Staatspark Hanau-Wilhelmsbad und das Wilhelmsbader Fest 1832
Kaum etwas erinnert heute im idyllischen Staatspark Hanau-Wilhelmsbad an das Wilhelmsbader Fest. 10.000 Menschen fanden sich hier am 22. Juni 1832 ein. Mit ihren Forderungen nach nationaler Einheit sowie nach Presse- und Meinungsfreiheit knüpften sie bewusst an das „Hambacher Fest“ an, das wenige Wochen vorher zu Ende gegangen war. Der Festcharakter und die politischen Forderungen verbinden beide Ereignisse, die gemeinsam einen herausragenden Meilenstein in der Geschichte der Freiheits- und Einheitsbestrebungen in Deutschland bilden.
Die Organisationsform als Fest geht auf die politischen Rahmenbedingungen der Zeit zurück. In Nassau und Frankfurt waren politische Versammlungen nämlich verboten. Die liberalen Bewegungen sollten im Keim zu erstickt werden. Die Organisatoren um den Darmstädter Liberalen Theodor Reh vermieden es so, der Versammlung einen allzu offensichtlichen Demonstrationscharakter zu geben. Unter den Organisatoren befand sich auch der revolutionäre Student und Hauptredner der Veranstaltung Karl Heinrich Brüggemann. Er wurde einen Monat später an Preußen ausgeliefert und zum Tode verurteilt. Erst 1840 wurde er begnadigt. Dennoch gelang es gleichzeitig, für die Ziele von Freiheit und Einheit und gegen die staatliche Unterdrückung von Meinungsfreiheit ein starkes Zeichen zu setzen. Zu dem Fest gehörte unter anderem, wie die Zeitschrift „Der Wächter am Rhein“ berichtete, ein Festzug von Hanau nach Wilhelmsbad. Es wurden zahlreiche Reden gehalten. Händler brachten Schriften und Allegorien wie „Der Sieg des Bürgerthums“ unter die Menge.
Der Schauplatz dieser politischen Demonstration war der heutige Staatspark Hanau-Wilhelmsbad. Die Parkanlage geht auf den schrittweisen Ausbau der Hanauer Residenz zurück. Ab 1777 richtete Erbprinz Wilhelm von Hessen-Kassel hier ein Kurbad ein. Nach seinem Erbauer wurde der Ort auf den Namen „Wilhelmsbad“ getauft. Am Rande des Parks befinden sich die bis heute erhaltenen Gebäude: der Kavalierbau, der Arkadenbau und das Comoedienhaus. Sie wurden 1781 vollendet. Gemeinsam bilden die Bauten eine lange Fassade zum Park. Von hier aus wurden während des Wilhelmsbader Fests die Reden zu den versammelten Teilnehmern gehalten.
Heute befinden sich hier Festsäle und das Hessische Puppenmuseum. Der historische Landschaftspark bietet neben Wiesen und Teichen weitere Sehenswürdigkeiten. 1781 wurde eine als Ruine inszenierte Burg errichtet, die dem Erbprinzen als Wohnraum diente. Dank einer kleinen Brücke ist er über den Wassergraben zu erreichen. Zum Ensemble gehört ebenfalls ein historisches Karussell aus dem 18. Jahrhundert, das immer noch funktionstüchtig ist. Bis heute werden alle Gebäude für vielfältige Kulturveranstaltungen und Feste genutzt.
Das Wilhelmsbader Fest spielt in der vor Ort in Wilhelmsbad sichtbaren Erinnerungskultur keine Rolle; eine Gedenktafel oder ein Hinweis auf dieses wichtige Ereignis der Freiheitsgeschichte im Park fehlt. Generell findet es gegenüber dem Hambacher Fest nur sehr geringe Aufmerksamkeit. 2007 fand jedoch eine achtteilige Vortragsreihe zum 175. Jubiläum des Wilhelmsbader Festes statt. Als Veranstalter schlossen sich Hanauer Kultur- und Geschichtsvereine sowie eine Interessengemeinschaft, das Kulturamt und die örtliche Volkshochschule zusammen. Die Referenten stellten die Themen Revolution, Freiheit und Restauration in Deutschland in den Mittelpunkt und die überregionale Bedeutung des Festes heraus.
Björn Guderjahn
Bilder zu Staatspark Hanau-Wilhelmsbad und das Wilhelmsbader Fest 1832
Comoedienhaus, 1781 fertiggestellt und in den 1960er-Jahren restauriert. Es wird bis heute für kulturelle Veranstaltungen genutzt.
Foto: Björn GuderjahnDer Lange Bau wurde ebenso wie der Kavalierbau und das Comoedienhaus 1781 fertiggestellt. Er beheimatete unter anderem Bäder, eine Konditorei und einen Rauchsalon. Der Kavalierbau selber, von wo aus die Reden des Wilhelmsbader Festes gehalten wurden, wird derzeit restauriert.
Foto: Björn GuderjahnPyramide, 1784 von Erbprinz Wilhelm I. als Erinnerungsmal an seinen verstorbenen Sohn errichtet
Foto: Björn GuderjahnBrunnentempel, gebaut ab 1779 anlässlich des Geburtstages von Erbprinz Wilhelm. Auf dem Dach thront der griechisches Gott der Heilkunst Aesculap. Außerdem zieren den Bau das Wappen des Erbprinzen, die vier Elemente und die Jahreszeiten Frühling und Sommer.
Foto: Björn GuderjahnHistorisches Karussell, 1779 auf einer Erhöhung im Park erbaut. Es war Teil des Unterhaltungsprogrammes der Kurgäste und kann seit einer Sanierung heute wieder besichtigt und genutzt werden
Foto: Björn GuderjahnBurgruine, zwischen 1779 und 1781 erbaut, diente dem Erbprinzen bei seinen Aufenthalten als Wohnsitz. Im gotischen Stil, die prunkvolle Innengestaltung mit einer Ahnengalerie des Erbprinzen kann im Rahmen von Führungen besichtigt werden.
Foto: Björn GuderjahnPorträt Erbprinz Wilhelms, 1770
Maler: Carl Gustav PiloPorträt Theodor Reh, Ursprung und Künstler sind unbekannt
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Theodor_Reh#/media/File:Theodor_Reh.jpg. [Zugriff: 04.07.2017].Stich Sieg des Bürgerthums
Quelle: Eckhart G. Franz(Hg.): Die Chronik Hessens, Dortmund 1991, S. 226; Siehe auch: Hessisches Staatsarchiv. HStAD\R 4720