungen ab. Sie erreichen täglich Kunden und Patienten in aller Welt. In den kommenden Jahren will Fresenius Kabi bis zu 100 Millionen Euro in den Ausbau des Logistikzentrums und der Produktionsstätte in Friedberg investieren. Damit reagiert Fresenius Kabi auf die steigende Nachfrage nach seinen Infusions- und klinischen Ernährungsprodukten, mit denen das Unternehmen sowohl in Europa als auch in Asien-Pazifik und Lateinamerika zu den führenden Anbietern zählt.

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