Lokaler Routenführer Aschaffenburg

Den Schatz an lebendigen Zeugnissen des produzierenden Gewerbes samt dazugehöriger Infrastruktur zu bergen, wieder ins Bewusstsein zu bringen und zugänglich zu machen, ist Ziel der Route der Industriekultur Rhein-Main. Sie führt zu wichtigen industriekulturellen Orten im gesamten Rhein-Main-Gebiet und befasst sich mit Themen wirtschaftlicher, sozialer, technischer, architektonischer und städtebaulicher Entwicklung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Redaktion: Museen der Stadt Aschaffenburg, Anja Lippert

Industriegeschichte Aschaffenburg

Ein entscheidender Impuls für die industrielle Entwicklung von Aschaffenburg ergab sich aus dem Anschluss an das Eisenbahnnetz und dem Ausbau des Mains als Wasserstraße. Die Lage an der transeuropäischen Wasserstraße Rhein-Main-Donau macht die Stadt zu einer wichtigen Logistikdrehscheibe in Deutschland. Aschaffenburg war einst eines der traditionellen Zentren der deutschen Textilindustrie und der Buntpapierherstellung.

Ehem. Papiermühle („Tittelmühle“)

1797 von Melchior Kaufmann erbaut, war die Papiermühle der erste papierherstellende Betrieb in Aschaffenburg. Über einen Zeitraum von 100 Jahren wurde hier Papier produziert, zuletzt schon längst von der Technik der neuen Papierfabriken überholt. Ab 1904 wurde das Gebäude in eine Messwerkzeugfabrik (Tittel & Co) umgewandelt. Das Industriedenkmal hat somit exemplarische Bedeutung als frühes Zeugnis zweier typischer Industriezweige Aschaffenburgs. 1998 wurde es unter Beibehaltung des Dachstuhls entkernt, saniert und wird nun als Bürogebäude genutzt.

Foto: Wikimedia

Lokschuppen mit Verwaltungsgebäude der ehemaligen Grhzgl. Hessischen Staatsbahn

Die fünfständige „Lokomotiv-Remise“ wurde 1877, das Verwaltungsgebäude 1878, in Formen des Spätklassizismus für die großherzoglich-hessische Eisenbahn errichtet. Die Remise präsentiert sich trotz einer nach Kriegsschäden veränderten Dachkonstruktion noch immer relativ ursprünglich. Das Gebäude wurde 2010 saniert und beherbergt mit einem zusätzlichen Anbau heute einen REWE-Supermarkt.

Ehemalige Kleiderfabrik Desch

Im Gebäude befand sich die zweite Fertigungsstätte von Johann Desch, dem Begründer der Aschaffenburger Herrenbekleidungsindustrie und „Erfinder“ seriell produzierter, massengefertigter Herrenkonfektion nach Standardmaß. Novum war das von ihm initiierte Verlagssystem, bei dem Heimarbeiter Zuschnittware bezogen und zur Fertigware verarbeiteten. Das ursprüngliche Gebäude von 1894 wurde nach Kriegszerstörungen 1946 in vereinfachter Form wieder aufgebaut.

Weinhaus Stegmann

Zum typischen Straßenbild Aschaffenburgs und speziell des Bahnhofviertels gehörte in der ersten Hälfte des 20. Jh. die Gilde der Heimschneider mit geschulterter Fertig- und Zuschnittware in markant blauen Heimarbeitersäcken. Bevorzugter Treffpunkt dieses Berufstandes und Sammelstelle für Kuriere der umliegenden Orte war das unweit der Kleiderfabrik Desch gelegene „Weinhaus Stegmann“, das schon bald zu einer Institution dieses Gewerbezweiges avancierte.

Museum Des Main-Echo-Verlages

Das Museum gibt Einblicke in die Geschichte der Druckbranche. Hier wird die Frage beantwortet, wie die Buchstaben aufs Papier kommen und vieles mehr. Speziell die frühere Zeitungsproduktion ist anschaulich nachzuvollziehen, von den Bleilettern über die Setzmaschinen bis hin zum Rotationsdruck.

Gentil-Villen erstes Wohnhaus Gentil

Weitab seiner Maschinenfabrik im Stadtteil Damm ließ der Pumpenfabrikant Anton Gentil in noblem Umfeld 1909/10 sein erstes Wohnhaus errichten. Der Bau im Landhausstil englischer Prägung zeigt Jugendstileinflüsse. Bildnerischer Schmuck, hochwertige Baustoffe und handwerkliche Qualität der Ausführung prägen auch die folgenden Bauten Gentils.

Gentilhaus

Aus dem Wunsch nach einem neuen Domizil für seine permanent erweiterte Kunstsammlung entstand 1922-23 das zweite Wohnhaus Anton Gentils. Als Nebengebäude wurde 1924 eine Autohalle und 1929 ein Atelier für Gentils Sohn Otto, einem freischaffenden Bildhauer, errichtet. Die in seiner Gesamterscheinung pittoreske Gebäudegruppe unter vielgestaltiger Dachlandschaft beherbergt weitgehend original erhaltene von Anton Gentil gestaltete und mit einer umfangreichen Kunstsammlung ausgestattete Räume. Gentil schenkte Gebäude und Sammlung testamentarisch seiner Heimatstadt.

Gentilburg

1933 wurde das dritte Wohnhaus für Anton Gentil gebaut. Das burgenartige Gebäude mit vorgelagertem wehrhaft wirkendem Turm unter steilem Walmdach thront in erhöhter Lage.

Linde AG Geschäftsbereich – Linde Material Handling

Einen markanten Akzent im Stadtbild setzt der nach Entwurf der Architekten Karl und Georg Jung 1956/57 ausgeführte Verwaltungsbau des Werkes 1. Dieser repräsentative Stahlbetonskelettbau mit Flachdach wird von leicht versetzten Gebäuden flankiert. Das Gelände am Südbahnhof wurde 1906 von der „Güldner-Motoren-Gesellschaft“, einer drei Jahre zuvor von dem Konstrukteur Hugo Güldner und dem Kältetechniker Carl von Linde gegründeten Assoziation, erworben. Ab 1907 wurden dort zunächst Gas- und Rohölmotoren gefertigt. Das Unternehmen ging 1929 vollständig in die „Gesellschaft für Lindes Eismaschinen Aktiengesellschaft“ über. Heute befindet sich der größere Teil der Fertigung im Werk 2 im Stadtteil Nilkheim. Hergestellt werden in dem Staplerwerk, das zu den modernsten weltweit zählt, Gabelstapler und Mobilhydraulik-Komponenten. Das Gebäude wurde an die Realconcept GmbH verkauft, 2015/16 von dieser entkernt und generalsaniert und wird seit Ende 2016 an die Linde AG vermietet, die wieder mit ihrer Hauptverwaltung in die neu gestalteten Büroräume eingezogen ist.

Heckmann Siedlung

Aus insgesamt 13 anderthalbgeschossigen Doppelhäusern bestehende Werksiedlung der einstmals auf dem Areal der heutigen TRW Automotive Safety Systems GmbH begründeten C. Heckmann Kupferund Messingwerke. Die Häuser in Ziegelbauweise mit verputzen Obergeschossen unter Krüppelwalm wurden 1907 als Arbeiterwohnhäuser fertiggestellt und ca. 1921 durch weitere Wohnhäuser ergänzt. Umgebende Kleingärten mit Wirtschaftsgebäuden kleinmaßstäblichen Zuschnitts vermitteln bis heute ein hohes Maß an Wohnqualität.

Bauhof Wasser und Schifffahrtsamt Aschaffenburg

Von 1994 1998 erfolgte die Neugestaltung des Bauhofes, der vor 50 Jahren auf ehemaligem Militärgelände als Provisorium errichtet wurde. Die Anordnung der 4 Gebäude mit Verwaltungs- und Sozialräumen, Werkstätten, Ausbildungswerkstätten, einer Halle für Stahl-, Stahlwasser- und Maschinenbau, Lager und Mehrzweckanlage erfolgte in Karree-Form. Die Planungsgemeinschaft, das Ing.-Büro Bollinger & Grohmann aus Frankfurt und das Architekturbüro Lengfeld & Wilisch aus Darmstadt, haben so die Objektbezeichnung Bauhof architektonisch umgesetzt.

Staustufe Obernau

Industriegeschichtlich kommt der Staustufe Obernau eine besondere Bedeutung zu: 1921 schloss das Deutsche Reich mit dem Freistaat Bayern den „Main-Donau Vertrag“ zur Weiterführung des Mainausbaues bis Bamberg als Voraussetzung für den Main-Donau-Kanal. Nach 4-jähriger Bauzeit ging 1930 als erste Staustufe die Obernauer Staustufe in Betrieb. Die Gesamtanlage besteht aus Wehr, Schleuse, Bootsschleuse, Fischpass und Wasserkraftwerk. Die zwei Kaplan-Turbinen zur Stromerzeugung sind so alt wie das Kraftwerk, das heute von der E.ON Wasserkraft AG betrieben wird. Gruppenführungen nach Vereinbarung möglich.

Interaktive Karte der KulturRegion

Adressangaben und weitere Information zu den Orten

Interaktive Karte zum lokalen Routenführer Aschaffenburg

Bilder zu Lokaler Routenführer Aschaffenburg